Von Itai Mushekwe
In weniger als zwei Wochen wird die Bevölkerung Simbabwes, diesem einst blühenden und nun heruntergewirtschafteten Land, zur Wahl gehen. Diese Präsidentschaftswahl ist die wohl bedeutsamste in der Geschichte des Landes: Zum ersten Mal wird Präsident Robert Mugabe mit einer ernstzunehmenden Herausforderung konfrontiert. Es ist ein Schock für Mugabe und seine Anhänger, dass ein Mann aus ihren eigenen Reihen, Simba Makoni, ehemaliger Finanzminister und Mitglied der regierenden Zanu PF-Partei, sich dazu entschieden hat, zusammen mit dem langjährigen Oppositionsführer Morgan Tsvangirai gegen seinen Boss anzutreten. Gemeinsam bekommen die beiden beträchtliche Unterstützung von der desillusionierten Bevölkerung, wie die enorme Beteiligung an ihren Kundgebungen gezeigt hat.
Die Wahl könnte durchaus das Ende des gegenwärtigen Regimes einleiten: Die Wirtschaft liegt mit einer Inflationsrate von über 100.000 Prozent im Koma – nach Angaben der Weltbank ist dies die höchste Inflationsrate der Welt außerhalb eines Kriegsgebietes. 80 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos, es besteht akute Nahrungs- und Benzinknappheit, die Devisenreserven sind aufgebraucht, und das Gesundheits- und Abwassersystem kollabiert.
Simbabwes kastrierte Medien
Die größte Sorge allerdings macht die Lage der Medien. Die staatlichen Medien sind weit entfernt von Objektivität, die Berichterstattung ist unfair, und viele Programme sind apolitisch. Die meisten Politiknachrichten sind reine Propaganda mit dem Ziel, dem Ansehen von Mugabes Herausforderern zu schaden. Die unabhängigen Medien, die mehr und mehr unter Druck stehen, werden durch restriktive Gesetze behindert. Was die Simbabwerinnen und Simbabwer aus den privaten Medien erfahren sind oft nur Halbwahrheiten, die Nachrichten leiden unter Selbstzensur. Bis zum heutigen Tag konnten deshalb die meisten Wähler keine wirklich sachkundige Entscheidung darüber treffen, wen sie wählen wollen. Die von der Regierung kontrollierten Medien umnebeln sie, während die unabhängige Presse aus wirtschaftlichen Gründe in ihrer Berichterstattung wenig aggressiv ist – und dies trotz der Tatsache, dass viele Kritiker der Wahlen behaupten, die Voraussetzungen für die Manipulation der Wahl seien von staatlichen Agenten schon längst geschafft worden.
An der Kandarre
In jeder Demokratie, in jeder Gesellschaft ist es notwendig, Medien zu haben, die die Regierung hinterfragen ohne dabei der Versuchung zu erliegen, die ich „Politik der speziellen Interessen“ oder „kommerzielle Nachrichten“ nennen würde. Nur auf dieser Grundlage können Bürgerinnen und Bürger ihre Rechte und Freiheiten nutzen, um sachkundige Entscheidungen zu treffen, die unerlässlich für ihre Selbstbestimmung sind. Leider ist dies in Simbabwe nicht der Fall: Die lokalen Medien sind Eunuchen. Mehr denn je zuvor macht sich die staatliche Presse zu einem Spielball und Sprachrohr der Regierung Mugabes, während die private Presse, trotz ihrer Versuche über die wirkliche Situation in Simbabwe zu berichten, eingeschüchtert wird und unfreiwillig bei heiklen Themen verstummen muss. Einheimische Journalisten werden bedroht und verhaftet, sollten sie bei ihren Nachforschungen auf heikle Themen stoßen. Der Weg vor Gericht ist in den meisten Fällen für die Journalisten keine Option – und entsprechend zahm fallen viele Berichte aus. Die wenigen Mutigen schmuggeln ihre Texte aus dem Land, indem sie sie pseudonym im Internet veröffentlichen. Doch auch dies setzt sie Gefahren aus seit Präsident Robert Mugabe vergangenes Jahr ein Gesetz verabschiedet hat (Interception of Communication Act), welches der Regierung eine Überwachung des Internets ermöglicht.
