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Verantwortung übernehmen, mit Einschränkungen rechnen

Wie der Unternehmer Max Schön mit der Wirtschaftskrise umgeht

28. April 2009
Von Annette Maennel
Von Annette Maennel

Er trägt sie wieder. Es ist seine Lieblingskrawatte, beige mit hellblauen Streifen, die in Plasbergs «Hart aber fair» bekannt wurde. Seitdem mag er sie noch mehr.

«Rein in die Schulden, raus aus der Krise» hieß die Sendung, zu der neben dem Unternehmer Max Schön auch der saarländische Ministerpräsident Peter Müller eingeladen war. Der beschwor das Wunder der Abwracksteuer. Danach wurde der 48-jährige Max Schön nach seiner Meinung zu dieser Geldspritze aus Steuermitteln gefragt. Schön, dessen Unternehmen gerade kräftig unter der Finanzkrise leidet, band seinen Binder demonstrativ ab mit den Worten, dass der Staat genauso gut verfügen könne, dass ab morgen alte Krawatten in den Müll geworfen werden sollten und der Kauf einer neuen mit fünfzig Euro gestützt werde – damit hätte man dann etwas für die Textilindustrie getan. Denn «das, was jetzt an Konjunkturpaketen geschnürt wird, entfacht großenteils nur ein Strohfeuer und damit kann man die Krise kaum bewältigen». Und von Krisen versteht Max Schön einiges.

Zerschlagene Träume, harte Arbeit...

Der hoch gewachsene Mann musste nach dem Tod seines Vaters mit nur 23 Jahren den Großhandel für Stahl, Werkzeuge, Sanitär und Heizung in Lübeck übernehmen. Aus der Traum, noch ein oder zwei Semester Musik zu studieren. Er schaffte es, sein mittelständisches Unternehmen auszubauen und durch die damalige Bau- und Werftenkrise zu steuern. Dann bebte es das erste Mal: Ein Testamentsfehler brachte über Nacht ein gutes Dutzend Teilhaber zutage, die ausgezahlt werden wollten. Das kostete viel Geld. Er brachte sein Unternehmen in die dänische Firma Sanistål A/S ein und wurde Miteigentümer der dänischen Familien-Aktiengesellschaft. Dann wurde es das zweite Mal eng: Die Baukrise Mitte der Neunziger verschonte auch die Max Schön AG nicht.

Und heute? «Im September 2008 hatten wir das beste Konzernergebnis» – die Stahlbranche boomte – «nur sechs Wochen später stand die größte Entlassungswelle an: In Dänemark wurden von insgesamt 2500 Beschäftigten der Sanistål-AG 250 Leute gekündigt.» Die knapp 200 Arbeitnehmer der Max Schön Gruppe sind bislang nicht betroffen. Doch das deutsche Geschäft wird schwieriger. Dennoch: Seiner Meinung nach sind die skandinavischen Länder besser auf Krisen vorbereitet als Deutschland. Und das liegt auch an den Gesetzen. Dänemark kennt kein Kündigungsgesetz mit Sozialauswahl. Was den Vorteil hat, dass bei kleinsten Konjunkturanstiegen schneller wieder eingestellt wird. Die Angst vor einem teuren Stellenabbau bleibt aus. Und das Arbeitslosengeld – auch dies eine dänische Besonderheit – beträgt neunzig Prozent des Gehalts.

Hürden für innovatives und flexibles Unternehmertum

Wenn Schön darüber spricht, kommt er richtig in Fahrt: Die bürokratischen Hürden für Unternehmer sind zu hoch, da bleiben Innovationen und Flexibilität aus, Verantwortung wird wegdelegiert. Am besten an den Staat, wie es die derzeitige Krise schonungslos zeigt. Doch das Risiko soll der Unternehmer tragen – in guten wie in schlechten Zeiten. Die drei Familien der Sanistål-AG haben jetzt aus Privatvermögen aus «guten Zeiten» investiert. Auch das ist ein Teil der Verantwortung, die ein Familienunternehmer übernehmen muss. Ob es gut geht, wird sich zeigen, denn die Prognosen für 2009 sind düster: Die Aufträge werden um 30 Prozent zurückgehen, das lässt sich auch nicht über Kurzarbeit oder längere Produktionszeiten abfedern.

«Investitionen in eine zukunftsfähige Gesellschaft heißt, langfristig zu denken. Zum Beispiel, in nachhaltige Energieeffizienz, Bildung und Wissen zu investieren und mehr Eigenkapitalbildung bei Bürgern und Unternehmen zu ermöglichen.» Das hat Schön bei Plasberg vertreten und wurde dort gleich in eine Schublade mit Renate Künast von den Grünen gesteckt. Doch bei den Grünen kommt Schön die Freiheit zu kurz: «Die Freiheit des Einzelnen und die damit einhergehende Verantwortung für Entscheidungen müssen gestärkt, das Unternehmertum darf nicht behindert werden.»

Von Freiheit und Verantwortung

Freiheit und Verantwortung bedeuten aber auch, den Begriff Wohlstand auf den Prüfstand zu stellen. Schön weiß, wovon er spricht: Er trägt gemeinsam mit seiner Frau auch die Verantwortung für fünf Kinder zwischen zehn und 18 Jahren. Am Küchentisch wird über die Krise gesprochen – auch über die ernste Lage des Unternehmens und dass sie alle mit Einschränkungen rechnen müssen. Wie reagieren sie darauf? «Ich kann nur ehrlich sein. Teilen heißt eben auch: In guten Jahren gibt es mehr, in schlechten weniger.»

Annette Maennel ist Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit der Heinrich-Böll-Stiftung

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