Am heutigen Dienstag stellte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle auf dem Rohstoffkongress des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung vor: Sie soll die Versorgung deutscher Unternehmen mit mineralischen und nicht-energetischen Rohstoffen für strategische Zukunftstechnologien sichern. Die Heinrich-Böll-Stiftung kritisiert den Mangel an Kohärenz mit entwicklungs- und klimapolitischen Zielen und fordert verbindliche Standards und Regulierung im Rohstoffsektor.
"Die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung steht in krassem Widerspruch zu ihren Zielen etwa in der Klima- oder Entwicklungspolitik", kritisiert Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung. "Während auf der einen Seite für eine klimapolitische Trendwende gestritten und Armut bekämpft wird, verfolgt die Bundesregierung mit der Rohstoffstrategie eine Industriepolitik, die den fossilen Pfad forciert. Es fehlen Regulierungsansätze im Rohstoffsektor, die Entwicklungschancen rohstoffreicher Länder fördern. Stattdessen liegt nun eine inkohärente Strategie vor, die Menschenrechte, ökologische und soziale Kriterien missachtet."
Auch internationale Rohstoffexperten und langjährige Projektpartner der Stiftung kritisieren das neue Konzept. Silas KpananAyoung Siakor, Direktor des Sustainable Development Instituts in Liberia und Gewinner des Goldman Environmental Awards 2006, befürchtet, dass die Ziele nationaler Armutsbekämpfung in rohstoffreichen Entwicklungsländern unterminiert werden: "Es besteht die Gefahr, dass Deutschland im Zuge der Unterstützung deutscher Unternehmen bei der Sicherung ihres Rohstoffbedarfs schlechte Regierungsführung und die Verletzung von Menschenrechten ignoriert." Den Wettlauf mit China und anderen Schwellenländern um den Zugang zu strategischen Rohstoffen beurteilt er kritisch: "Wenn Deutschland weiterhin behaupten will, nachhaltige Entwicklung in rohstoffreichen Ländern zu unterstützen, dann muss es dafür verbindliche Kriterien in seine Instrumente der Außenwirtschaftsförderung aufnehmen oder den Unternehmen vorschreiben, die an der deutschen Börse notiert sind."
Samuel Nguiffo, Direktor des Center for Environment and Development in Kamerun und Träger des Goldman Environment Award 1999, sieht zudem Zielkonflikte mit Umwelt- und Klimaschutzzielen: "Deutschland setzt seine internationale Vorreiterrolle beim Klimaschutz und bei grünen Technologien aufs Spiel, wenn deutsche Unternehmen mit Investitionen im Bergbausektor Waldschutz gefährden."
Zwar benennt die neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung u. a. die Herstellung von Transparenz und Good Governance bei der Rohstoffgewinnung als Kernziel. Doch die ressortübergreifende Verankerung und damit die Kohärenz entwicklungspolitischer Ziele wird lediglich für die Themen Wissenschaft und Forschung benannt.
Kommentare und Analysen:
Kommentare internationaler Rohstoffexperten sowie eine Analyse der deutschen Rohstoffstrategie können Sie nachlesen unter www.boell.de .
Interviews:
Silas KpananAyoung Siakor (Direktor des Sustainable Development Instituts in Liberia) und
Samuel Nguiffo (Direktor des Center for Environment and Development in Kamerun) stehen für Telefoninterviews zur Verfügung.
Silas KpananAyoung Siakor, M +353 86 256 2661, E ssiakor@sdiliberia.org
Samuel Nguiffo, M +237 999 52849, E snguiffo@yahoo.fr
Veranstaltungshinweis:
"Deutschlands Run auf die Ressourcen. Wie sichern wir unseren Rohstoffbedarf?"
Eine kritische Debatte zur Rohstoffstrategie der Bundesregierung
Datum: 2. November, 19.30 Uhr
Ort: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, Berlin
Weitere Infos zur Veranstaltung unter:
https://www.boell.de/calendar/VA-viewevt-de.aspx?evtid=8929
Fachkontakt:
Lili Fuhr, Referentin Internationale Umweltpolitik, Heinrich-Böll-Stiftung,
M 0162 9711976, fuhr@boell.de
Pressekontakt:
Karoline Hutter, Pressereferentin, Heinrich-Böll-Stiftung,
T 030-285 34-202, M 0160-365 7722, E hutter@boell.de
Neue Rohstoffstrategie der Bundesregierung: Böll-Stiftung fordert verbindliche Standards und Regulierung im Rohstoffsektor
26. Oktober 2010
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