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Vorwahlen am Super Tuesday – Und nun?

8. Februar 2008
von Helga Flores Trejo, Heinrich-Böll-Stiftung in Nordamerika, Washington

07. Februar 2008

Widerstreit zwischen Kopf und Herz

Noch vor wenigen Monaten war die gängige Einschätzung in Washington, dass die Demokraten sich relativ schnell auf Hillary Clinton einigen würden, (spätestens am Super Tuesday, dem 5. Februar), während sich die Republikaner vielleicht noch monatelang ein zermürbendes Kopf- an Kopf-Rennen zwischen drei oder vier Kandidaten liefern.
Nun ist es genau umgekehrt. Mit John McCains Erfolgen gibt es bei den Republikanern zum ersten Mal einen klaren Favoriten. Dem gegenüber sind die Demokraten zwar begeistert und mobilisieren ihre Wähler wie nie zuvor, aber sie sind auch sichtlich zerrissen zwischen Hillary Clinton und Barack Obama. Viele Kommentatoren sagen, es sei der Widerstreit zwischen Kopf und Herz.
In Zahlen ausgedrückt, wird es deutlicher: Bis Mittwochnachmittag waren 14,645,638 Stimmen für die Demokraten ausgezählt. Davon entfielen auf Hillary Clinton 7,350,238 (50.2 %) und auf Barack Obama 7, 295,400 (49.8%) – knapper geht es kaum.

Die Differenzen verlaufen entlang folgender Linien:

  • Generationen: Eindeutig unterstützen die jüngeren Demokraten Obama und die älteren Clinton. Wähler unter 30 sind inspiriert und scheinen weniger an konkreten politischen Entwürfen und Vorschlägen interessiert zu sein. Viele der älteren Unterstützer von Obama sagen dass, es ihre Kinder waren, die sie aufgefordert hätten, Obama zu unterstützen
  • Schichten: Arbeiter und untere Mittelschichten sind auf Seiten Clintons, Besserverdienende und Studenten bei Obama
  • Frauen und Männer: In einigen Primaries machen Frauen 60% der demokratischen Wähler aus und sie haben mehrheitlich Clinton gewählt, gleiches gilt für die meisten Latinos

Sie alle reagieren auf zwei unterschiedliche Bedürfnisse, die ein Fernsehkommentator vor kurzem treffend zusammenfasste: Obama stehe für "I have a dream“, Clinton stehe für: „I have a plan“. Sie spricht über ‚trockene’ politische Fragen, er bietet die Vision an. Sie ist programmatisch er richtet sich an die Sehnsüchte der Bürger. Die Herangehensweise von Clinton ist sachlich: Das ist das Problem und hier ist mein Vorschlag.
Obama dagegen zielt nur selten auf konkrete politische oder ökonomische Probleme. Er stellt die Art und Weise, wie Politik gemacht wird, insgesamt in Frage, möchte die Menschen zuerst zusammenbringen und neue für den politischen Prozess insgesamt gewinnen.
Bis jetzt hat es Clinton geschafft, dem Phänomen Obama Paroli zu bieten, aber der Trend bewegt sich zu ihren Ungunsten. Je länger Obamas Kampagne andauert, desto stärker wird er. In einigen der Bundesstaaten, in denen beide nun gleichviel Unterstützung haben, lag Hillary Clinton noch vor wenigen Monaten in den Umfragen klar vorn. Sie muss nun in kurzer Zeit einen Weg finden, neben dem Angebot politischer Konzepte und Pläne gleichfalls ihre Vision für das Land darzulegen.
Sollte Obama nominiert werden, stellt sich die Frage, ob er die augenblickliche Begeisterung seiner Bewegung aufrecht erhalten und ausbauen kann. So lange er seine inspirierenden Reden hält, kann er die Leute in Ekstase versetzen. Als er aber in den vergangenen Wochen stärker die Einzelheiten seiner politischen Pläne dargelegt hat, haben die Massen mit weit weniger Applaus reagiert. In allen Umfragen, in denen danach gefragt wird, wer der bessere ‘Commander in Chief’ wäre, gewinnt Hillary Clinton haushoch. Die Frage ist also, ob es Obama gelingt, die Präsidentschaftswahl gegen einen John McCain zu gewinnen ohne konkretere politische Positionen zu beziehen und ohne Erfahrungen im militärischen Bereich vorweisen zu können.

