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Vorreiter des Südens

14. September 2009
Von Lawrence Pratt, Chen Jiliang und Kimiko Suda, Antonie Nord, Thomas Fatheuer, Ingrid Spiller, Sanjay Vashist, Young-Woo Park und Marc Engelhardt
Hartnäckig weisen die sich entwickelnden Länder auf die historische Verantwortung der reichen Nationen hin. Diese hätten ihren Wohlstand mit einer Verschmutzung der Atmosphäre erkauft, die das Leben kommender Generationen auf der gesamten Erde beeinträchtigen wird. Die Industrieländer müssten also vorangehen beim Kampf gegen den Klimawandel, die noch vorhandenen Potentiale zur CO2-Absorbierung der Atmosphäre sollten dem Wachstum der sich entwickelnden Länder zugute kommen.

Doch jenseits aller fordernden Rhetorik engagieren sich die Länder des Südens schon heute, zum Teil sogar in großem Stil. Während Deutschland nur 13,8 Prozent des Konjunkturprogramms in klimarelevante Projekte investiert, sind es in Südkorea 80,5 Prozent. Ein „Grüner New Deal“ ist in Seoul seit Januar 2009 Teil des Regierungsprogramms. Noch ehrgeiziger ist das Ziel, das Costa Rica sich stellt: Bis 2021 möchte der mittelamerikanische Staat zum ersten karbonneutralen Land der Erde aufsteigen.

Böll.Thema hat Experten in den großen Schwellenländern wie China, Brasilien, Indien, Südafrika und Mexiko sowie in kleineren Ländern wie Südkorea und Costa Rica gebeten, ihre Anstrengungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und ihr Engagement zum Erhalt der Wälder (REDD) zu schildern. Und dann war da noch ein kleines Land im Herzen Afrikas, das eine Überraschung bereithält.

 

  • Costa Rica

Von Lawrence Pratt
Übersetzung: Jochen Schimmang

Costa Rica ist ein Pionier auf dem Gebiet der Eindämmung der Treibhausgase. Schon 1998 verkaufte die Regierung zum ersten Mal Emissionszertifikate im Wert von 200 000 Tonnen CO2 an Norwegen. 2007 verkündete Präsident Oscar Arias die Regierungsinitiative, die Costa Rica bis 2021 zum ersten karbonneutralen Land der Welt machen soll.

Ein ehrgeiziges Ziel, so der Präsident, das die Mitarbeit aller Bürger und Bürgerinnen sowie künftigen Regierungen erfordere. Das Land versucht seitdem, eine Strategie zu entwickeln und durchzusetzen, die über den öffentlichen Sektor hinausreicht. Neben den Regierungsbehörden erstellen zahlreiche private Unternehmen und akademische Institutionen ihre jeweilige Klimabilanz und unternehmen Anstrengungen, diese zu senken. Sie wollen sich von den fossilen Energien verabschieden und die weiter bestehenden Emissionen kompensieren. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg.

Gleichzeitig versucht Costa Rica, die Führungsrolle wiederzugewinnen, die das Land bei früheren Klimaverhandlungen zur CO2-Speicherung in Wäldern innegehabt hatte. Während der UN-Konferenz in Bali 2007 haben Costa Rica und Papua-Neuguinea, unterstützt durch weitere Länder mit Regenwäldern, den Vorschlag eingebracht, die Reduzierung von Emissionen durch Entwaldung und Bodendegradierung (REDD 1) in die neuen Klimaregelungen zu integrieren. Diese werden höchstwahrscheinlich von der Konferenz in Kopenhagen 2009 beschlossen. Zurzeit versuchen Costa Rica und andere mittelamerikanische Länder, die dafür benötigten Kapazitäten aufzubauen. Die Gelegenheit, die sich in Kopenhagen für die Aufnahme von REDD in die weltweiten Klimastrategien bietet, wollen sie nicht ungenutzt verstreichen lassen.

 

  • China

Von Chen Jiliang und Kimiko Suda
Übersetzung: Jochen Schimmang

China ist hauptsächlich aus zwei Gründen im Klimaschutz engagiert: Die Volksrepublik will die Energieversorgung für das wirtschaftliche Wachstum sicherstellen, um die gesellschaftliche Stabilität zu erhalten. Darüber hinaus will sie die Produktion von Nahrungsmitteln sicherstellen, denn die Landwirtschaft und die Wasserversorgung sind schon jetzt stark vom Klimawandel betroffen.

