Die Straße der Enthusiasten: Lebensläufe der Künstler/innen

Lesedauer: 7 Minuten

9. März 2011
(in alphabetischer Reihenfolge)

Andruchowytsch, Juri

(*13. März 1960 in Stanislaw (heute Iwano-Frankiwsk)), ukrainischer Schriftsteller. Begründete 1985 zusammen mit seinen Freunden Oleksander Irwanets und Viktor Neborak die heute schon legendäre literarische Performance-Gruppe Bu-Ba-Bu. Bis heute hat er fünf Gedichtbände sowie fünf Romane veröffentlicht. Andruchowytsch verfasst literarische Essays und übersetzt aus der deutschen, polnischen, russischen und englischen Sprache. Im Jahre 2000 publizierte er in Polen zusammen mit dem polnischen Schriftsteller Andrzej Stasiuk das Band „Mein Europa“ (deutsche Ausgabe: edition suhrkamp, 2004). 2005 ist beim Suhrkamp Verlag sein Roman „Zwölf Ringe“ erschienen, 2006 - „Moscoviada“ und 2008 – „Geheimnis“.

Herder-Preis der Alfred Toepfer Stiftung, Hamburg (2001), spezieller Erich-Maria Remarque Friedenspreis der Stadt Osnabrück (2005) und Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung (2006). Juri Andruchowytsch verfasste aus Anlass des 25. Jahrestags der Reaktorkatastrophe den Essay „Der Stern Absinth. Notizen zu einem verbitterten Jubiläum“.

Harms, Rebecca

(*7. Dezember 1956 in Hambrock bei Uelzen), Filmemacherin, Gärtnerin, Ko-Fraktionsvorsitzende der Grünen/EFA im Europäischen Parlament, Brüssel. Initiatorin des Projekts „Tschernobyl25. Expeditionen“. 

1977 Gründungsmitglied der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg gegen die Atommülllagerung in Gorleben; 1979 Abschlussprüfung als Baumschul- und Landschaftsgärtnerin. 1994-2004 Abgeordnete der Grünen im niedersächsischen Landtag; 1998-2004 Fraktionsvorsitzende im Landtag; seit 1998 Mitglied des Parteirates von Bündnis 90/Die Grünen. 2004-2009 Sprecherin der deutschen Grünen im EP; seit 2009 ist sie Ko-Vorsitzende der Grünen Fraktion, und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie sowie im Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit. Außerdem ist sie Mitglied der Delegation im Parlamentarischen Kooperationsausschuss EU-Ukraine.

Kostenko, Lina

(* 19. März 1930 in Rschyschtschiw, Oblast Kiew.) gehört seit der „Tauwetter“-Periode in der Sowjetunion nach 1956 zu den prominentesten Dichterinnen ukrainischer Lyrik und Prosa des 20. Jahrhunderts. Ihre Werke unterlagen einem langjährigen Druckverbot. Seit 1991 engagierte sie sich in den Tschernobyl-„Expeditionen“ und verfasste aphoristische Gedichte zum Reaktorunfall von Tschernobyl und dessen Folgen für Mensch und Natur.

Auszeichnungen: Staatliche Schewchenko-Prämie, 1987, für Nepowtornist und Marusja Tschuraj; Petrarka-Preis (Italien), 1994

Gedichtbände (Auswahl): Prominnja semli (Проміння землі — Die Strahlen der Erde, 1957); Witryla (Вітрила — Die Segel, 1958); Marusja Tschuraj (Маруся Чурай, Versroman, 1979); Nepowtornist (Неповторність — Unwiederholbarkeit, 1980); Sad netanutschych skulptur (Сад нетанучих скульптур — Garten der unvergänglichen [nichtschmelzenden] Skulpturen, 1986/1987); Berestetschko (Берестечко — Kleine Birke, 1999)

Krementschouk, Andrej

(*2. Mai 1973 in Gorki (heute Nischni Nowgorod)), ist ein russischer Fotograf. Er lebt und arbeitet in Leipzig. Seit 2009 ist er Mitglied der Berliner Fotoagentur „Ostkreuz“. Er absolvierte eine Lehre als Restaurator von Ikonen und Metall-Kunstgegenständen an der Hochschule für Kunst und Restaurierung in Susdal. Von 1991 bis 1995 studierte er in Wladimir am Konservatorium und legte das Diplom als Chorleiter ab. Von 1991 bis 1997 arbeitete er als freischaffender Goldschmied und Restaurator von Ikonen. Andrej Krementschouk studierte Illustration und Kommunikationsdesign mit dem Schwerpunkt Fotografie an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Sein erstes Buch „No Direction Home“ bekam mehrere Auszeichnungen und internationale Aufmerksamkeit.

Neuerscheinung April/ Mai 2011 (Kehrer Verlag, Heidelberg)
Fotobände Andrej Krementschouk:

Einzelausstellungen:

  • 2009: Kunstverein Recklinghausen
  • 2009: Galerie Clara Maria Sels, Düsseldorf
  • 2009: Filipp Rosbach Galerie, Leipzig

Gruppenausstellungen u.a. in Hamburg (Deichtorhallen), Berlin (Martin-Gropius-Bau), Kalmar Art Museum, Schweden

Auszeichnungen und Preise:

  • 2009: Deutscher Fotobuchpreis 2010
  • 2007-2008: gute aussichten - junge deutsche fotografie 2007-2008
  • 2007: Projektörderung durch das Kulturwerk der VG Bild-Kunst

Mitglied von „Ostkreuz“, Agentur der Fotografen, Berlin

Fotos von Krementschouk sind im ersten Teil der Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“ zu sehen. 