Rausschmiss der westlichen Medien
Die internationalen Medien sowie die Wahlbeobachter, die im Lande zugelassen werden, unterliegen einer strengen Auswahl. Simbabwes Regierung hat deutlich gemacht, dass westliche Medien nicht toleriert werden, und nur diejenigen eine Einladung ins Land bekommen, die als Verbündete gelten. Alle Journalisten, die als Wahlberichterstatter akkreditiert werden wollen, müssen die strengen Auflagen der Regierung erfüllen. Das Informationsministerium hat wiederholt ausländische Journalisten gewarnt, ein unerlaubter Aufenthalt werde zur Verhaftung führen. Renommierte Nachrichtensender wie die BBC sind in Simbabwe verboten, während andere Sender wie CNN, die eine Akkreditierung beantragt haben, wahrscheinlich keine Genehmigung erhalten werden, solange sie nicht Harares Linie fahren.
Alle Wahlbeobachter werden aus sogenannten befreundeten Nationen kommen. Die Europäische Union, die 2002 des Landes verwiesen wurde, ist nicht eingeladen. Russland ist die einzige europäische Nation, die neben verbündeten Staaten wie beispielsweise Iran und China, Wahlbeobachter entsenden wird. Es gibt Bedenken, dass infolge dieser „freundschaftlichen“ Beziehungen die Beobachter die Wahlen als frei und fair abnicken werden, bevor sie noch einen Fuß ins Land gesetzt haben.
Handverlesene Wahlbeobachter
Ein weiteres Manko ist die Tatsache, dass die Wahlbeobachter zu spät nach Simbabwe kommen. Ein kurzer Aufenthalt wird es ihnen nicht ermöglichen (falls es sie überhaupt interessiert) wirklich zu verstehen, was in diesem Land und speziell in den ländlichen Gegenden geschieht, die weitab ihrer Fünf-Sterne-Hotels liegen. Vielfach wird vermutet, die Wahlmanipulation hätte schon begonnen. Enthüllungen zeigen, dass die Wahlbehörde des Landes, die Zimbabwean Electoral Commission (ZEC), in den Hochburgen der Zanu PF mehr Wahllokale hat einrichten lassen als in den städtischen Zentren, die traditionell Hochburgen der Opposition sind. Zudem wird Simbabwes Regierung von der Opposition vorgeworfen, die Wahlkreise zugunsten der Zanu PF neu zugeschnitten zu haben.
Was bei dieser Wahl, bei der es um Alles oder Nichts geht, noch schockierender ist, ist die Tatsache, dass hochrangige Bürokraten bereits öffentlich verkündeten, dass sie eine Niederlage Mugabes nicht akzeptieren werden. Der Chef des Militärs, der Leiter der Gefängnisbehörde und der oberste Polizeichef haben sich allesamt mit ihrer ganzen Macht und ihrem gesamten Einfluss hinter Mugabe gestellt.
Geschenke machen Freunde
Diese Entwicklungen haben zu Spekulationen geführt, die Regierung kaufe Stimmen durch Gefälligkeiten. Beispielsweise erhielten Soldaten und andere staatliche Angestellte, die sich schon länger über ihr mageres Einkommen beklagten, urplötzlich saftige Beträge auf ihren Bankkonten überwiesen. Ein anderes Indiz für Stimmenkauf, so die Kritiker, ist die Verteilung von Essen, landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen an Befürworter der Regierungspartei nur wenige Tage vor der Wahl.
Die Wahl in Zimbabwe wird sehr umstritten sein, und möglicherweise wird es in der Folge zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommen – auch wenn dieses Mal weniger Berichte zu politischer Gewalt vorliegen, und die Führer der Opposition ihren Wahlkampf führen durften. Wer auch immer die Präsidentschaftswahlen Simbabwes gewinnt, wird alle Hände voll zu tun haben. Kann es gelingen, in Simbabwe wieder die Stabilität und den Wohlstand herzustellen, den das Land genoss, bevor es im politischen und ökonomischen Sumpf versank?