Was haben Produktion und Verkauf von Zigaretten und die anschließende Behandlung krebskranker Raucher mit Lebensqualität zu tun? Nichts.
Und doch wertet der traditionelle Wachstumsbegriff, der sich allein am Bruttoinlandsprodukt (BIP) orientiert, alle drei Aktivitäten als Steigerung des nationalen Wohlstands. Wirtschaftswachstum gilt als Selbstzweck, egal um welchen Preis. Umweltschützer haben das seit Jahrzehnten kritisiert – und in den letzten Jahren Unterstützung von prominenten Ökonomen bekommen: "Diejenigen, die unsere Gesellschaften mithilfe des BIP lenken wollen, sind wie Piloten ohne einen verlässlichen Kompass", schreiben etwa die Nobelpreisträger Amartya Sen und Joseph Stiglitz. Auf Initiative der Grünen hat der Bundestag 2010 eine Enquete-Kommission «Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität» eingesetzt, die den Stellenwert von Wachstum in Wirtschaft und Gesellschaft untersuchen und Alternativen für einen umfassenden Wohlstandsindikator entwickeln soll.
Ein anderes Verständnis von Wohlstand muss ökologische und soziale Kriterien berücksichtigen. Der Green New Deal verbindet umweltfreundliches Wachstum mit besserer Gesundheit, mehr Bildung und qualifizierten Arbeitsplätzen. Arbeitskräfte aus den alten Industrien können für grüne Technologien umgeschult werden. Entscheidend aber ist die Entkopplung von wirtschaftlichem Wachstum und Naturverbrauch: die Wirtschaft darf nicht länger wachsen, indem sie die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört.
Die technologische Entwicklung wird helfen, einen Grundkonflikt zu entschärfen, der die grüne Bewegung von Anfang an beschäftigt hat. Ökologen sind keine Verzichtsapostel, die ein freudloses Leben predigen. Es geht um anders produzieren und besser leben. Der polemische Spruch "Atomkraftgegner überwintern bei Dunkelheit mit kaltem Hintern" war schon immer falsch. Der rasante Fortschritt bei den regenerativen Energien macht es nun offensichtlich.
Natürlich löst technischer Fortschritt nicht alle Konflikte zwischen Ökologie und Ökonomie. Mobilität wird auch mit der Bahn Eingriffe in die Landschaft erfordern. Doch mit ihren Konsumentscheidungen können Verbraucherinnen und Verbraucher die Wende zu mehr Ökologie beeinflussen: Der Kauf von regionalen Öko-Lebensmitteln zu fairen Preisen ist ein Schritt weg von der industriellen Landwirtschaft, die regelmäßig zu Skandalen führt. Die Entscheidung für fair gehandelte Kleidung schafft ein Stück weltweite Gerechtigkeit.
Nur wenn es für ökologisch und sozial hergestellte Produkte auch Abnehmer und Abnehmerinnen gibt, ist für Unternehmen der Umstieg auf eine umweltschonende, faire Produktion reizvoll.
"Geiz ist geil" ist Volksverdummung. Gute Qualität, vernünftige Arbeitsbedingungen und ökologische Rücksichtnahme haben ihren Preis. Aber nachhaltiges Konsumieren ist auch bei geringem Einkommen möglich. Dazu ist mehr Aufklärung, Information und Beratung notwendig. Zum Beispiel ist ein selbstgekochtes Mittag aus frischen Lebensmitteln günstiger als eines aus Büchse oder Tiefkühler. Und ein effizienter Umgang mit Energie spart auch bares Geld.
Green New Deal - Die Zukunft beginnt jetzt!
Die Wirtschaft brummt wieder, aber die großen ökologischen und sozialen Fragen bleiben ungelöst: der Klimawandel, die Verknappung natürlicher Ressourcen, die zunehmende Spaltung der Gesellschaft. Die Idee eines "Green New Deal" gibt eine Antwort auf diese Herausforderungen.Lesen Sie weitere Artikel aus unserer Broschüre "Green New Deal".