Nabweny ist gerade dabei, kleine Setzlinge von Neem-Bäumen zu pflanzen. Ein paar Tage nach dem Pflanzen der Bäume müssen sie mit Kuhmist gedüngt werden, nur so haben die Setzlinge eine Chance in dieser trockenen Gegend, erzählt sie. Nabweny wohnt im Dorf Nasapir in der Karamoja-Region im Nordosten Ugandas, an der Grenze zu Kenia und zum Sudan. "In unserem Dorf gibt es kaum noch Bäume!" erzählt sie weiter. Die Menschen brauchen aber Feuerholz.
Die 58-jährige erinnert sich, dass in ihrer Jugend die Not weniger groß war als heute. Früher hat es mehr Regen gegeben, heute ist es viel trockener, und es gibt auch öfter Sandstürme als Regen. Als es vor kurzem endlich anfing zu regnen, haben wir drei Wochen lang gepflügt und dann Sorghumhirse gesät, denn die wird schnell reif. Aber der Regen hörte so schnell wieder auf, dass die neuen Pflanzen vertrocknet sind, bevor wir die ersten Körner ernten konnten.
Als Kind hat Nabweny nicht unter Hunger gelitten. Ihr fällt es sehr schwer zu akzeptieren, dass sie jetzt, als Mutter, ihren Kindern oft nicht genug zu essen geben kann. Um keinen Tropfen des kostbaren Regenwassers zu vergeuden, haben die Bewohner von Nasapir Kanister am Fuß eines großen Felsens aufgestellt. Bei Regen läuft das Wasser den Felsen hinunter direkt in die Kanister. In kleinen Eimern füllen sich die Menschen das Trinkwasser ab. Es ist eine große Erleichterung für uns, Trinkwasser in der Nähe unserer Häuser zu haben, stellt Nabweny fest.
In vielen Regionen der Welt ist Wasser ein Luxusgut. Bereits heute haben 1,3 Milliarden Menschen nicht ausreichend Zugang zu sauberem Wasser, vor allem in Afrika, Südasien oder Lateinamerika. Bis zum Jahr 2080 könnte diese Zahl auf über drei Milliarden ansteigen. Die Ursachen sind vielfältig. Vor allem liegt es an der industriellen Landwirtschaft, die extrem viel Wasser verbraucht, aber auch an der rasanten Urbanisierung in vielen Ländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas, wo es – besonders in den Armenvierteln – schon jetzt an sauberem Wasser zum Trinken und Kochen fehlt. Seit etwa drei Jahrzehnten verschärft der Klimawandel das Problem. Experten sind sich einig, dass viele ohnehin trockene Regionen, zum Beispiel das südliche Afrika, infolge des Klimawandels noch trockener werden. Auch für den Nahen und Mittleren Osten erwarten Klimaforscher bis Ende des Jahrhunderts deutlich verringerte Wassermengen in den Flüssen. Der Euphrat droht dann 30 Prozent weniger Wasser als heute zu führen, der Jordan sogar 80 Prozent weniger. Für den Libanon rechnen Experten bis 2025 mit einer Abnahme der verfügbaren Wassermenge um 15 Prozent. In Syrien, sagt eine Studie, könnte bis 2025 das verfügbare Frischwasser sogar um 50 Prozent abnehmen. Trockener wird es auch in Nordafrika. Für die Menschen in Marokko sind Dürreperioden im Abstand von etwa zehn Jahren nicht ungewöhnlich, diese haben aber im Laufe der letzten 30 Jahre spürbar an Häufigkeit, Intensität und Dauer zugenommen.
In anderen Regionen, etwa der Sahelzone, ist es schwer vorherzusagen, ob es generell eher mehr oder weniger regnen wird. An manchen Orten verschieben sich die Regenzeiten, anderswo bleiben sie ganz aus. Oder der Regen eines ganzen Jahres fällt innerhalb kürzester Zeit sintflutartig und überschwemmt das Land, während im restlichen Jahr Trockenheit herrscht. Zu viel oder zu wenig Regen kann den Boden auch dauerhaft schädigen, indem fruchtbare Böden fortgespült werden oder das Land versteppt.
