Die Außenbeziehungen der EU in der Energiepolitik

8. Februar 2011
Sascha Müller-Kraenner

Sascha Müller-Kraenner

Europa hat das Potential, seinen Strombedarf langfristig aus erneuerbaren Energien zu decken. Bisher fehlen allerdings wichtige wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen sowie die finanziellen Mittel, um dieses Ziel zu erreichen. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat vorgeschlagen, durch die Verankerung einer Europäischen Gemeinschaft für Erneuerbare Energien (ERENE) in den Europäischen Verträgen die institutionellen Voraussetzungen für eine kohärente Förderung der erneuerbaren Energien in Europa zu schaffen.

Das vorliegende Politikpapier untersucht, welche Relevanz die europäische Kooperation für die Förderung der erneuerbaren Energien hat. Dabei liegt der Schwerpunkt dieses Papiers auf der Fragestellung, wie eine Kooperation mit Drittstaaten, vor allem aus der unmittelbaren Nachbarschaft der EU, zur Versorgung Europas mit erneuerbaren Energien beitragen kann. Das Politikpapier liefert eine Bestandsaufnahme bestehender energiepolitischer Kooperationsinstrumente und Governance-Strukturen und schlägt eine sinnvolle Weiterentwicklung vor.

Ausgangspunkt sind zwei Neuerungen aus dem Lissabon-Vertrag: die Einfügung eines neuen Energiekapitels und die Stärkung des außenpolitischen Instrumentenkastens durch die Einführung des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Der Lissabon-Vertrag enthält ein spezielles Kapitel über Energie, in dem die wichtigsten Zuständigkeiten und die Gesamtziele der Energiepolitik festgelegt sind: das Funktionieren der Energiemärkte, die Versorgungssicherheit, Energieeffizienz und -einsparungen, die Entwicklung neuer und erneuerbarer Energieträger und die Verknüpfung von Energieverbunden. Zum ersten Mal wird durch einen Solidaritätsgrundsatz gewährleistet, dass im Falle eines schwerwiegenden Versorgungsengpasses in einem Land die übrigen Mitgliedstaaten helfen, das Land mit Energie zu versorgen.

Der neue Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik, der zugleich Vizepräsident der EU-Kommission wird, soll für eine einheitliche Linie in der EU-Außenpolitik sorgen. Die EU erhält somit durch den Vertrag von Lissabon nach außen mehr Gewicht und ein schärferes Profil. Außerdem wird die Tätigkeit der EU durch einen neuen Europäischen Auswärtigen Dienst verstärkt, der sich aus Bediensteten der EU-Institutionen und der Mitgliedstaaten zusammensetzt und den Hohen Vertreter unterstützt.

Ferner wird im Vertrag die Rechtspersönlichkeit der Union verankert. Damit erhält die EU die Möglichkeit, internationale Abkommen abzuschließen und internationalen Organisationen beizutreten. Mit anderen Worten: Die EU wird als Einheit auftreten und handeln können.

Wenn die Europäische Union ihre Energieversorgung perspektivisch auf erneuerbare Energien umstellen möchte, so wird sie dieses Ziel nur im Rahmen internationaler Kooperation erreichen. Eine autarke Versorgung der EU aus erneuerbaren Energiequellen ist weder ökonomisch sinnvoll noch politisch wünschenswert. Die internationale Zusammenarbeit beim Aufbau einer neuen zukunftsfähigen Energieinfrastruktur und der entsprechenden Märkte bietet vielmehr eine Chance zur Revitalisierung des europäischen Projektes und der regionalen Zusammenarbeit über die Grenzen der EU hinaus. Um dieses Ziel zu erreichen müssen die bestehenden Strukturen der Zusammenarbeit mit den Nachbarstaaten der EU sowie weiteren internationalen Partnern auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt werden. Ein geeigneter Zeitpunkt dafür wäre die für Ende 2010 erwartete Veröffentlichung des 2. Strategischen Energieplans der EU.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Analyse richtet sich auf die Schaffung eines gemeinsamen Elektrizitätsmarktes aus EU und ihrer unmittelbaren Nachbarschaft auf Basis erneuerbarer Energien. Nicht Teil dieser Analyse: der zukünftige Importanteil aus anderen Erdteilen und die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen, die dafür geschaffen werden müssten. Schon heute allerdings importiert Europa Biotreibstoffe und deren Grundstoffe aus Südamerika und Südostasien. Dazu kommen könnten zukünftig beispielsweise aus erneuerbarem Strom erzeugter Wasserstoff, Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft und flüssiges Biogas.

