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Thesen zu "Modelle der Hochschulfinanzierung - Ausweg aus der Unterfinanzierung"

Vier Thesen anlässlich der Abschlussdiskussion der Tagung am 16. Juli 2008 in Berlin

17. Juli 2008
Von Ralf Fücks
Von Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung

These 1: Die Finanzierung der Hochschulen kann nicht unabhängig von der Studienfinanzierung betrachtet werden.

Die Einführung von Studiengebühren wird die Unterfinanzierung des deutschen Hochschulsystems nicht überwinden. Studiengebühren bringen aber die bisherige Systematik durcheinander: Öffentliche Finanzierung der Hochschulen - private Finanzierung des Lebensunterhalts. Ohne Reform der Studienfinanzierung erhöht die Einführung von Studiengebühren den privaten Finanzierungsanteil und verstärkt die Abhängigkeit von Eltern/Herkunft. Notwendig ist die elternunabhängige Studienfinanzierung, die die Entscheidung für ein Studium und das Studium selbst unabhängig macht von der Herkunft. Die von den Grünen (BAFF) und von der Heinrich-Böll-Stiftung (Studentensalär) vorgeschlagene kreditfinanzierte Studienfinanzierung ist zusätzlich zu Studiengebühren nicht zumutbar und politisch nicht durchsetzbar. Wir müssen deshalb über andere Begründungen und Modelle der Studienfinanzierung nachdenken, zum Beispiel über eine elternunabhängige, nicht status- sondern grundsichernde Bildungsfinanzierung nach schwedischem Vorbild (40 Prozent Zuschuss, 60 Prozent Darlehen), die allen Erwachsenen für Bildungsprozesse zur Verfügung steht.

These 2: Wir brauchen für die Hochschulfinanzierung Kooperation und fairen Wettbewerb.

Die Erfahrung zeigt, dass die Verstärkung des Wettbewerbs zwischen den Ländern durch Ausrichtung an bildungsökonomischen Parametern von Aufwand und Ertrag die koordinierte Finanzierung des Hochschulsystems nicht fördert. Notwendig ist ein fairer Wettbewerb der Länder. Dazu braucht es eine durch Mischfinanzierung gesicherte gemeinsame Prioritätensetzung von Bund und Ländern. Vorbild ist die von Bund und Ländern vereinbarte gemeinsame Finanzierung des Hochschulpakts I, der die Verteilung der Mittel/Lasten auf die Länder durch den Königsteiner Schlüssel normiert. Dieser Schlüssel könnte auch für einen Hochschullastenausgleich genutzt werden.

These 3: Der für Oktober angekündigte Bildungsgipfel muss die Priorität von Bildung durch Verabredung einer gemeinsamen Finanzierung sicherstellen.

Der Bildungsgipfel von Bund und Ländern muss den Hochschulpakt II für die in den Jahren 2011-2015 erwartete Nachfrage nach Studienplätzen auf den Weg bringen und darüber hinaus die Priorität von Bildung durch gemeinsame Finanzierungsmodelle auf Dauer stellen. Aufwüchse sind auf absehbare Zeit nur durch Beiträge des Bundes zu erwarten. Die könnten durch eine schrittweise Umwandlung der Mittel für den Aufbau Ost in einen Bildungssolidaritätszuschlag erwirtschaftet werden.

These 4: Die Hochschulfinanzierung braucht eine europäische Perspektive.

Auch innerhalb des europäischen Hochschulraums gibt es Disparitäten zwischen den nationalen Hochschulsystemen. Ländern, deren Studierende überdurchschnittlich oft im europäischen Ausland studieren, stehen andere Länder mit einem positiven Wanderungssaldo gegenüber. Die richtige Antwort darauf ist nicht die Einführung prohibitiver Studiengebühren, sondern ein europäischer Hochschullastenausgleich. Das europäische ERASMUS-Programm könnte dafür der Grundstein sein.

Ralf Fücks ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung

Er publiziert in großen deutschen Tages- und Wochenzeitungen, in internationalen politischen Zeitschriften sowie im Internet zum Themenkreis Ökologie-Ökonomie, Politische Strategie, Europa und Internationale Politik.