Im Ergebnis sinken die Ernten, weil in Afrika Millionen von Kleinbäuerinnen und -bauern auf den Regen angewiesen sind. In Hochgebirgen, zum Beispiel im Himalaja oder in den Anden, lassen höhere Durchschnittstemperaturen die Gletscher schrumpfen. Deren Schmelzflüsse sind jedoch für ganze Regionen von großer Bedeutung. Die Gletscher speichern Niederschläge in Form von Eis. In trockenen Zeiten speist dann das Schmelzwasser Flüsse und Seen in Gebieten, in denen es oft monatelang nicht regnet. Tauen nun die Gletscher wegen des Klimawandels ab, führen die Flüsse zunächst mehr Wasser als üblich und können über die Ufer treten. Langfristig aber bedeuten schrumpfende Gletscher insgesamt weniger Schmelzwasser oder gar ein komplettes Versiegen der Flüsse. Im Himalaja schrumpfen die Gletscher sichtlich. In einigen Jahrzehnten könnten die Pegelstände großer Flüsse wie Indus, Mekong, Jangtse und Ganges absinken. Die Folgen wären gravierend – beispielsweise im indischen Bundesstaat Punjab, der "Kornkammer Indiens".
Der dann zu erwartende Rückgang der dortigen Reis- und Weizenernte könnte Indien zu einem "Nettoimporteur" von Grundnahrungsmitteln machen. Auch die Trinkwasserversorgung der großen Städte wie Patna oder Kolkata ist in Gefahr. Sie decken heute fast drei Viertel ihres Trinkwasserbedarfs aus dem Ganges, der sich nach den Prognosen langfristig in einen saisonalen Strom verwandeln und dann nur noch zu bestimmten Zeiten überhaupt Wasser führen könnte. Für die Andenregion rechnen Klimawissenschaftler schon in naher Zukunft mit spürbaren Beeinträchtigungen bei der Trinkwasserversorgung großer Städte oder in der Landwirtschaft, zum Beispiel in Peru oder Bolivien. Zunehmende Wasserknappheit ist auch politisch brisant, etwa wenn die Wasserversorgung mehrerer Länder (oder mehrerer Bevölkerungsgruppen innerhalb eines Landes) von denselben schwindenden Ressourcen abhängt. Der Konflikt in Darfur im West-Sudan ist beispielsweise auch ein Konflikt um knappes Wasser, da Millionen Hektar ohnehin trockenen Weidelandes infolge stetig abnehmender Niederschlagsmengen inzwischen zur Wüste wurden. Auch im indisch-pakistanischen Konflikt um Kaschmir spielt das Wasser des Indus eine Rolle; die umstrittene Region ist für die Wasserversorgung in beiden Ländern von großer Bedeutung.
Mehr Informationen rund ums Klima
- Cancún aktuell in der Rubrik "Klima & Energie"
- Blog: www.klima-der-gerechtigkeit.de
- In Cancún: Kontaktadressen und Veranstaltungen der Stiftung
- Pressemitteilung zu Cancún "Klima-Finanzhilfen ignorieren Menschen- und Umweltrechte"
- Regionale Arbeit zum Thema Klima in der Länderbüros
- Klima-Dossier zu den Verhandlungen in Kopenhagen
Publikation
Klima schützen, Armut verhindern
Der Klimawandel geschieht nicht erst morgen, er passiert schon heute – und er hat Folgen: Er lässt Ernten vertrocknen, verschlechtert die Trinkwasserversorgung in ohnehin trockenen Gegenden, begünstigt die Ausbreitung von Krankheiten und überschwemmt mit sintflutartigen Regenfällen ganze Regionen.All dies kostet jedes Jahr über hunderttausend Menschen das Leben und gehört auch seit jeher zu den Ursachen von Armut. Neu sind aber Zahl, Heftigkeit und Dauer solch extremer Ereignisse. Und es trifft vor allem Menschen in den Entwicklungsländern, obwohl sie in der Regel am wenigsten und häufig überhaupt nicht zu der Krise beigetragen haben. Den Klimawandel zu begrenzen ist die größte und dringendste Herausforderung dieses Jahrhunderts. Sie geht uns alle an. Und sie lässt sich meistern. Die anschauliche Publikation "Klima schützen, Armut verhindern" von Oxfam Deutschland und der Heinrich-Böll-Stiftung sensibilisiert für diese Aufgabe und sagt, was zu tun ist.