Maike Buttler, Universität Stuttgart
Das erste Ziel eines jeden Bauwerks ist es, den Bedarf von Gebäudenutzer_innen zu decken. Erreicht ein Gebäude das Ziel der Bedürfniserfüllung unter Einsatz geringer materieller und finanzieller Ressourcen und minimaler Belastung der Umwelt – dann könnte es nachhaltig genannt werden.
Definiert wird der Begriff „Nachhaltiges Bauen“ seit einigen Jahren durch die internationale Normung, konkretisiert durch internationale Nachhaltigkeits-Zertifikate. Anhand multidimensionaler Bewertungsverfahren wird die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen - Umwelt und natürliche Ressourcen zu schonen bei gleichzeitiger Berücksichtigung soziokultureller und ökonomischer Aspekte - systematisch überprüft. Gegenwärtig ist das Zertifizierungsfeld jedoch durch die Co-Existenz verschiedener Bewertungsmethoden überfüllt. Es unterscheidet sich von System zu System, welche Indikatoren für ein Qualitätsurteil herangezogen und wie sie gewichtet werden. Dennoch legen die Systemanbieter fest, dass Qualitätsziele für ein Nutzungsprofil im nationalen und teils im internationalen Kontext universell einsetzbar sind. Eine Anpassung an den projektspezifischen Kontext und eine Spezifizierung von Nutzer_innenbedürfnissen erfolgt kaum. Die Ausgestaltung der sozialen Qualität der Zertifikate steckt noch in den Kinderschuhen. Der Beteiligung von Nutzer_innen wird dabei geringe Relevanz beigemessen. Da das Bewertungsergebnis jedoch auf der Qualitätsprognose des gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks basiert, haben Endnutzer_innen die Schlüsselposition auf der Nachfrageseite. Zudem lassen sich Konzepte zur Senkung des Ressourcenverbrauchs nur erfolgreich umsetzen, wenn sie von Nutzer_innen mitgetragen werden – das betrifft zum Beispiel die Auslastung von Flächen und die Effizienz der Raumklimatisierung.
Die grundlegende Forschungsfrage ist daher, wie Nachhaltigkeitsbewertungsverfahren so gestaltet werden können, dass Endnutzer_innen von Beginn eines Bauvorhabens an aktiv in die Wertdiskussion und die Beurteilung mit einbezogen werden. Anhand von Fallbeispielen wird Nutzer_innenbeteiligung bei Planungs- und Nutzungsprozessen zertifizierter Bürogebäude untersucht. Hervorgehoben wird ihre Rolle im Diskurs um ökologische Standards. Es werden Faktoren analysiert, die den Beteiligungsprozess fördern und hemmen. Ziel ist die Aufstellung von Thesen einer optimalen Nutzer_innenbeteiligung nachhaltiger Bürogebäude. Diese dienen als Grundlage für die Ausgestaltung in den Bewertungssystemen - nicht zuletzt um Bauherr_innen und Planer_innen bei der Gestaltung partizipativer Projekte zukünftig zu unterstützen.