2007 wurden ein Nationaler Bericht über die Auswirkungen des Klimawandels und ein Nationaler Aktionsplan zu seiner Bekämpfung veröffentlicht. Der Energieverbrauch soll um 20 Prozent gesenkt und der Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 um 16 Prozent inklusive Nuklear- und Hydroenergie erhöht werden. Die Zielvorgaben der erneuerbaren Energien für das Jahr 2010 mussten neu formuliert werden, da sie schon erreicht wurden.

Auch auf der Ebene der Provinzen wird der Übergang zu einer nachhaltigen Form des Wirtschaftswachstums vorangetrieben. Die Politik zielt hier vor allem auf die Industrie. Weil der Kampf gegen den Klimawandel offizielle Politik ist, kann ihn die Zivilgesellschaft offen angehen. Die Hauptanstrengungen der NGOs orientieren sich an der Förderung eines karbonarmen Lebensstils. Zur Adaption an den Wandel werden lokale Untersuchungen vorgenommen und Pilotprojekte gestartet. Das „China Civil Climate Action Network“, das von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt wird, übernimmt dabei eine aktive Rolle in der Vermittlung von Wissen und Handlungskompetenz und prägt die politische Diskussion.

Die Reduktion des Energieverbrauchs wird zurzeit kontinuierlich in den nächsten Fünfjahresplan eingearbeitet. Sie ließe sich leicht zu einem nationalen Ziel der CO Reduktion transformieren, doch China zögert, gegenüber der internationalen Gemeinschaft eine Verpflichtung einzugehen.

Die Wiederaufforstung ist eine langfristige nationale Strategie, wobei REDD für China zurzeit noch keine Rolle spielt.

 

  • Südafrika

Von Antonie Nord

Als eines der ersten Länder des globalen Südens hat Südafrika eine Strategie zur Reduktion seiner Treibhausgasemissionen vorgelegt – verpflichtet ist das „Non-Annex-1-Land“ laut Kyoto-Protokoll dazu nicht. Damit übernimmt Südafrika die Führung unter den Schwellenländern. Im Juli 2008 hatte der damalige Umweltminister Van Schalkwyk ein Strategiepapier vorgelegt, das Südafrika einen klimafreundlichen Entwicklungsweg wies. Bisher werden rund neunzig Prozent der Elektrizität aus Kohlekraftwerken gewonnen. Mit einem COe2-Ausstoß von rund neun Tonnen pro Kopf rangiert Südafrika weltweit unter den zwanzig größten Emittenten.

Bis 2020/25 soll der Höchststand erreicht sein und ab 2035 der CO2-Ausstoß schrittweise gesenkt werden – durch verbesserte Energieeffizienz, Investitionen in erneuerbare Energien, neue Technologien für Kohlekraftwerke (CO2-Speicherung und Lagerung), eine Modernisierung des Transportwesens und Investitionen in die Nuklearenergie. Eine CO2-Steuer für die Industrie und für verbrauchsstarke Luxusfahrzeuge soll schon in den kommenden Jahren implementiert werden. International hat sich das Land somit einen moralischen Vorsprung erarbeitet, der Südafrikas Ruf nach fairer Lastenteilung bei der weltweiten Emissionsreduktion Nachdruck verleiht.

Allerdings beklagen Umweltgruppen den geplanten Ausbau der Atomenergie. Experten bezweifeln die Finanzierbarkeit und Handhabbarkeit der Technologie zur CO2-Speicherung. Und die Gewerkschaften befürchten, dass die geplante CO2-Steuer zu Preissteigerungen führen wird, unter denen insbesondere die vierzig Prozent Südafrikaner leiden werden, die unterhalb der Armutsgrenze leben.

