Foto: Hossam el-Hamalawy. Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0. Original: Flickr
Die Förderung der Geschlechterdemokratie gehört auch im Nahen Osten und Nordafrika zu den zentralen Aufgaben der Heinrich-Böll-Stiftung. In unseren geschlechterdemokratischen Programmen unterstützen wir Frauen- und LSBTI (Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle)-Organisationen bei der Gründung und Weiterentwicklung sozialer und politischer Initiativen und Netzwerke, die Probleme wie strukturelle Diskriminierung, aber auch Gewalt gegen Frauen und LSBTI öffentlich thematisieren, anprangern und eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für Genderthemen vorantreiben. Außerdem fördern wir mit unseren Seminaren und Workshops Empowerment von Frauen in allen Bereichen des öffentlichen Lebens. Ziel unserer genderdemokratischen Maßnahmen ist es, dass alle Geschlechter gleichen Zugang zu
ökonomischen, politischen und sozialen Ressourcen erlangen.
Hauptthemen:
Themen im Bereich Gender reichen von struktureller genderspezifischer ökonomischer und sozialer Benachteiligung von Frauen und LSBTI (Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle) über Unterrepräsentation von Frauen in vielen Bereichen, vor allem in Entscheidungspositionen des öffentlichen Lebens, bis hin zu struktureller und sexueller Gewalt. In einigen Ländern kommt der ungleiche Zugang der Geschlechter zu staatsbürgerlichen Rechten hinzu.
Im Zuge der arabischen Umwälzungen sehen viele Frauen und LSBTI mit gemischten Gefühlen in die Zukunft der Geschlechterdemokratie in den entsprechenden Ländern. Einerseits haben Frauen in den Revolutionen eine wesentliche Rolle gespielt und eine fordernde und kämpferische Haltung gegenüber den Machthaber/inne/n entwickelt. Andererseits stellt sie die Entwicklung hin zu islamistischen Regierungen und die sich vielerorts verschlechternde Sicherheitslage vor neue, grundlegende Probleme. Von den 500 Abgeordneten des ersten ägyptischen Parlaments nach dem Sturz Mubaraks waren nur neun weiblich, Teile der mittlerweile außer Kraft gesetzten ägyptischen Verfassung von 2012 waren bezüglich der Gleichstellung von Frau und Mann hochproblematisch. Einerseits garantierte die Verfassung soziale Rechte und reflektierte ein Gesellschaftsverständnis, in dem Frauen Zugang zu Arbeit und Einkommen haben. Andererseits vertrat sie ein islamistisches Gesellschaftsbild und definierte Frauen über die Familie.
Eine Zunahme von Gewalt gegen Frauen findet gerade auch in öffentlichen Räumen und seitens der Sicherheitskräfte statt. In Tunesien wurde ein islamischer Charakter der Verfassung und eine Überarbeitung des fortschrittlichen Personenstandsrechts in der Öffentlichkeit diskutiert, ohne dass es bisher zu Veränderungen gekommen wäre. In einigen Ländern in der MENA-Region ist Homosexualität weiterhin illegal. Verfolgung, sexuelle Gewalt und Diskriminierung sind alltäglich. Die Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet mit Organisationen und Aktivist/innen zusammen, die Rechte von LSBTI schaffen und stärken wollen.
Arbeit in den Büros:
Im Libanon arbeiten wir mit Projektpartnern zu den Themen "Gender und Nationalität" sowie "Gender und Handel". Zu unseren Zielen gehört die Änderung frauendiskriminierender Gesetze und die Thematisierung der zunehmenden Verarmung von Frauen durch die globalisierte Handelspolitik. Im Irak fördert die Stiftung beispielsweise Gendertrainings für Richter/innen in Familiengerichten.
In Israel werden Frauen und LSBTI in weiten Bereichen marginalisiert und im Spannungsfeld von Staat und Religion bisweilen sogar ausgeschlossen. So arbeiten wir mit unseren Partner/innen zu den Themen Frauen und Sicherheit, strukturelle Benachteiligung, Staat und Religion und Teilhabe arabischer Frauen am öffentlichen Leben. Verstärkt arbeitet das Büro auch zu LSBTI-Rechten in Israel.
Das Büro Palästina/Jordanien arbeitet gemeinsam mit seinen Partnerinnen in Jordanien zu Partizipation und Empowerment von Frauen in Gesellschaft und Politik. Im palästinensischen Gazastreifen setzt sich eine unserer Partnerinitiativen beispielsweise gegen die gesellschaftliche und rechtliche Marginalisierung geschiedener Frauen ein.
In Tunis baut die Heinrich-Böll-Stiftung ein neues Partnerspektrum auf. Dazu zählen tunesische und ägyptische Organisationen, die schon seit Jahren in Projektarbeit gegen Gewalt gegen Frauen mit der hbs kooperieren, ebenso wie Vertreter/innen einer neuen Generation, die sich für Gleichheit und soziale Vielfalt einsetzen.