Bestandsaufnahme

Die Europäische Union hat Kooperationsvereinbarungen mit allen Staaten in ihrer Nachbarschaft. Darüber hinaus arbeitet die EU mit anderen Staaten auch im Rahmen zahlreicher internationaler Abkommen und Institutionen zusammen. Der wichtigste Hebel der EU, um Ziele und Instrumente der gemeinsamen Energiepolitik auf ihre Nachbarstaaten auszuweiten, bleiben die Beitrittsverhandlungen, die allerdings in den kommenden Jahren wohl nicht über den bestehenden Kreis der Aspiranten ausgeweitet werden dürften. Der European Energy Community Treaty, den die EU vor einigen Jahren mit den Westbalkanstaaten geschlossen hat, bietet die Möglichkeit der Integration der Energiemärkte unterhalb der Schwelle der vollen EUMitgliedschaft. Über die Grenzen Europas hinaus, vor allem mit Blick auf die südlichen Mittelmeeranrainerstaaten, besteht zusätzlich die Möglichkeit enger Kooperation im Rahmen des zu entwickelnden Instrumentariums der UN-Klimarahmenkonvention.

Generelle Kooperation

Die energiepolitische Kooperation der Union mit ihren Nachbarn ordnet sich in bestehende Rahmenwerke der politischen und wirtschaftlichen Kooperation ein. Auch neue vertragliche Regelungen und Förderinstrumente müssen auf diese aufbauen.

Europäischer Wirtschaftsraum (EWR)

Einer der wichtigsten energiepolitischen Partner der Europäischen Union ist und bleibt Norwegen. Norwegen ist heute einer der bedeutendsten Öl- und Gasimporteure in die EU. Zukünftig möchte Norwegen sein hohes Potential an Offshore-Windenergie und Wasserkraft zum Export erneuerbaren Stromes in die EU nutzen. Außerdem plant die norwegische Regierung, ehemalige Gaslagerstätten zur Speicherung von durch CCS-Technologie abgetrennten Kohlenstoff zu nutzen. Die Zusammenarbeit der EU mit Norwegen ist im Vertrag über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR) geregelt. Über das EWR-Abkommen ist Norwegen integraler Bestandteil des Energiebinnenmarktes. Im EWR wurden die Zölle zwischen den Mitgliedstaaten abgeschafft, und es gelten etwa 80 % der Binnenmarktvorschriften der EU. Auch Island, zukünftig Beitrittskandidat der EU, ist Mitglied im EWR.

Beitrittsverhandlungen

Das wichtigste Instrument, mit dem die EU ihre Rechtsordnung auf Partnerländer übertragen kann, bleiben die Beitrittsverhandlungen. Neben der Übernahme des Rechtsacquis treten spezielle finanzielle Hilfen und die sukzessive Einbeziehung der Beitrittskandidaten in die gemeinsame Infrastruktur, beispielsweise in die transeuropäischen Energienetze.

Beitrittskandidaten mit laufenden Verhandlungen sind Island, Kroatien und die Türkei. Island erzeugt den Großteil seiner Elektrizität mit Geothermie und Wasserkraft, ist aber zu weit entfernt, um Strom direkt auf das europäische Festland exportieren zu können. Möglich wäre der Export von Wasserstoff mit Tankschiffen und von energieintensiven Produkten, bspw. Aluminium.

Kroatien besitzt selbst ein hohes Potential für Wind- und Sonnenenergie und ist ein wichtiges Transitland für Energietransporte in den südosteuropäischen und mittelasiatischen Raum. Heute schon ist Kroatien – genauso wie weitere Westbalkanstaaten – einer der wichtigsten Partner der EU bei der Verwirklichung der Nabucco-Gaspipeline. Im Rahmen des European Energy Community Treaty könnte Kroatien auch zum wichtigen Transitland für den grenzüberschreitenden Stromtransport werden.

Die Türkei spielt in allen Überlegungen für eine transeuropäische Energieinfrastruktur eine zentrale Rolle als Energiedrehscheibe. Bisher richten sich die politischen Überlegungen jedoch fast ausschließlich auf die Entwicklung der Öl- und Gastransportinfrastruktur statt auf den erneuerbaren Stromsektor, obwohl die Türkei über ein beträchtliches Potenzial für die Generierung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen verfügt.

Dazu kommen Mazedonien als Beitrittskandidat ohne laufende Verhandlungen sowie Albanien, Montenegro und Serbien, die alle bereits eine Mitgliedschaft beantragt haben, sowie Bosnien-Herzegowina und der Kosovo, die von der EU als weitere potentielle Beitrittskandidaten genannten worden sind.