 

  • Brasilien

Von Thomas Fatheuer

Brasilien glänzt: Während der Poznan-Konferenz lancierte Umweltminister Carlos Minc den „Nationalen Plan für Klimaveränderung“, einen Entwurf, der freiwillige Reduktionsziele aufführt. Es regnete Lob. Al Gore betonte, dass das Land nun eine führende Rolle bei den Klimaverhandlungen übernommen habe, Ban Ki-Moon bezeichnete die brasilianische Wirtschaft als eine der grünsten der Welt. Minc triumphierte: „Brasilien hat lange in der Defensive gespielt. Wir wollen nun eine Führungsrolle übernehmen.“

In der Gruppe der emerging economies spielt Brasilien eine Sonderrolle. Laut Energiebilanz ist Brasilien eines der grünsten Länder der Welt. Dies verdankt es dem hohen Anteil der Wasserkraft am Energiemix: Etwa 75 Prozent des Stroms stammen aus dieser CO2-armen Quelle. Hinzu kommt ein steigender Einsatz von Agrotreibstoffen: Mit einem Anteil von 45 Prozent erneuerbarer Energien am Primärenergieverbrauch ist Brasilien Weltspitze. Der OECD-Durchschnitt liegt bei 6,2 Prozent.

Aber der CO2-Musterknabe wandelt sich zum Schmuddelkind, wenn Emissionen aus Land Use Change eingerechnet werden. Damit sind die Emissionen gemeint, die durch das Abbrennen von Wäldern entstehen. Etwa zwei Drittel der Emissionen entstehen so und rechnet man sie in die nationale Bilanz ein, rückt Brasilien auf Platz fünf der Weltverschmutzer vor.

Für Brasilien heißt dies: Bei den internationalen Verhandlungen ist die Vernichtung des amazonischen Regenwalds das Problem. Da der Bali-Aktionsplan von 2007 empfiehlt, die Reduktion von Entwaldung (REDD) in ein internationales Abkommen einzubeziehen, ist Brasilien ins Zentrum der Verhandlungen gerückt. Hierauf hat das Land mit dem in Poznan lancierten „Plano Nacional de Mudanças de Clima“ bestens reagiert. Dieser sieht vor, die Entwaldung in Amazonien bis 2017 um siebzig Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der Jahre 2005/06 zu reduzieren. Dadurch würden 4,8 Milliarden Tonnen CO2 weniger in die Atmosphäre gelangen.

Um diese Ziele zu erreichen, braucht es Geld. Die Regierung hat einen Amazonasfonds aufgelegt, zu dem Norwegen bereits 100 Millionen US-Dollar beigesteuert hat. Die Bundesregierung will sich vorläufig mit 18 Millionen beteiligen. Die brasilianische Regierung geht davon aus, dass sie etwa eine Milliarde pro Jahr braucht. In den internationalen Verhandlungen hat sich Brasilien damit in eine komfortable Situation manövriert: Es hat die geforderten freiwilligen nationalen Ziele in äußerst ambitionierter Weise vorgelegt und kann nun von den Industrieländern finanzielle Beteiligung einfordern.

In Brasilien selbst ist die Lage der Regierung weniger komfortabel. Zweifel wurden laut, ob die hehren Ziele des Klimaplans sich in reale Politik umsetzen lassen. Insbesondere ein Dekret zur Regelung der Landfrage hat Kritik provoziert: Es hat mit einem Federstrich allen Landbesitz in Amazonien bis zu einer Grenze von 1500 Hektar legalisiert. Der größte Teil davon befindet sich auf öffentlichem Land, die Besitzer hatten daher bisher keine Landtitel.

Das Dekret, das zunächst als Maßnahme gedacht war, Rechtssicherheit für Kleinbauern zu schaffen, hat sich durch die Ausweitung auf 1500 Hektar zu einer riesigen Landübertragung auch an mittlere und größere Betriebe ausgeweitet – und dies ohne jegliche Umweltauflagen. So wurde illegale Entwaldung nachträglich gesetzeskonform und damit ein perverser Anreiz für die Zukunft geschaffen. Das Fazit von Greenpeace: „Die Regierung beschleunigt die weitere Kolonisierung und Entwaldung Amazoniens“.

