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Soziale Kapitalisten – Vorbilder für eine gerechte Wirtschaft

Lesedauer: 3 Minuten

Buchpräsentation und Diskussion mit Autor Hannes Koch am 22. Januar 2008 in der Galerie der Heinrich-Böll-Stiftung

4. März 2008

Über den finnischen Handyhersteller Nokia brach in Deutschland vor wenigen Wochen ein allgemeiner Sturm der Entrüstung her. Die Manager des Unternehmens hatten die Schließung des Nokia-Werkes in Bochum und die Entlassung von 2.300 Mitarbeitern verkündet. Fast zeitgleich wurde bekannt, dass Nokia seinen Gewinn um 67 Prozent auf 7,2 Milliarden Euro gesteigert hatte.

Nokia ist nur das jüngste Beispiel eines scheinbar universellen Trends in der globalen Wirtschaft, in der „unrentable" Arbeitsplätze regelmäßig der Jagd nach steigenden Aktienkursen und Kapitalrenditen zum Opfer fallen. Ist es angesichts dieser Entwicklung vermessen, auf mehr Gerechtigkeit und einen ökologischen Umbau unseres Wirtschaftssystems zu hoffen?

Alternativen zum „Heuschrecken-Kapitalismus“

Hannes Koch, Parlaments¬korrespondent der taz, hat in seinem neuen Buch Soziale Kapitalisten – Vorbilder für eine gerechte Wirtschaft zehn deutsche Unternehmerinnen und Unternehmer porträtiert. Firmennamen wie Faber-Castel, Otto-Versand, Ritter Sport, dm-Drogeriemarkt und Henkel sind durchaus prominent. Weitgehend unbekannt ist, dass hinter diesen Unternehmen „Soziale Kapitalisten“ stehen, die einen Teil ihrer Gewinne auf sozial- und umweltverträgliche Weise erzielen.

Die Alfred Ritter GmbH (Ritter Sport) kauft beispielsweise Kakao in Nicaragua und bezahlt dabei bewusst Preise, die über dem Weltmarktniveau liegen. Die damit verbundene Förderung von Bauerngenossenschaften ist keineswegs uneigennützig. Ritter Sport will sich auf dem wachsenden deutschen Markt für Bioprodukte positionieren und den Kakao aus Nicaragua als Bioschokolade vermarkten.

Grünes Wirtschaften

Während der Buchpräsentation von Hannes Koch wurde auch erkennbar, dass Deutschland bei ökologischen Investitionen international immer noch Nachholbedarf hat. Der Autor las Auszüge aus seinem Porträt des ebenfalls anwesenden Andrew Murphy, Mitbegründer der Murphy&Spitz Green Capital AG. Die Beteiligungsgesellschaft hat sich auf die Analyse und Bewertung von Investitionen spezialisiert, die strengen sozialen und ökologischen Standards genügen müssen. Dazu gehört beispielsweise die Förderung erneuerbarer Energien und nachwachsender Rohstoffe. Dieses „grüne Kapital" hat bisher in Deutschland einen Marktanteil von 5 Prozent - in den USA sind es beinahe 20.
Trotz der neuen Allianzen für eine gleichzeitige ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung wird staatliche Regulierung nach Ansicht von Hannes Koch notwendig bleiben. Um Entscheidungen wie die von Nokia in Zukunft unrentabel zu machen, müssen die sozialen und ökologischen Ansätze zu Bestandteilen der Rahmenbedingungen des globalen Wirtschaftens weiterentwickelt werden. Die sehr gut besuchte Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt, dass die öffentliche Unterstützung für derartige Reformen weiter wächst.