Nachbarschaftsabkommen

Die Europäische Nachbarschaftspolitik (ENP) wurde im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung im Jahr 2004 entwickelt. Ihr Ziel besteht darin, die Entstehung neuer Trennlinien zwischen der erweiterten EU und unseren Nachbarn zu verhindern und stattdessen Wohlstand, Stabilität und Sicherheit aller Beteiligten zu stärken. Hauptinstrument der Nachbarschaftspolitik sind bilaterale Nachbarschaftsabkommen zwischen der EU und den Staaten Osteuropas sowie des Mittelmeerraumes. Die Nachbarschaftsabkommen formulieren gemeinsam angestrebte Ziele. Darunter fällt in zahlreichen Fällen eine engere energiepolitische Kooperation. Gemeinsame Projekte können durch Finanzierungsinstrumente der EU unterstützt werden. Inzwischen wurde die europäische Nachbarschaftspolitik im Rahmen der »Östlichen Partnerschaft« und der »Mittelmeerpartnerschaft« ausdifferenziert und weiterentwickelt.

Die Östliche Partnerschaft ist ein Assoziierungsabkommen, das die Europäische Union mit Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien, der Ukraine und Weißrussland am 26. Mai 2008 beschlossen hat. Der Gründungsgipfel fand am 7. Mai 2009 in Prag statt. Eines der vorherrschenden Themen während des Gründungsprozesses war die von den Partnerländern empfundene starke Abhängigkeit von russischen Energieimporten und der Wunsch einer stärkeren Anbindung der Energieinfrastruktur an den Westen. Einige Partnerländer, insbesondere Aserbeidschan, Georgien und die Ukraine (sowie zukünftig ggf. Belarus) sind selbst wichtige Energieexporteure oder Transitländer. Das Hauptinteresse der Partnerländer richtet sich jedoch bisher auf die Diversifizierung der Versorgung mit fossilen Energieträgern sowie – im Falle der Ukraine – auf den Ausbau der Kernenergie.

Die Union für den Mittelmeerraum wurde am 13. Juli 2008 durch einen feierlichen Gipfel in Paris gegründet. Sie entwickelt den bisherigen Rahmen der Mittelmeer-Politik der EU weiter, der auf einer EuroMed-Außenministerkonferenz 1995 in Barcelona initiiert wurde (daher auch Barcelona- Prozess). Neben den bisherigen EU-Mittelmeerpartnern Albanien, Algerien, Ägypten, Israel, Jordanien, Libanon, Marokko, Palästinensische Gebiete, Syrien, Tunesien, Türkei und Mauretanien sind auch Bosnien und Herzegowina, Kroatien, Monaco und Montenegro Mitglieder der Union für den Mittelmeerraum. Über eine Ko-Präsidentschaft werden die Länder des Mittelmeerraums verstärkt in die Zusammenarbeit eingebunden. Die starke Projektorientierung der Union für den Mittelmeerraum soll durch die Einrichtung eines Sekretariats in Barcelona gestützt werden.

In der Erklärung des Gipfels zur Gründung der Union für den Mittelmeerraum wurden sechs prioritäre Projektbereiche festgelegt, darunter »Alternative Energien/Solarplan« für den sich u.a. die deutsche und französische Regierung besonders engagieren wollen. Fokus des Solarplans ist der Ausbau erneuerbarer Stromerzeugungstechnologien (z.B. solarthermische Kraftwerke), aber auch die Nutzung von Windkraft und Photovoltaik. Bis 2020 sollen neue Kapazitäten von 20 Gigawatt aus erneuerbaren Energien errichtet werden. Obwohl nicht explizit im Gipfeldokument erwähnt, sollen über den Solarplan auch privatwirtschaftliche Initiativen, wie das Projekt Desertec eines europäischen Firmenkonsortiums, unterfüttert werden.

Kooperation mit Russland und Zentralasien

Mit dem EU-Russlandgipfel am 31.5./1.6.2010 haben sich beide Seiten auf eine »Partnerschaft für Modernisierung« verständigt, bei der die energiepolitische Kooperation und die Bekämpfung des Klimawandels, beispielsweise durch Kooperation in den Bereichen Forschung und Technologie, eine wichtige Rolle spielen. Die Modernisierungspartnerschaft baut auf das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen aus dem Jahre 1994 auf. Zur Unterstützung der Ziele des Partnerschaftsabkommens wurde Anfang der Neunziger Jahre das Förderprogramm TACIS ins Leben gerufen.

