Wer in den USA Wahlen gewinnen will, ist auf die Sympathie der Minderheiten angewiesen
„Was bei den Leute auf der Straße ankommt“, beschreibt Michael Steel, der erste schwarze Vorsitzende der Republikanischen Partei, die Stimmung unter den Hispanics, „ist: die wollen uns nicht.“ Entsprechend intensiviert die Partei ihre Bemühungen, hispanische Wähler anzusprechen. Der Erfolg der in weiten Teilen fremdenfeindlichen Tea Party droht zum Handicap für die Republikanische Partei werden.
Genau auf diesen Effekt setzen die Demokraten. Die Mehrheit der nicht-weißen Wähler neigt ohnehin stärker zu den Demokraten. Obama erhielt bei den Präsidentschaftswahlen 2008 rund 67 Prozent der hispanischen Stimmen. Angesichts der aktuell schlechten Umfragewerte stehen die Demokraten allerdings vor dem Problem, diese entscheidende Wählerschaft zu mobilisieren. Eine Reihe von Wahldistrikten im Norden, die Obama für die Demokraten gewonnen hatte, droht so bei den anstehenden US-Kongresswahlen im November verloren zu gehen.
Wachsende Verdrossenheit über die Politik der Parteien und ihres politischen Personals, fehlende Mobilisierung des demokratischen Wählerpotentials bei gleichzeitiger politisch-ideologischer Polarisierung sind die vorherrschenden Trends, die sich derzeit eher gegen die regierenden Demokraten wenden.
Eine für die Demokraten wichtige Wählergruppe sind die Afroamerikaner. Von ihnen trugen 95 Prozent zum Wahlsieg Obamas bei. Diese eindrucksvolle Zustimmung täuscht jedoch darüber hinweg, dass seine Person bei den Schwarzen nicht unumstritten ist. Die Hoffnungen, die Schwarze in seine Präsidentschaft setzten, waren groß. Die Enttäuschung über das Erreichte ist es auch.
Die Bürgermeisterwahlen in der Hauptstadt Washington vom 14. September sind ein gutes Beispiel für das schwierige Verhältnis schwarzer Politiker zu ihrem Elektorat. “Die meisten Bürger sind sich darin einig, dass die Stadt gut vorankommt. Warum sieht es dann so aus, als verliere (der schwarze) Bürgermeister Adrian Fenty seinen Job?“ fragte Robert McCartney von der Washington Post am Vorabend der Wahl. Fenty hatte große Fortschritte gemacht in der Stadtsanierung und im Bildungsbereich. Auch die Mordrate ist gesunken. Die Fortschritte der Sanierung sind aber überwiegend den Wohlhabenden und neu Zugezogenen zugutegekommen. Viele der ärmeren, meist schwarzen Haushalte werden verdrängt. Der Anteil der Schwarzen in der Hauptstadt ist von 60 auf 50 Prozent gefallen.
Inzwischen ist die Wahl entschieden: Adrian Fenty muss sich nach einem neuen Job umsehen. Sein Nachfolger, der Demokrat Vincent Gray, wird es nicht leicht haben. Die Wirtschaftsmisere hat die schwarze Bevölkerung auch in Washington härter als alle anderen Bevölkerungsgruppen getroffen. Fünfzig Jahre nach der Bürgerrechtsbewegung haben die Afroamerikaner die Chancen der politischen Gleichstellung nutzen können. Ihre wirtschaftliche Benachteiligung bleibt aber weiterhin ein brennendes gesellschaftliches Problem.
Klaus Linsenmeier ist Büroleiter des Büos der Heinrich-Böll-Stiftung in Nordamerika, Washington