Damit nicht genug: Im Rahmen des „Programms zur Beschleunigung des Wachstums“ sind gewaltige Staudämme geplant, auch weitere Straßen sollen im Amazonasgebiet ausgebaut werden. Präsident Lula geht davon aus, dass im großen Brasilien alles möglich ist. Waldschutz, Großprojekte und Agrobusiness – für alles soll Platz sein. Noch wird diese Politik nicht durch Zahlen dementiert. Tatsächlich war die Entwaldung in den letzten zwei Jahren rückläufig. Dazu hat wohl auch die Wirtschaftskrise beigetragen. Was in Brasilien fehlt, ist eine konsistente Politik, um die auf internationaler Ebene verkündeten klimapolitischen Ziele umzusetzen.

2010 wird gewählt und Lula will seine Kandidatin ins Präsidentenamt hieven: Dilma Rousseff ist als Kanzleramtsministerin Koordinatorin des „Programms zur Beschleunigung des Wachstums“ und jeglicher Sympathie mit Umweltfragen unverdächtig.

 

  • Mexiko

Von Ingrid Spiller

Bei den internationalen Klimaverhandlungen spielt das Schwellenland Mexiko eine weitgehend positive Rolle. Präsident Calderón hat das Thema neben Sicherheit und Drogenbekämpfung zum wichtigsten Anliegen der internationalen Agenda erklärt.

Mexiko hat mit seinem Vorschlag zur Einrichtung eines globalen „Grünen Fonds“ zur Finanzierung von Mitigationsmaßnahmen und Technologietransfer konstruktiv auf die Verhandlungen gewirkt und setzt dieses Engagement auch in weiteren Foren wie MEF, G20 sowie G8+5 fort. Mexiko gehört zu den Non-Annex-1-Ländern, die in der Umsetzung des Kyoto-Protokolls relativ weit fortgeschritten sind. So wird in Kürze die vierte „Kommunikation“, also der im Kyoto-Protokoll vereinbarte regelmäßige Fortschrittsbericht, veröffentlicht.

Das alles geschieht weitgehend ohne Druck aus der Zivilgesellschaft. Es gibt nur vier, fünf Gruppen, die sich auf nationaler Ebene mit den Klimaverhandlungen beschäftigen, darunter das Regionalbüro der Heinrich-Böll-Stiftung und Greenpeace. Die sonstigen Klimainitiativen arbeiten weitgehend isoliert und ohne Verbindung zum globalen Verhandlungsprozess. Von einer Bewegung kann also nicht gesprochen werden.

Mexiko hat sich verpflichtet, die CO2Emissionen bis zum Jahr 2050 um 50 Prozent zu senken, wobei sie noch bis zum Jahr 2015 ansteigen und danach schrittweise reduziert werden sollen. Bislang gibt es dazu allerdings noch keine konkreten sektorbezogenen Planungen.

REDD bzw. REDD plus ist neben dem „Grünen Fonds“ das zweite wichtige Thema auf der mexikanischen Agenda. Hier erhofft man sich Zugang zu zusätzlichen Finanzmitteln. Im nationalen Rahmen sind bisher allerdings kaum Maßnahmen zur Verhinderung von Abholzung erkennbar.

 

  • Indien

Von Sanjay Vashist
Übersetzung: Thomas Pfeiffer

Pro Kopf und Jahr liegen die Treibhausgasemissionen in Indien mit rund 1,6 Tonnen weit unter den 20 Tonnen in den USA beziehungsweise den sieben in der EU. Wegen seines Bevölkerungsreichtums – Indien hat 1,3 Milliarden Einwohner – ist das Land dennoch der viertgrößte Treibhausgasemittent weltweit und spielt damit eine wichtige Rolle für das Klimaabkommen von Kopenhagen.

Wird Indien sich auf völkerrechtlich verbindliche Verpflichtungen für den Zeitraum 2012 bis 2020 festlegen? Das Land wird seine Pflichten nach dem Prinzip der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten und dem Bali-Aktionsplan erfüllen. Diese legen allerdings unmissverständlich fest, dass die Industrieländer den Entwicklungsländern finanzielle und technologische Hilfe leisten sollen.

Indien hat unlängst im MEF 3, dem Forum der großen Volkswirtschaften, dem Ziel zugestimmt, die Erderwärmung auf unter 2° C zu begrenzen. Doch könnte Indien sich in Kopenhagen weigern, am Zustandekommen eines Abkommens mitzuwirken, wenn bestimmte Bedingungen wie stärkere Anstrengungen der Industrieländer zur Emissionsreduzierung, finanzielle und technologische Hilfeleistungen für die Entwicklungsländer und ein globales Finanzregime unter Weisungsbefugnis der UNO (COP/MOP) nicht erfüllt werden.