Bis heute allerdings, wird die energiepolitische Kooperation mit Russland weitgehend durch bilaterale Zusammenarbeit sowohl staatlicherseits als auch auf Ebene der Privatwirtschaft geprägt. Hauptaugenmerk der Kooperation liegt auf Investitionen und Importvereinbarungen in den Bereichen Öl und Gas. Die klimapolitische Kooperation gewinnt allerdings auch für die russische Seite an Bedeutung. Allerdings steht eine Verbesserung der Energieeffizienz, angesichts der immensen und kostengünstig zu erschließenden Potentiale, bisher im Vordergrund dieser Kooperation. Das Potential für erneuerbare Energien ist in Russland, auch jenseits der Stromerzeugung durch Wasserkraft, enorm. Die nationale Gesetzgebung sowie die Schaffung finanzieller Anreizstrukturen stehen jedoch erst am Anfang.

Die zentralasiatischen Staaten, mit denen die EU im Rahmen von individuellen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen zusammenarbeitet, sind zumindest mittelfristig für den direkten Stromexport in die EU geografisch zu weit entfernt. Die 2007 verabschiedete Regionalstrategie der EU zur Unterstützung Zentralasiens äußert sich nicht weiter zur Zusammenarbeit im Bereich erneuerbarer Energien, erwähnt allerdings die Möglichkeit von Joint-Implementation-Projekten im Rahmen der Klimakonvention.

Golf-Kooperationsrat

Ziel des Kooperationsabkommens zwischen den Ländern des Golf-Kooperationsrates und der Europäischen Gemeinschaft ist die Zusammenarbeit im wirtschaftlichen und technischen Bereich, wobei der Energiesektor natürlich im Mittelpunkt steht. Einige Golfstaaten haben in den vergangenen Jahren ein lebhaftes Interesse an der Entwicklung erneuerbarer Energien gezeigt, was sich auch in der erfolgreichen Bewerbung von Abu Dhabi für den Sitz der IRENA ausdrückt. Allerdings stehen Themen wie die Zusammenarbeit zwischen energiewirtschaftlichen Unternehmen sowie gemeinsame Analysen des Handels mit Rohöl, Erdgas und Erdölerzeugnissen weiterhin im Vordergrund der Zusammenarbeit.

Die Staaten der Golfregion gehören nicht zur unmittelbaren Nachbarschaft der EU. Bei einer Gesamtbetrachtung dürfen sie jedoch nicht fehlen, da sie heute durch den Export von Öl und Gas – vor allem Flüssiggas – schon zu den wichtigen energiepolitischen Partnern Europas zählen, in der internationalen Klimadiplomatie eine wichtige Rolle spielen und zukünftig sowohl in der eigenen Region als auch im Mittelmeerraum als bedeutende Investoren in erneuerbare Energien in Frage kommen.

Energiepolitische Abkommen

Neben den generellen Instrumenten der Zusammenarbeit, mit denen die EU mit ihren Nachbarn kooperiert, sind in den vergangenen Jahren eine Reihe spezifischer energiepolitischer Formen der Kooperation entstanden. Teilweise stammen sie, wie die Europäische Energiecharta, aus der Zeit nach dem Ende des kalten Krieges, als der Versuch unternommen wurde, Regeln für einen gemeinsamen europäischen Energieraum aufzusetzen. Der European Energy Community Treaty dagegen ist ein Ergebnis des Balkanstabilitätspaktes und der Versuch, über den Weg der energiepolitischen Zusammenarbeit regionale Kooperation und Stabilität zu fördern.

Energiecharta-Vertrag

Der Vertrag über eine Europäische Energiecharta (The Energy Charter Treaty, ECT) wurde 1994 unterzeichnet und stellt den Versuch dar, die Freihandelsregeln der Welthandelsorganisation auf den transeuropäischen Energiesektor zu übertragen. Der Vertrag trat 1998 in Kraft und wurde seitdem von 41 Staaten sowie der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet. Die für das Funktionieren des Vertrages zentralen Protokolle zu Investitionsregelungen und zum Energietransit wurden jedoch von den wichtigsten Energieexporteuren Norwegen und Russland nicht unterzeichnet. Im Sommer 2009 beschloss das russische Kabinett den Vertrag auszusetzen. Sowohl Russland (Medwedew-Vorschlag) als auch die EU (Busek/Delors-Papier für eine »Energiegemeinschaft«) haben seitdem mehrere Vorschläge gemacht, Elemente des Energiecharta-Vertrages in ein neues Abkommen oder in das EU-Russland-Kooperationsabkommen zu überführen. Zum Zeitpunkt der Erarbeitung der Energiecharta wurde den erneuerbaren Energien noch geringe Beachtung geschenkt. Allerdings gehören Umwelt- und Klimaschutz zu ihren Zielen. Sollten Elemente der Energiecharta in das EU-Russland- Kooperationsabkommen oder in ein gänzlich neues Abkommen über die paneuropäische Zusammenarbeit im Energiebereich überführt werden, wäre darauf zu achten, dass die Umweltziele gestärkt und die wichtige Rolle der erneuerbaren Energien ausdrücklich erwähnt würde.

