Auszug aus der Festrede von Julia Kristeva anlässlich der Hannah-Arendt-Preisverleihung 2006
Sehr geehrte Damen und Herren,
Zunächst möchte ich der Jury des Hannah-Arendt-Preises, dem Senat des Landes Bremen und der Heinrich-Böll-Stiftung sehr herzlich für die Ehre danken, mir den diesjährigen Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken zu verleihen; In diesem Jahr, in dem sich der Geburtstag der Philosophin zum hundertsten Male jährt.
Ich möchte gern glauben, dass Sie durch mich hindurch jene rätselhafte Kraft des Arendtschen Werkes willkommen heißen, die ein so genanntes „breites“ Publikum zu berühren in der Lage ist; ein Publikum, das ich – im Sinne Arendts – ein „Publikum der Meinungen“ nennen würde. Ein Publikum jenseits des sich stetig vergrößernden Kreises von „Spezialisten“ mit ihren immer genaueren und getreueren Interpretationen ihrer Texte, wie auch jenseits der jüdischen Community mit ihrer steigenden Aufmerksamkeit für die Spannungen, die das Leben und die politischen Positionen der Philosophin durchziehen. Können wir heute als Mittler wirken zwischen: der Erfahrung dieser Frau, die von sich selber sagen konnte, dass sie durch ihre „Exponiertheit“ zu einem „Treffpunkt und einer konkreten Objektivierung des Lebens“ werden konnte; und eben dieser „Meinungswelt“ die, heute, am Beginn des dritten Jahrtausends, mehr denn je bedacht ist, die Fäden des Politikvertrages, der die Männer und Frauen regiert, in Schwingung zu versetzen: Um die Autorität dessen, was uns (ver)bindet mit der Unberechenbarkeit jedes Einzelnen von uns ebenso zu versöhnen wie die Pluralität der Welt mit dem auf das Urteilen hin ausgelegten Leben des Geistes.
Diese Gedanken stehen hinter meinen heutigen Dankesworten.
Der vollständige Text der Rede von Julia Kristeva steht als Download (7 Seiten, 60 KB, PDF) bereit.