Bislang hat sich Indien noch auf keine offiziellen Ziele zur Treibhausgasreduktion festgelegt. Durchgesickert sind aber die Ziele zum Ausbau der Solarenergie: 20 Gigawatt installierte Solarstromkapazität bis 2020, 100 Gigawatt bis 2030 und 200 Gigawatt bis 2050. Die Ziele für Energieeffizienz, nachhaltige Lebensräume, Transport und Verkehr, Wasser und Waldbedeckung dürften ähnlich ehrgeizig ausfallen. Insgesamt sollen die erneuerbaren Energien bei mehr als zwölf Prozent der Energieversorgung liegen.

Indien setzt sich seit längerem für das „Compensated Conservation“-Prinzip ein, also dafür, dass das internationale Klimaregime nicht nur Anreize für die Vermeidung von Emissionen aus Entwaldung bieten sollte, sondern auch Anreize, die Gründecke der Erde zu schützen. Angesichts einer nationalen Vorgabe, dass mindestens 33 Prozent der Landesfläche Indiens unter einer Gründecke liegen sollen, fordert das Land finanzielle Mittel für seine Bemühungen um den Erhalt von Kohlenstoffspeichern.

 

  • Südkorea

Von Young-Woo Park
Übersetzung: Jochen Schimmang

Die Republik Korea gehört derzeit nicht zu den Annex-1-Ländern des Kyoto-Protokolls und hat bisher keine offiziellen Ziele für die Reduktion der CO2-Emissionen benannt. Dennoch hat Südkorea große Anstrengungen unternommen, den CO2-Ausstoß zu verringern. Präsident Lee Myung-Bak hat im Januar 2009 in Südkorea den Green New Deal ausgerufen, ein ehrgeiziges Programm, mit dem er innerhalb von vier Jahren 960 000 neue grüne Jobs schaffen will. Rund 80 Prozent des 38 Milliarden starken Konjunkturprogramms sind für grüne Investitionen vorgesehen, u.a. in ein umweltfreundliches Verkehrsnetz, grüne Autos, ökologische Dörfer, Schulen und Lebensräume.

Südkorea wird noch 2009 mittelfristige Ziele für die Reduktion der Treibhausgase benennen. Auf dem erweiterten G8-Gipfel in Toyako 2008 hat Südkorea Zustimmung zum globalen Ziel der 50-prozentigen Reduktion der weltweiten Emissionen bis 2050 geäußert.

Südkorea plant, den Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtenergieeinsatz von zwei Prozent im Jahr 2008 auf elf Prozent 2030 und 20 Prozent 2050 zu erhöhen. Der Schwerpunkt liegt auf niedrigem CO2-Ausstoß und grünem Wachstum als neuem Wachstumsmotor, wobei grüne und saubere Energie gefördert werden soll. Die Regierung bereitet ein landesweites System für den Emissionshandel vor, wobei ein Pilotprojekt bereits begonnen wurde. Korea nimmt aktiv an den internationalen Verhandlungen teil, mit besonderem Augenmerk auf Technologietransfer. Südkorea ist ein gebirgiges Land, das zu etwa 65 Prozent bewaldet ist. Während und nach dem Koreakrieg litten die Wälder unter Rodungen und Waldschäden. Mit einem 1973 gestarteten Projekt wurde eine Million Hektar zerstörten Waldgebiets durch schnell wachsende Baumarten unter aktiver Mitwirkung der Öffentlichkeit bis Ende der 1980er wiederaufgeforstet. Die FAO (UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft) erkannte Südkorea als eines der führenden Länder bei der Wiederaufforstung an.

Südkorea ist bestrebt, die regionale und internationale Zusammenarbeit im Hinblick auf die REDD-Initiative der UN-Klimarahmenkonvention zu stärken, einschließlich der Unterstützung nachhaltiger Forstwirtschaft, der Sanierung von Brachland und der Förderung industrieller Aufforstung. Unter diesem Aspekt hat Südkorea kürzlich vorgeschlagen, eine „Asiatische Organisation für die Zusammenarbeit in der Forstwirtschaft“ zu gründen.