European Energy Community Treaty

Mit der European Energy Community (EEC), an dem neben der EU die Staaten des Balkanstabilitätspaktes teilnehmen, wird der EU-Energiebinnenmarkt schon heute nach Südosteuropa erweitert. Der EEC-Vertrag schafft einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Energiemärkte aller Mitgliedstaaten und erweitert den Acquis des Energiebinnenmarktes auf alle teilnehmenden Staaten. Außerdem werden einschlägige Regelungen aus dem Energie-, Umwelt- und Wettbewerbsrecht übernommen. Abgedeckt werden die Märkte für Strom, Gas und Petroleumprodukte. Schon im Rahmen des Stabilitätspaktes wurden der Strom- und Gasmarkt der ehemaligen jugoslawischen Teilstaaten – sowie Albaniens – vereinigt. De facto bedeutet der EEC eine Teilintegration dieser Länder in den EU-Binnenmarkt. Die Ukraine und Moldau haben den Vertrag unterschrieben, müssen ihn aber noch ratifizieren. Die Türkei, Norwegen und Georgien erwägen denselben Schritt.

Momentan ist der EEC das weit reichendste Integrationsangebot im Energiebereich, das die EU ihren Nachbarn macht und bildet eine der ausgeprägtesten Formen der abgestuften Integration. Es böte sich deswegen an, eine Erweiterung und Vertiefung des EEC mit Blick auf die Förderung und Privilegierung erneuerbarer Energieträger zu prüfen.

Regionale Zusammenarbeit im Rahmen internationaler Verträge

Auch globale Abkommen, wie die UN-Klimarahmenkonvention und die regionalen Programme der Vereinten Nationen, gehören zur bestehenden Governance- Struktur, in der sich die erneuerbaren Energien entwickeln werden. Daneben existieren gerade im Bereich der erneuerbaren Energien eine Reihe von Public Private Partnerships (bspw. Renewable Energy & Energy Efficiency Partnership, REEEP), an denen auch europäische Regierungen beteiligt sind, die aber in Zukunft alle in der International Renewable Energy Agency (IRENA) aufgehen werden. Das Verhältnis dieser Institutionen zu einer Europäischen Gemeinschaft für Erneuerbare Energien (ERENE) wäre zu klären.

UN-Klimarahmenkonvention

Im Rahmen der UN-Klimarahmenkonvention verhandeln Industrie- und Entwicklungsländer über die globale Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Dabei ist zu erwarten, dass sich neben den zu vereinbarenden absoluten Emissionsminderungen der Industrieländer auch zahlreiche Entwicklungs- und Schwellenländer auf nationale Emissionsminderungsmaßnahmen (»low carbon development plans«) verpflichten werden. Diese Selbstverpflichtungen werden – soweit mess-, bericht- und verifizierbar – Grundlage für finanzielle Unterstützung durch die Staatengemeinschaft sein. Im Rahmen dieser Verpflichtungen werden sich auch nationale Zielsetzungen für den Ausbau erneuerbarer Energien bewegen. Es ist zu erwarten, dass im Rahmen des zu vereinbarenden Finanzierungsmechanismus für ein neues globales Klimaabkommen auch spezifische Finanzierungsinstrumente zur Förderung erneuerbarer Energien geschaffen werden (s.u.). Bei der Umsetzung der Verpflichtungen der Klimarahmenkonvention werden auch regionale UN-Organisationen, beispielsweise das Umweltprogramm UNEP und das Entwicklungsprogramm UNDP, wichtige Aufgaben übernehmen. Beide Programme führen schon heute umwelt-, klima- und energiepolitische Projekte und Beratungsprogramme in Europa und seiner Nachbarschaft durch und bieten sich deswegen als geeignete Partner für regionale Initiativen zur Förderung der erneuerbaren Energien (bspw. Desertec/Plan Solaire) an.

IRENA

Die International Renewable Energy Agency (IRENA) wurde 2009 gegründet mit dem Ziel, die Einführung und Nutzung erneuerbarer Energien weltweit zu fördern. Sowohl die Europäische Union als auch die Mehrzahl ihrer Nachbarstaaten gehören zu den Gründungsmitgliedern. IRENA möchte innerhalb des internationalen Systems als Lobby für erneuerbare Energien auftreten. Die Organisation wurde vorerst außerhalb des UN-Systems etabliert. Sie soll ein Gegengewicht zur Internationalen Energieagentur (IEA) bilden, die sich nach Einschätzung der Gründerstaaten bisher zu wenig für die erneuerbaren Energien eingesetzt hat.

