Klimawandel & Gender: Untersuchung der Bedeutung von Gender für die gesellschaftliche Konstruktion von Vulnerabilität in überflutungsgefährdeten Küstengebieten

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Libertad Chávez Rodriguez, Universität - Bremen

26. August 2009

Das vorliegende Promotionsvorhaben strebt an, anhand der Verbindung der Kategorie Geschlecht mit anderen gesellschaftlichen Kategorien wie Einkommen, Alter, Ethnizität, Lebensform u.a., die unterschiedliche Vulnerabilität verschiedener Gruppen von Frauen und Männern gegenüber den Klimawandelfolgen aufzudecken. Dadurch sollen Anhaltspunkte für die Entwicklung von Vorschlägen hinsichtlich des Gender Mainstreamings bei umweltpolitischen Handlungen im Bereich des Risikomanagements herausgearbeitet werden, um daraus Handlungsempfehlungen für die Festigung der Verknüpfung zwischen Klimagerechtigkeit und Geschlechtergerechtigkeit abzuleiten. Hierzu wird eine empirische Studie in zwei überflutungsgefährdeten Küstengebieten in Mexiko und Deutschland mit einem anschließenden Nord-Süd-Vergleich zwischen beiden Ländern durchgeführt.

Die Folgen des globalen Klimawandels, schleichende Verschlechterung der Umweltbedingungen sowie stärkere und häufigere extreme Naturereignisse wie Sturmfluten und Hurrikans betreffen sowohl so genannte Entwicklungsländer als auch Industrieländer. Gleichzeitig zeigen sich jedoch deutliche regionale und soziale Unterschiede: Besonders gefährdet sind die Ärmsten in den ärmeren Ländern, was angesichts der Feminisierung der Armut grundsätzlich auf die Bedeutung von Gender hinweist. In den bisherigen Debatten und der Forschung zu den Folgen des Klimawandels wird Gender allerdings – wenn überhaupt – überwiegend auf die Situation von Frauen in den so genannten Ländern des Südens bezogen und davon ausgegangen, dass sie eine höhere Verwundbarkeit aufweisen. Für die Industrieländer werden diese Debatten erst in Ansätzen geführt, fehlen bislang weitgehend empirisch fundierte Daten über den Einfluss von Geschlecht auf die Vulnerabilität gegenüber den Folgen des Klimawandels. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage nach der Relevanz der Querverbindung (Intersectionality) von Geschlecht mit anderen Kategorien wie Alter, Klasse, Staatsangehörigkeit, Ethnizität und Lebensformen.

Vor diesem Hintergrund soll in dem Promotionsvorhaben in zwei überflutungsgefährdeten Küstenregionen untersucht werden: Wie wirkt sich Gender – in Verbindung mit anderen sozioökonomischen Merkmalen – auf die Vulnerabilität aus, lassen sich Unterschiede zwischen Nord- und Südländern erkennen und welche Konsequenzen lassen sich daraus für umweltpolitische Handlungsoptionen zu Risikominderung und Katastrophenbewältigung ableiten?

Die Untersuchung ist in der transdiziplinären, sozial-ökologischen Forschung angesiedelt und bezieht sich dabei insbesondere auf die kritische feministische Auseinandersetzung mit der Umweltforschung. Konzeptioneller Bezugspunkt ist das Konzept Vulnerability, das auf die Verletzlichkeit von Menschen und Gruppen durch Umweltgefahren ausgerichtet ist und danach fragt, wie sich extreme Naturereignisse gesellschaftlich differenziert auswirken.

Methodisch wird ein internationaler Nord-Süd-Vergleich in zwei Küstengebiete vorgenommen, die einem ähnlichen klimatischen Stress ausgesetzt sind, nämlich die deutsche Nordseeküste und die mexikanische Küste Yucatáns. Für diese beiden Regionen wird die Bedeutung von Gender für die Vulnerabilität erstens mit einer umfassenden Materialanalyse vorhandener Datenquellen untersucht. Zweitens werden  ExpertInnenbefragungen bei Mitgliedern von lokalen Regierungseinrichtungen im Bereich der Umweltpolitik und des Katastrophenmanagements, und bei Mitgliedern von Rettungsdiensten und unabhängigen Umwelt- und sozialen Verbänden u.a. durchgeführt. Drittens werden qualitative Daten über die subjektive Risikoeinschätzung und mögliche Reaktionen und Handlungen im Fall einer Überflutung durch Fokusgruppen mit potenziell betroffenen KüstenbewohnerInnen beider Gebiete gewonnen.

Die gesellschaftliche Relevanz des Promotionsvorhabens liegt insbesondere darin, dass die Erkenntnisse über mögliche Geschlechterunterschiede in den Wirkungen des Klimawandels wichtige Anhaltspunkte für die Anerkennung und Berücksichtigung von Gender- und Diversity-Aspekten und damit für eine effektivere Umsetzung umweltpolitischer Maßnahmen liefern können. Dies ist auch als ein Beitrag zu Geschlechter- und Klimagerechtigkeit hinsichtlich der Minderung der gesellschaftlich konstruierten Vulnerabilität zu verstehen. Die wissenschaftliche Relevanz ergibt sich aus dem erheblichen Forschungsbedarf zur Bedeutung von Gender für den Klimawandel. Erarbeitet werden empirische Daten über mögliche Geschlechterdifferenzen in der Vulnerabilität gegenüber Umweltrisiken. Außerdem wird mit dem Nord-Süd-Vergleich ein besseres Verständnis über die möglichen geschlechterdifferenzierten Auswirkungen des Klimawandels in den Industrieländern und den sich entwickelten Ländern angestrebt.

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