Die Midterm Elections sind auch ein Test für die Tea Party

Tea Party, Foto: Susan E Adams, Flickr.com  Dieses Bild steht unter einer Creative Commons Lizenz.

26. Oktober 2010
Von Klaus Linsenmeier
Die Tea-Party Bewegung ist die aktuellste konservativ-populistische Bewegung in den USA. Nach dem Sieg von Barack Obama, der seinen Erfolgt weitgehend seiner Mobilisierungsfähigkeit zu verdanken hat, ist die Tea-Party so etwas wie eine konservative Gegenbewegung der Unzufriedenen. Die Bewegung entstand unmittelbar nach dem Amtsantritt von Präsident Obama. Wie alle populistischen Bewegungen ist sie extrem heterogen und widersprüchlich in Bezug auf ihre politischen Aussagen. Am ehesten können sich ihre Anhänger auf eine konservative Fiskalpolitik verständigen: „small government“ ist ihr kleinster gemeinsamer Nenner, der mit unerbittlicher Konsequenz vertreten wird.

Die Bewegung ist weitgehend dezentral und hat keine eindeutigen Führer. Ob ihre Aktivitäten den konservativen Republikanern nutzen oder schaden ist weiterhin eine offene Frage: ohne Frage ist die Bewegung in der Lage, das konservative Lager zu mobilisieren, eine wichtige Voraussetzung für einen Wahlerfolg bei den kommenden Midterm Elections am 2. November. Andererseits ist fraglich, ob die von ihr unterstützten Kandidaten von moderaten und unabhängigen Wählern akzeptiert werden. Ohne Zweifel haben sie einen Rechtsruck bei den Republikanern erreicht, es mehren sich aber auch die Stimmen unter den Republikanern, die diese Entwicklung auch im Sinne der künftigen Konkurrenzfähigkeit der Partei in der politischen Mitte kritisieren.

Die Midterm Elections werden also auch für die Tea Party ein entscheidender Test sein. Deshalb lohnt sich ein Blick hinter die Kulissen. Hier  finden sich eine Organisationen, die den konservativen Aufbruch der Bewegung für ihre Anliegen zu nutzen wissen:
Die Libertären: Die älteste im Umfeld der Tea-Party Bewegung aktive Organisation ist Freedom Works, die aus der 1984 gegründeten Organisation for a Sound Economy hervorgegangen ist. Freedom Works ist in der Hauptstadt Washington ansässig und versteht sich als libertäre Organisation. Freedom Works hatte den ersten Erfolg bei den Vorwahlen in Utah zu verzeichnen, wo der langjährige Senator Robert F. Bennet von seinem konservativen Gegner Mike Lee geschlagen wurde. Freedom Works hat auch die umstrittene Kandidatin in Delaware Christine McDonnald unterstützt. Die Organisation hat bislang etwa eine Million Dollar im Wahlkampf ausgegeben und zählt etwa eine Million Mitglieder.

Die Reichen: Americans for Prosperity hat sich 2004 von den Citizens for a Sound Economy abgespalten. Die Organisation wird weitgehend finanziert von dem Milliardär David Koch und dessen Bruder Charles. Die medienscheuen Koch-Brüder  gehören zu den reichsten Unternehmern der USA und sind bekannt für die Finanzierung rechter Gruppierungen. Der Präsident der Organisation ist Tim Phillips, konservativer Strategist und Mitbegründer der Politikberatungsfirma Centery Strategies. Dank der großzügigen Finanzierung durch David Koch konnte die Organisation bisher etwa 30 Millionen Dollar in die Tea-Party Bewegung investieren. Gemeinsam mit Freedom Works üben die Americans for Prosperity durch Finanzierung und Networking erheblichen Einfluss auf die Tea-Party Bewegung aus. Americans for Prosperity hat etwa 1,5 Millionen Mitglieder.

Die Trittbrettfahrer: Tea Party Nation ist im April 2009 von dem Juristen Judson Phillips in Nashville gegründet worden. Die Organisation organisierte dort im Februar 2010 die erste Tea-Party convention. Die Versammlung traf auf riesiges Medieninteresse, auch  wegen des Auftritts des Superstars der Bewegung, der ehemaligen Gouverneurin von Alaska, Sahra Palin. Die Gruppe kam seither unter Druck, da sie wohl eher auf eigennützigen Motiven auf den Tea-Party -Zug aufgesprungen ist. Der Eintritt zur Teilnahme an der  Convention betrug  549 Dollar. Sahra Palin erhielt für ihre Rede 100.000 Dollar, ein Betrag der viele Graswurzler gegen die Organisatoren aufbrachte. Phillips nahm bislang zwei weitere Anläufe für eine Folgeveranstaltung in Las Vegas. Beide Ankündigungen wurden aber mangels Publikumsinteresse gestrichen. Hinsichtlich der Mitgliederzahl (etwa 30.000) und ihrem finanziellen Potential (1 Million Dollar), ist dürfte die Bedeutung der Organisation eher abnehmen.