IRENAs Aufgabe wird es sein, sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländern bei der Schaffung eines geeigneten regulatorischen Rahmens und der entsprechenden administrativen und wirtschaftlichen Kapazitäten bei der Erschließung ihres Potentials an erneuerbaren Energien zu helfen. Außerdem wird die Organisation technische Daten bereitstellen sowie den Austausch von Technologie und den besten Vorgehensweisen fördern. Dabei wird IRENA darauf angewiesen zu sein, mit den anderen hier genannten regionalen und internationalen Institutionen und Finanzierungsfonds eng zusammenzuarbeiten.

Finanzielle Zusammenarbeit im Rahmen der Entwicklungsbanken

Zur Finanzierung von Vorstudien, Pilotvorhaben und letztendlich einer gemeinsamen Energieinfrastruktur, die die EU mit ihren Nachbarn verbinden soll, werden neben privaten auch öffentliche Mittel gebraucht werden, die nur zu einem geringen Teil direkt aus den öffentlichen Haushalten der Union, der Mitgliedstaaten bzw. der Partnerländer kommen dürften. Deswegen werden die Weltbank sowie regionale Entwicklungsbanken wie die Europäische Entwicklungsbank EBRD, die Europäische Investitionsbank EIB und die African Development Bank eine entscheidende Rolle spielen. Wichtige Vorentscheidungen darüber, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang die multilateralen Entwicklungsbanken in erneuerbare Energien investieren können, werden in den laufenden Verhandlungen um eine neue globale Klimafinanzarchitektur getroffen. Die EU hat aber schon im Vorfeld die Chance, Förderschwerpunkte und -richtlinien der Entwicklungsbanken, an denen sie selbst finanziell beteiligt ist, stärker auf die Förderung erneuerbarer Energien auszurichten.

Perspektiven

Für die energiepolitische Kooperation der Union mit ihren Partnerstaaten stehen schon heute vielfältige Institutionen und Instrumente zur Verfügung. Diese Instrumente sind es, die vorrangig genutzt werden sollten. Bestehende Abkommen sollten außerdem daraufhin geprüft werden, ob Fragen des Umweltschutzes und der nachhaltigen Nutzung von Energieressourcen der notwendige Stellenwert (unter Maßgabe der EU-Klimaschutzziele) zugemessen wird. Die Novellierung der Europäischen Verträge im Rahmen des Lissabon- Vertrages hat deutlich gemacht, dass die Mitgliedstaaten der Energiepolitik zukünftig einen höheren Stellenwert zumessen möchten. Allerdings wurden bewusst keine zusätzlichen Entscheidungskompetenzen auf die Europäische Kommission übertragen. Trotzdem könnte die Kommission ihre bestehenden Kompetenzen besser zur Politikkoordination nutzen, vorausgesetzt die technische und fachliche Unterstützung würde ausgebaut und institutionalisiert.

Den Erneuerbaren Energien hat die EU durch ihr 2008 verabschiedetes Klimapaket einen wachsenden Stellenwert zugewiesen. Jedoch herrschen zwischen einzelnen Mitgliedstaaten weiterhin Meinungsunterschiede darüber, welchen Gesamtbeitrag die erneuerbaren Energien in welchem Zeitraum leisten können und sollen. In diesem Spannungsfeld könnte die Stärkung der Kompetenzen der Europäischen Union wie z.B. durch die von Michaele Schreyer und Luz Mez vorgeschlagene Europäische Gemeinschaft für Erneuerbare Energien (ERENE) einen Beitrag für bessere wirtschaftliche und rechtliche Rahmenbedingungen sowie nachhaltige Finanzierung für die gewünschten öffentlichen und privaten Investitionen in eine auf erneuerbaren Energien basierende Energieinfrastruktur leisten. Konkret ergeben sich aus der oben erfolgten Bestandsaufnahme und Analyse bestehender Einrichtungen und Formate der Kooperation folgende zusätzliche Empfehlungen für die Verbesserung der EU-Außenbeziehungen im Energiebereich unter besonderer Berücksichtigung einer verstärkten Förderung erneuerbarer Energien.