 

  • Ruanda

Von Marc Engelhardt

15 Jahre ist es her, da lag Ruanda in Schutt und Asche: Extremistische Hutu-Milizen hatten innerhalb von nur hundert Tagen mehr als 800.000 Tutsi und moderate Hutu ermordet, das Land war wortwörtlich von Leichen übersät. Kaum jemand hielt es für möglich, dass der Zwergstaat im Herzen Afrikas sich von dem Völkermord jemals erholen könnte.

Tatsächlich ist Ruanda heute in vielen Bereichen eine Vorzeigenation, so auch in der Umweltpolitik. Präsident Paul Kagame, wegen seiner autoritären Regierungsführung oft gescholten, nimmt den Klimawandel und seine Folgen so ernst wie sonst kaum ein Staatsoberhaupt. „Afrikas Wirtschaftswachstum hängt direkt von Landwirtschaft, Tourismus, Fischerei und der Ausbeutung natürlicher Ressourcen ab“, erklärt er seine Position. „All das ist nur mit einem effektiven Umweltmanagement möglich.“

Im Mittelpunkt steht die Frage nach einer ökologisch nachhaltigen Energieversorgung des Landes, das die Regierung bis 2020 zum Schwellenland transformieren will. „Seit November vergangenen Jahres pumpen wir Methan vom Grund des Kivusees herauf und treiben damit einen Generator an“, sagt Eva Paul, ehemals GTZ-Mitarbeiterin und in Ruandas Infrastrukturministerium für Energiefragen zuständig. Das Projekt ist weltweit einmalig. Das Methan, erzeugt von Bakterien, die am lichtlosen Grund des tiefen Sees organisches Material zersetzen, wird auf 55 Milliarden Kubikmeter geschätzt – das entspricht der Energie von 40 Millionen Tonnen Öl. Für ein Land, in dem bis vor kurzem noch Brennholz der Hauptenergieträger war, ist das ein Quantensprung.

„Im Moment werden vom Kivusee zwei Megawatt ins Netz eingespeist, das ist eine von der Regierung finanzierte Pilotanlage“, so Paul. In etwas mehr als einem Jahr soll das erste richtige Methankraftwerk ans Netz gehen. „Wir haben einen Vertrag mit der amerikanischen Firma Contour Global unterschrieben, die 100 Megawatt bis Ende 2010 erzeugen wird.“ 100 Megawatt, das ist fast doppelt so viel wie Ruandas derzeitige Gesamtleistung von 57 Megawatt.

Und das ist noch nicht alles. Eine 2008 verabschiedete Nationale Energiestrategie fördert praktisch alle erneuerbaren Energien. Die nahe der Hauptstadt errichtete größte Solaranlage Afrikas ist ein Prototyp für „Insellösungen“. Zurzeit werden dort, wo es kein Stromnetz gibt, Schulen und Krankenhäuser mit Solarzellen ausgestattet. Das gleiche Ziel haben die 15 000 Biogasanlagen, die derzeit mit Unterstützung der GTZ vor allem an Latrinen von Kleinbauern installiert werden. „Die Familien kochen mit Biogas statt mit Feuerholz, das schont die Ressourcen“, erklärt Koordinator Gerard Hendriksen.

Böll.Thema Ausgabe 2/2009 - Klimawandel und Gerechtigkeit

„Während die Industrieländer vorangehen müssen, sind die Zeiten vorbei, in denen die Schwellen- und Entwicklungsländer die Hände in den Schoß legen dürfen. Alle Länder müssen Klimaschutz betreiben, egal, wie arm sie sind – dies schon allein aus Eigennutz. Außerdem lassen sich etliche Klimaschutzmaßnahmen aufs Beste mit Armutsreduktion verbinden – man denke nur an Solarkocher, um die Abholzung für Brennholz zu vermeiden, oder den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel, um allen gleichermaßen Mobilität zu ermöglichen. Dennoch ist klar: Die meisten Entwicklungsländer können und sollen in Kopenhagen noch keine Verpflichtungen eingehen.“ - Lili Fuhr und Tilman Santarius, Heinrich-Böll-Stiftung

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