Die Aktivisten: Eine der interessantesten Erscheinung in der Szene ist sicher der Tea Party Express. Im Februar 2009 gegründet führt die Organisation regelrechte Kreuzzüge in den Vorwahlen durch, in denen sie den Sturz der Kandidaten des republikanischen Parteiestablishements betreibt und konservative Gegenkandidaten fördert. Allein in den Wahlkampf von Christine O’Donnells (Delaware)  hat die Organisation fast eine viertel Million Dollar investiert. Zuvor hatte der Express in Alaska Stop gemacht. Auf der Strecke blieb die moderat-konservative Senatorin Lisa Murkowski, die mit Sahra Palin eine langjährige Feindschaft verbindet. Insgesamt 600.000 Dollar wurden investiert, um dem weithin unbekannten Gegenkandidaten Joe Miller zum Sieg bei den Vorwahlen zu verhelfen. Eine halbe Million investierte der Express in den schließlich erfolgreichen, Wahlkampf von Sharon Angel in Nevada. Angle ist vor allem durch ihre Bemühungen bekannt geworden, das Umwelt- und das Erziehungsministerium abzuschaffen. Seit ihrer Wahl darf der um seine Wiederwahl bangende Senator und Mehrheitsführer Harry Reid wieder hoffen, ein weiteres Mal in den Senat einzuziehen. Der Tea Part Express pflegt sein Graswurzel Image, auch wenn es immer wieder zu Konflikten mit lokalen Gruppen kommt, die sich beider Auswahl der Kandidaten übergangen fühlen. Der Gründer, Sal Russo ist ein Profi. Er war langjähriger Mitarbeiter der Republikaner und beitreibt heute eine Politikberatungsfirma in Sacramento/Kalifornien. Der Express zählt etwa 400.000 Mitglieder und hat bislang  4,2 Millionen, offenbar erfolgreich, in die Vorwahlkämpfe investiert.

Die Nachzügler: Erst im Juni 2009 wurden die Tea Party Patriots gegründet. Die Patriots, gegründet von der Hausfrau  („stay at home mom“) Jenny Beth Martin, und dem Rechtsanwalt Mark Meckler aus Sacramento. Time Magazin bezeichnete Martin als eine der 100 einflussreichsten Personen im rechten Spektrum. Die Patriots sind weitgehend eine Föderation von lokalen Organisationen, die sich hauptsächlich auf Vernetzung ihrer Mitglieder kümmert. Über die Zahl ihrer Mitglieder schweigt sich die Gruppe aus, angeblich hat sie 2800 Mitgliedsgruppen. Der Etat ist mit einer halben Million für amerikanische Verhältnisse eher bescheiden.

Für die Tea-Party Aktivisten sind die Midterm Elections ein wichtiger Test. Dann wird sich zeigen, ob die Bewegung zerfällt oder ob es ihr gelingt nachhaltigen Einfluss auf die amerikanische Politik auszuüben. Der konservative Populismus ist keine neue Erscheinung in der amerikanischen Politik. Bislang hat das Zweiparteiensystem die Gründung einer weiteren rechts-konservativen Partei jedoch verhindert. Alle bisherigen Versuche sind an den Widersprüchen des eigenen Populismus gescheitert.

Kurzbiografie

Klaus Linsenmeier

wurde 1953 geboren. Er studierte Volkswirtschaftslehre und Soziologie in Berlin und Freiburg im Breisgau. Im Anschluss absolvierte er ein MBA-Studium in Hagen/Wales. Seit den 1980ern engagiert er sich in der Entwicklungs- und Menschenrechtspolitik. Zunächst war er bei medico international tätig, dann ab 1989 als Mitarbeiter bei  Buntstift in Göttingen und als Mitglied des Vorstandes im Stiftungsverband Regenbogen in Dortmund. Von 1997 bis 2009 arbeitete Klaus Linsenmeier für die Heinrich-Böll-Stiftung als Leiter der Auslandsabteilung. Seit 2009 ist er Leiter des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Nordamerika, Washington.

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