Koordination nationaler Klimaaktionsprogramme

Eine der größten Herausforderungen für die Schwellen- und Transformationsländer in der unmittelbaren Nachbarschaft der Europäischen Union wird es sein, in den kommenden Jahren nationale Klimaschutzprogramme nach den Vorgaben der UN-Klimarahmenkonvention zu entwickeln und entsprechende Finanzierungspläne aufzustellen. Die Entwicklung erneuerbarer Energien sollte wesentlicher Bestandteil aller nationalen Klimaschutzprogramme sein. ERENE sollte den Nachbarstaaten der EU dabei helfen, die entsprechende Potentiale zur Erreichung ihrer Klimaschutzziele zu erkennen und die Kapazitäten aufzubauen, diese auch zu erschließen. Entscheidend für eine vollständige Integration der erneuerbaren Energien in die Klimaschutzprogramme der Entwicklungs- und Schwellenländer in Europas Nachbarschaft wird es sein, die ökonomische Datenlage in diesem Bereich auszubauen und so Investitionen, entsprechend den Vorgaben der UN, messen, darstellen und verifizieren zu können.

Um den Elektrizitätsbinnenmarkt über die Grenzen der Europäischen Union sinnvoll so zu erweitern, dass der Import von Strom aus erneuerbaren Energien technisch möglich ist, bedarf es außerdem eines gemeinsamen Masterplanes für die zukünftige paneuropäische Energieinfrastruktur. Dabei muss vermieden werden, dass – ähnlich wie heute im Gassektor – einzelne Staaten und Firmenkonsortien parallele und miteinander konkurrierende Infrastrukturprojekte vorantreiben. Die Entscheidung auf kostspielige, aber prestigeträchtige Parallelprojekte zu verzichten, kann letztendlich nur politisch getroffen werden. Was helfen kann, diesen anstehenden Entscheidungen eine rationale Grundlage zu verschaffen, wäre eine bessere Datenlage über zu erwartende Kosten und Nutzeffekte. Dazu in der Lage wäre momentan wohl am Besten die Europäische Kommission mit Unterstützung einer neu zu schaffenden Agentur für Erneuerbare Energien.

Bündelung der Finanzierungsinstrumente

Über nationale Haushalte, den EU-Haushalt und neue internationale Finanzierungsinstrumente im Rahmen der Klimakonvention werden zukünftig erhebliche öffentliche Mittel zur Verfügung stehen, um die gewaltigen benötigten privaten Investitionen in die Umstellung von Europas Stromversorgung auf erneuerbare Energien zu unterstützen. Angesichts bisheriger Erfahrungen einer stark von nationalen Interessen und institutionellen Egoismen geprägten Energiepolitik wird es besonders wichtig sein, die Vergabe aller öffentlichen Mittel – die letztendlich aus den Taschen der gleichen Steuerzahler stammen – zu koordinieren, auf Schwerpunktprojekte zu konzentrieren und an gemeinsamen Zielen und Kriterien zu orientieren. Da nicht absehbar ist, dass Europas Finanzminister die Koordination und Entscheidung über bilaterale und multilaterale Finanzbeiträge zur Bekämpfung des Klimawandels und anderer entwicklungspolitischer Aufgaben auf Gemeinschaftseinrichtungen übertragen werden, bleibt nur, die bisherigen Mechanismen der Geberkoordination im Rahmen des DAC-Ausschusses der OECD gemeinsam mit den Partnerländern in den oben aufgeführten Kooperationsformaten und zukünftig im Rahmen der UNFCCC stärker als bisher zu nutzen, um fachliche Vorgaben und Kriterien zur Förderung der Erneuerbaren zu verankern.

Verbesserung des Rechtsrahmens für den Energiehandel und der Investitionen

Wichtigstes Hindernis für langfristig angelegte Investitionen in eine grenzüberschreitende Infrastruktur für erneuerbare Energien wird voraussichtlich nicht der Mangel an öffentlichen und privaten Investitionsmitteln sein, sondern das Fehlen eines geeigneten rechtlichen Rahmens, um die geplanten Investitionen langfristig abzusichern. Die geeignete Basis dafür bietet der gemeinsame EU-Energiebinnenmarkt, der analog dem European Energy Community Treaty auf weitere Nachbarstaaten erweitert werden sollte. Außerdem benötigen diejenigen Länder, die heute in eine exportorientierte Stromwirtschaft auf Grundlage erneuerbarer Energien investieren sollen, angesichts der zahlreichen konkurrierenden Projekte im Bereich erneuerbarer Energien langfristige vertraglich gesicherte Abnahmegarantien, die allerdings nur privatwirtschaftlich verhandelt werden können. Ähnlich laufender Verhandlungen im Bereich der Öl- und Gaswirtschaft müssen solche Gespräche jedoch staatlich flankiert werden, vor allem im Dialog mit denjenigen Partnerländern in denen in der Energiewirtschaft staatliche Strukturen dominieren.

