Der Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung gratulierte der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial und dem indischen Islamwissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten Asgar Ali Engineer heute zur Auszeichnung mit dem Alternativen Nobelpreis.
Memorial, seit 1990 Partner der Heinrich-Böll-Stiftung, erhält den Alternativen Nobelpreis für seine "mutige Arbeit unter schwierigen Bedingungen" u.a. in Tschetschenien. Die Memorial-MitarbeiterInnen hätten großen Mut bei ihren Aktivitäten in einer Reihe von Krisengebieten bewiesen, so die Jury.
"Angesichts der jüngsten Ereignisse in Beslan und den Reaktionen der russischen Regierung auf Kritik an ihrer Politik ist die internationale Anerkennung für die Menschenrechts-Arbeit von Memorial besonders wichtig", so Ralf Fücks und Barbara Unmüßig für den Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. "Die MitarbeiterInnen von Memorial bürgen unter hohem persönlichen Risiko dafür, dass Menschenrechtsverletzungen beim Namen genannt werden und die russische Staatsmacht nicht aus ihrer Mitverantwortung für die eskalierende Gewalt in Tschetschenien entlassen wird."
Der Vorstand gratulierte auch dem Islamwissenschaftler und Projektpartner der Heinrich-Böll-Stiftung Ali Ashar Engineer zu seinem Ehrenpreis.
Engineer setzt sich seit Jahren für einen Ausgleich zwischen den verfeindeten muslimischen und hinduistischen Bevölkerungsgruppen im indischen Gujarat ein.
Memorial, mitbegründet vom verstorbenen Menschenrechtler und UdSSR-Kritiker Andrej Sacharow, engagierte sich bereits zu Zeiten der Sowjetunion in der umfassenden Aufarbeitung der totalitären Vergangenheit des Landes. Darüber hinaus machte sich die Organisation im schwierigen Demokratisierungsprozess Russlands
als unbestechliche Anwältin von Rechtsstaatlichkeit und demokratischer Kultur einen Namen. Memorial betreibt seit über 10 Jahren mit Büros in Tschetschenien, Inguschetien und Dagestan ein umfassendes Monitoring von Menschenrechtsverletzungen in der nordkaukasischen Kriegsregion.
Die Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet mit Memorial bereits seit 1990 eng zusammen. Mit Unterstützung der Stiftung hat Memorial das mit über 400.000 Einträgen größte Archiv ehemaliger sowjetischer Zwangsarbeiter in Nazideutschland aufgebaut und hilft den "Opfern zweier Diktaturen", die bei ihrer Rückkehr in die Sowjetunion auch dort Repressionen ausgesetzt waren, bei der Durchsetzung von Kompensationsansprüchen.
Erst vor drei Monaten präsentierte Memorial das Ergebnis seiner fünfzehnjährigen Arbeit in Form einer CD-ROM auch in Berlin: Eine Datenbank mit Informationen und Namen von 1.300.000 Opfern politischer Verfolgung aus 62 russischen Regionen, aus Kasachstan, Usbekistan und der Ukraine. Memorial ist eine der einflussreichsten
und aktivsten Nichtregierungsorganisationen im gegenwärtigen Demokratisierungsprozess Russlands.
Memorial und Ali Ashar Engineer stehen in einer Reihe mit weiteren ProjektpartnerInnen der Stiftung, die in den letzten Jahren mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurden, darunter Walden Bello, Vandana Shiva, José Lutzenberger und Wangari Maathai.
Memorial auf der Webseite des Right Livelihood Award.