Mexiko: Die Finanzkrise hat schwere Folgen für die Realwirtschaft

27. Januar 2009
Von Emmanuelle Steels
Von Emmanuelle Steels

Als sich Mitte September der Sommer dem Ende neigte, warf eine schwere Erkältung den Finanzmarkt der Weltwirtschaftsmacht danieder, die weltweit Opfer forderte. Daraufhin konnten sich nur wenige mexikanische Kommentatoren verkneifen, das altbekannte Sprichwort zu zitieren, das auf die wirtschaftliche Abhängigkeit Mexikos von seinem Nachbarn im Norden anspielt: „Wenn die Vereinigten Staaten niesen, bekommt Mexiko eine Erkältung.” Das ging soweit, dass Finanzminister Agustín Carstens sich persönlich veranlasst sah, seine eigene Auslegung vorzutragen. „Für Mexiko kommt dabei nicht mehr als ein kleiner Schnupfen heraus“, ließ der ranghöchste Wirtschaftspolitiker wissen. Indessen gerieten die Vereinigten Staaten, Mexikos Haupthandelspartner, in die Rezession. Präsident Felipe Calderón beharrte trotzdem darauf, dass „sich niemand wegen der Krise den Gürtel enger schnallen muss.“

Doch die Regierung kann nicht wegschauen, wenn die Krise bereits über die Grenze sickert. Das Finanzministerium hat die Wachstumsprognosen für 2008 von 2,4 auf 1,8 Prozent gesenkt. Für das dritte Quartal 2008 verzeichnete das Bruttoinlandsprodukt mit einem Anstieg von knapp 1,6 Prozent das geringste Wachstum seit 2005.

In dem Maße, in dem sich die Krise weltweit ausbreitete, bekam auch Mexiko die Anzeichen des wirtschaftlichen Abschwungs zu spüren. Unbeeindruckt von politischen Verlautbarungen, die eine Beruhigung vorhersagten, lösten die schlechten Daten verschiedener Wirtschaftsindikatoren, wie die ansteigende Arbeitslosigkeit, eine nachlassende Industrietätigkeit oder der Rückgang der Rimessen, Besorgnis aus.

Kein Grund für Optimismus

Langsam begann man zu ahnen, dass auch Mexiko nicht gegen die Krise gefeit sein würde. Nach und nach verdichteten sich die Stimmen renommierter Ökonomen zu einem Chor, der warnend in die Vorhersagen internationaler Organisationen einstimmte. Der Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften Joseph Sitglitz riet den lateinamerikanischen Regierungen „nicht allzu optimistisch zu sein“, da seiner Meinung nach die Krise „ungeheure“ Auswirkungen auf ihre Länder haben werde.

Im Fall Mexikos ging er davon aus, dass diese aufgrund der „engen Handelsbeziehungen zu den Vereinigten Staaten“ eher langfristiger Natur sein würden. Und im November 2008 prognostizierte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem halbjährlich erscheinenden Bericht OECD Economic Outlook Mexiko für 2009 sein bisher niedrigstes Wachstum, und zwar 0,36 Prozent – eine Vermutung, der sich die mexikanische Zentralbank anschloss. Das Finanzministerium versuchte hingegen, seine Vorhersage von 1,5 Prozent für dieses Jahr aufrecht zu halten.

Nach OECD-Angaben wird sich die Wirtschaft ab 2010 langsam erholen und um 1,8 Prozent zulegen. Gleichzeitig geht die Organisation aber auch davon aus, dass Mexiko das Mitgliedsland mit den stärksten Einbußen auf dem Arbeitsmarkt sein wird. Der türkische Ökonom Nouriel Roubini (der seinen internationalen Ruf als Kassandra Lügen strafte, weil er als Einziger bereits vor Jahren vor der Rezession gewarnt hatte) bestätigte, dass für die Wirtschaft eines Schwellenlandes ein geringeres Wachstum als üblich gleichbedeutend mit einer Rezession sei, „weil die Armut ansteigt.“ Was auf Mexiko zuträfe.

Im dritten Quartal brachen alle Deviseneinnahmequellen weg: der Export, die Rimessen und der Tourismus. Und der Oktober schloss mit schlechten Nachrichten ab: Die Landeswährung stürzte ab, die Inflation schnellte in die Höhe, die Kredite schmolzen dahin und die mexikanische Börse erlebte den schwärzesten Monat des Jahres. Die mittelfristigen Auswirkungen sind nicht abzusehen; mit einer Erholung ist möglicherweise erst in zwei Jahren zu rechnen.

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