Bisher wäre die EU-Kommission der geeignete Träger solche Aushandlungsprozesse, ergänzt durch die fachliche Expertise einer neu zu schaffenden Gemeinschaft oder Agentur für Erneuerbare Energien.

Beteiligung der Zivilgesellschaft und lokaler Interessen

Große Infrastrukturprojekte, auch im Bereich der erneuerbaren Energien, können die Interessen lokaler Gemeinschaften und zivilgesellschaftlicher Gruppen berühren. Die EU muss deswegen den Anspruch haben, auch bei grenzüberschreitenden Projekten einen transparenten und partizipativen Entscheidungsprozess sicherzustellen und diesen in der eigenen Praxis (durch Einbindung der europäischen NGO-Netzwerke, aber auch der kommunalen Interessenvertreter) sowie im Dialog mit den Partnerländern realisieren.

Gemeinsame Interessenvertretung in regionalen und internationalen Gremien

Die Bündelung einzelner politischer Initiativen zur Förderung der erneuerbaren Energien, die Schaffung geeigneter rechtlicher Rahmenbedingungen und die Bündelung finanzieller Unterstützung wird nur dann möglich sein, wenn die EU und ihre Partner diese Interessen gemeinsam in internationalen Entscheidungsgremien wie der UNFCCC (für die Berücksichtigung der erneuerbaren Energien in nationalen Klimaschutzprogrammen), der Weltbank (für die Finanzierung) oder der Welthandelsorganisation (für die rechtlichen Rahmenbedingungen) wahrnehmen.

Eine zentrale Rolle dabei kann der neu geschaffene Europäische Auswärtige Dienst spielen. Damit dieses gelingt, müssen die entsprechenden inhaltlichen Kompetenzen innerhalb des EAD geschaffen werden, unter anderem durch die Entsendung von Fachbeamten aus den Umwelt- und Energieministerien der Mitgliedstaaten.

Über den EAD sollte die EU im Vorfeld zukünftiger Verhandlungen der UNFCCC, der WTO und anderer relevanter Entscheidungsgremien ihre Positionen mit ihren Nachbarländern abstimmen, um so gemeinsam auftreten zu können.

Fazit

Insgesamt stehen der EU schon eine Reihe von Instrumenten und vorhandenen vertraglichen Regelungen zur Verfügung, um die Kooperation mit den Partnerländern auch im Bereich der erneuerbaren Energien weiter auszubauen. Grundsätzlich hängt dieses Vorhaben natürlich davon ab, inwieweit das ökonomische Interesse der Partnerländer an einem Ausbau der erneuerbaren Energien und der entsprechenden grenzüberschreitenden Infrastruktur geweckt werden kann. Die Erfahrungen mit Infrastrukturprojekten aus anderen Bereichen (beispielsweise mit dem Projekt der Nabucco-Gaspipeline) zeigen, dass die politischen Entscheidungsprozesse oft zähflüssig vorangehen und dass Auffassungen über die ökonomischen Voraussetzungen oft weit auseinander liegen.

Angesichts dessen, dass die EU in ihren Beziehungen zu ihren Nachbarstaaten weiterhin zu unterscheiden hat zwischen Beitrittskandidaten und anderen, zwischen den Nachbarn im Osten und im Süden sowie zwischen Pionieren der erneuerbaren Energien und Skeptikern, wird auch in diesem Bereich die Zusammenarbeit auf ein System variabler Geometrien aufbauen müssen.

Der Lissabon-Vertrag hat den politischen Stellenwert des Energiethemas gestärkt, ohne dabei zusätzliche Kompetenzen nennenswerter Art auf die Gemeinschaftseinrichtungen zu übertragen. Weitere Vertragsänderungen in diesem Bereich sind auf absehbare Zeiten nicht zu erwarten. Damit sind den Möglichkeiten der Europäischen Union, eine kohärente Energiepolitik gegenüber Drittstaaten zu vertreten, Grenzen gesetzt sind, da sie in wichtigen Bereichen die Politik der Mitgliedstaaten – wie z.B. bei den Finanzierungsinstrumenten – nur koordinieren kann und daher darauf angewiesen ist, dass diese im Zweifelsfall ihre nationalen Interessen hintanstellen. Trotzdem wäre der Mehrwert institutioneller Neuerungen, wie der Schaffung einer Europäischen Gemeinschaft für Erneuerbare Energien, enorm, wenn es gelänge, die vielfältigen vorhandenen Stränge der Kooperation effektiv zu koordinieren, auf internationale Politikprozesse wie die UNFCCC auszurichten und diese fachlich ausreichend zu unterfüttern.

Quellen