Julia Friedemann, Technische Universität Dresden
Das heutige Verkehrssystem verursacht – neben positiven Effekten – vielfältige negative Auswirkungen auf die Umwelt. Im gesellschaftspolitischen Kontext ist dabei nicht nur die Frage relevant, welche und wie viele positive und negative Effekte entstehen, sondern auch, wie sich diese Auswirkungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen, Regionen oder in der Zeit unterscheiden, d. h. welche Verteilungswirkungen auftreten.
Eine nachhaltige Verkehrsentwicklung kann nur gelingen, wenn derartige Aspekte in Verkehrsplanungsaktivitäten berücksichtigt werden. Aktuell bestehen in diesem Bereich jedoch Defizite – explizit werden Verteilungswirkungen in der deutschen Verkehrsplanung bisher an keiner Stelle ermittelt.
Das Promotionsvorhaben setzt an diesem Punkt an. Es wird ein Planungsinstrument entwickelt, welches eine nach sozialen Gruppen, nach Regionen oder in der Zeit differenzierte Analyse der durch verkehrliche Maßnahmen (z. B. weiche Maßnahmen wie ÖPNV-Förderung, Internalisierungsmaßnahmen, Infrastrukturprojekte, u. a.) hervorgerufenen externen Kosten erlaubt.
Ein derartiges Planungsinstrument kann die öffentliche Diskussion insofern bereichern, dass erstmals strukturiert Gewinner und Verlierer einer Planungsmaßnahme identifiziert werden können. Für Entscheidungsträger erhöht sich überdies die Transparenz über eventuell auftretende Widersprüche hinsichtlich gleichzeitig verfolgter sozial- oder umweltpolitischer Zielsetzungen.
Konkret sind für die Bearbeitung des Vorhabens folgende Arbeitsschritte notwendig:
- In den USA und zunehmend auch in anderen Ländern werden Fragen der ungleichen Verteilung von Umweltbelastungen, aber auch von Mobilitätsmöglichkeiten unter dem Schlagwort der environmental justice research (Umweltgerechtigkeitsforschung) diskutiert. Bisher erfolgte dabei weder eine Monetarisierung der Umweltwirkungen, d. h. eine Berechnung der externen Kosten, noch wurden verursacherseitige Verteilungswirkungen systematisch einbezogen. Trotzdem können die dort entwickelten Methoden und Konzepte als Grundlage des hier entwickelten Instruments dienen, so dass sie einleitend analysiert und hinsichtlich ihrer Relevanz für das Promotionsvorhaben bewertet werden.
- Im nächsten Schritt werden geeignete Methoden der Umweltgerechtigkeitsforschung mit etablierten Berechnungsansätzen zur Ermittlung externer Verkehrskosten verknüpft, um verursacher- und betroffenenseitige Verteilungswirkungen detailliert ermitteln zu können. Dort, wo Ansätze zur Zuordnung der externen Kosten auf Verursacher oder Betroffene fehlen, werden geeignete Verfahren selbst erarbeitet. Für jeden externen Effekt wird analysiert, inwiefern die jeweils benötigte Datenbasis verfügbar ist. Für Grobplanungen oder kleinere Projekte werden zusätzlich Vereinfachungsmöglichkeiten erarbeitet. Ziel dieses Hauptteils ist es, detaillierte Vorgaben für die Durchführung einer Verteilungswirkungsanalyse auszuarbeiten, welche direkt in der Planungspraxis angewendet werden können. Diese Vorgaben werden abschließend in einem Excel-Tool umgesetzt, welches die Durchführung von Verteilungswirkungsanalysen unterstützt.
- Abschließend werden das entwickelte Planungsinstrument und das Excel-Tool auf ihre Praxistauglichkeit überprüft, indem erstmals eine Verteilungswirkungsanalyse für ein reales Verkehrsplanungsprojekt durchgeführt und ausgewertet wird.