Es kommt auf die Delegierten an

Die Entscheidung wird sich auf demokratischer Seite noch einige Wochen hinziehen, eventuell sogar bis zum Parteitag im August in Denver. Eines ist jetzt schon klar: es kommt nicht so sehr auf die gewonnen Bundesstaaten, sondern auf die Delegiertenzahl an.
Die Tatsache, dass das Rennen so knapp ist und die Delegierten immer proportional verteilt werden (nach einem recht komplizierten System) hat zwei Folgen: Es wird zum einen so schnell keinen klaren Favoriten auf demokratischer Seite  geben. Sollte aber einer der Kandidaten einen nennenswerten Vorsprung erzielen, so wird es sehr schwer für den anderen dies umzukehren, denn  dafür braucht man in einem Bundesstaat Gewinne mit einem Abstand von 30 Punkten Differenz oder mehr.
Zusätzlich zu den proportional zum Wahlergebnis vergebenen Delegierten gibt es die sogenannten Superdelegierten (Funktionäre, Gouverneure, Amts-, und Mandatsträger) die ebenfalls mitwählen dürfen. Einige haben sich bereits zu Clinton oder Obama bekannt, aber es gibt noch viele Ungebundene. Sie könnten am Ende der Primaries die entscheidende Rolle spielen. Zurzeit basiert der leichte Vorsprung von Clinton (823 zu 741 von Obama) auf der größeren Zahl ihrer Superdelegierten, aber diese können jederzeit ihre Meinung ändern.

Wer könnte noch Einfluss auf das Rennen haben?

Wie zu sehen war, haben sogenannte Endorsements wie das der Kennedys für Obama zwar große mediale Aufmerksamkeit bekommen, aber es ist schwierig, die Stimmen, die solche Unterstützung nach sich ziehen, zu quantifizieren. Die Frage ist also die folgende: Wer könnte noch Einfluss auf das Rennen haben? Das ist eindeutig John Edwards, weil er nicht nur Stimmen mobilisiert, sondern wichtiger noch, er hat 26 Delegierte, die, wenn alles so knapp bleibt, Gold wert sind. Auch AL Gore könnte, sollte er sich hinter einen der Kandidaten stellen, noch gewissen Einfluss haben.

Finanzen

Im Januar hat Obama etwa 32 Millionen Dollar einwerben können und hat damit Clinton, die nur 13,5 Millionen Dollar an Spenden erhalten hat, weit hinter sich gelassen. Jetzt wurde bekannt, dass Hillary Clinton 5 Millionen aus eigener Tasche an die Kampagne ausgeliehen hat. Die Spendenmittel sind ein Zeichen der Unterstützung, die ein Kandidat bekommt, und sie sind essentiell, um Werbung, Mitarbeiter und Infrastruktur in den verschiedenen Bundesstaaten zu finanzieren.

Zentrale Wahlthemen wichtig für weitere Entwicklung

In den vergangenen Monaten haben sich die zentralen Wahlthemen vollkommen verschoben. Sollte die ökonomische Situation sich in USA weiter verschlechtern, könnte dies Hillary Clinton im Rennen halten.  Insgesamt ist es nur schwer absehbar, welche Themen oder eventuell internationale Krisen in den kommenden Monaten die Stimmung weiter beeinflussen könnten.

Und die Republikaner?
Was ist eigentlich ein Konservativer?

Eine weitere Hinterlassenschaft der Bush-Regierung – für die sich die Republikaner bei ihm bedanken können – ist die existierende totale Verwirrung darüber, woran man eigentlich einen Konservativen in Amerika erkennen kann. Spätestens in diesen Vorwahlen wurde deutlich, dass der Konservatismus in den USA in einer tiefen Krise steckt. Viele wenden sich ab, enttäuscht von dem was Bush darstellt, angefangen von dem riesigen Haushaltsdefizit, der großen Bürokratie (Homeland Security) bis hin zur Unfähigkeit mit der Krise in New Orleans umzugehen. Was die von Bush Enttäuschten suchen, ist allerdings noch vollkommen unklar. Nur diese große Verwirrung kann erklären, warum die Republikanische Partei gerade dabei ist einen Kandidaten aufzustellen, der von großen Teilen der Basis nicht unterstützt und von vielen regelrecht gehasst wird. Vieles wird John McCain von den Republikanern übel genommen, vier Dinge ragen dabei heraus:

  • sein Engagement für Klimagesetzgebung und die Unterstützung eines Cap and Trade Regimes
  • seine Position, dass man nicht 12 Millionen illegale Migranten einfach deportieren kann
  • sein Kampf gegen Lobbyisten und für eine transparentere Parteifinanzierung
  • letztlich, seine Stimme gegen Bushs Steuersenkungen – ein absoluter Tabubruch im traditionellen konservativen Handbuch

Die christlichen Konservativen hat McCain bis jetzt nicht für sich gewonnen und wird sie möglicherweise auch bis November nicht mehr erreichen

Kuriositäten

Als John Edwards und Kucinic ausgeschieden sind, hat Ralf Nader sich gemeldet und kund getan, das er jetzt überlegt doch zu kandidieren. Seine Chance?  NULL


Helga Flores Trejo, Büroleitung, Regionalbüro der Heinrich-Böll-Stiftung in Nordamerika Washington