Morat, Eva

(*1947 in Freiburg), Kuratorin der Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“. Ausbildung zur Buchhändlerin, Geschäftsführendes Mitglied des Vorstandes des Morat-Instituts, 1.Vorsitzende der Freunde des ensemble recherche e.V.

Veröffentlichungen:

  • "Gespräch mit Wolfgang Rihm", in: Brustrauschen. Zum Werkdialog von Kurt Kocherscheidt und Wolfgang Rihm. Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2001.
  • "Kurt Kocherscheidt begegnet Wolfgang Rihm" ebda.
  • "Woman & Landscape by Elfie Semotan", Edition Pension Isabela N° 12, Innsbruck 2007
  • "Das Prinzip Semotan", In: Augenecho. Kurt Kocherscheidt Elfie Semotan Hrsg. Klaus Gallwitz, Arp-Museum Bahnhof, Rolandseck Richter-Verlag Düsseldorf, 2008.
  • "Minimale Haltegriffe. Zu den Skizzenbüchern von Herbert Maier" Edition Braus, Heidelberg, 2009.

Mossmann, Walter

(*1941), Publizist. Aufgewachsen in Freiburg im Breisgau. Studium Germanistik, Soziologie, Politische Wissenschaft in Freiburg, Tübingen, Hamburg. Autor für diverse Medien: Rundfunk und TV, Printmedien, Dokumentarfilm, Theater. Von 1965 bis 1995 auch als Liedermacher in Erscheinung getreten. 1974 Mitbegründer der Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen gegen die Atomkraftwerke am Oberrhein und für erneuerbare Energien. Seit 1992 Arbeit für den Kulturaustausch Deutschland/Ukraine. 1993 der Film «Lemberg. Geöffnete Stadt» mit Didi Danquart (ARTE). 2009 erschien das autobiografisches Buch über die 60er und 70er Jahre: «realistisch sein: das unmögliche verlangen. Wahrheitsgetreu gefälschte Erinnerungen». Lebt in Freiburg.

Walter Mossmann ist einer der Mitinitiatoren des Projekts „Tschernobyl25-Expeditionen“ und neben Eva Morat Kurator der Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“.

Polidori, Robert

(*10. Februar 1951 in Montreal), ist ein kanadischer Architekturfotograf und Fotojournalist. 1980 beendete Polidori sein Studium der Kunst am Antioch College in Yellow Springs (Ohio). Er lebt und arbeitet in New York und Paris. 1988 erhielt er den World Press Award for Art, 1999 und 2000 - den Alfred Eisenstadt Award for Magazine Photography, Architecture.

Einzelausstellungen (Auswahl) 2006: Martin-Gropius-Bau, Berlin 2006: Metropolitan Museum of Art, New York 2005: Peadbody Essex Museum, Salem (USA) 1998: Institut du monde arabe, Paris Gruppenausstellungen u.a. in London (Flowers), New York (Cook Fine Art), Toronto (Nicholas Metivier Gallery), Barcelona (Centre de Cultura Contemporània), Amsterdam (De Appel) Auszeichnungen und Preise: 2006/2007 Deutscher Fotobuchpreis 2002 Alfred Eisenstaedt-Award 1999 Alfred Eisenstaedt-Award 1998 World-Press-Award.

Polidoris Fotos aus Pripyat sind im ersten Teil der Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“ zu sehen.

Sirota, Alexander

(*7. Juni 1976, in Kiselivka, Gebiet Khersony, Ukraine), Chefredakteur von Pripyat.com, Vizepräsident der Internationalen öffentlichen Organisation "Center Pripyat.com", Fotograf, Journalist, Filmemacher. Sirota schreibt in Russisch und Ukrainisch. Als ehemaliger Bewohner der Stadt Pripjat und einer der Augenzeugen und Opfer der Tschernobyl-Katastrophe hat er der Stadt Pripjat und Tschernobyl den größten Teil seiner Artikel, Foto-und Video-Reportagen gewidmet. Im Mai 2008 wurde er auf dem Internationalen Filmfest Kiew mit dem „Goldenen Georg“ ausgezeichnet. Seit 2008 ist Sirota Mitglied des Journalistenverbands der Ukraine. Alexander Sirota beriet die Kuratoren der Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“ und stellte Fotografien aus dem Fundus von Pripyat.com zur Verfügung.

Veklenko, Oleg

(*17. August 1950 in Russland), Präsident der Internationalen Triennale für Eco-Plakat-und Grafik „Block-4“, Kharkiv, Ukraine. Aufgewachsen in der ukrainischen Stadt Lubny, Gebiet Poltawa, absolvierte Veklenko 1972 das Kharkiver Art-Industrial-Institut (jetzt Staatliche Hochschule für Design und Kunst, Kharkiv) und hat dort anschließend einen Lehrstuhl bekommen. Seit 1993 ist er Professor an der Staatlichen Hochschule für Design und Kunst, Kharkiv, 2000-2004 Leiter der Abteilung Grafik-Design, 1986 Staatlich ausgezeichneter Künstler der Ukraine, 1998 und 2004 Jury-Mitglied der Golden Bee Moscow International Graphic Design Biennale. Neben der Lehre arbeitet Veklenko im Bereich Grafik-Design und Zeichnung. Vielfach national und international ausgestellt (z.B. in Russland, Polen, Finnland, Slowakei, Kanada, Großbritannien, Dänemark und den USA), erhielt Veklenko für seine Werke zahlreiche Auszeichnungen und Diplome. Aus der Sammlung der Triennale stellte Oleg Veklenko Plakate für die Ausstellung „Die Straße der Enthusiasten“ zur Verfügung.

Dossier

Tschernobyl 25 – expeditionen

Am 26. April 1986 explodierte der Atomreaktor in Tschernobyl. Nicht nur Teile der Ukraine, Weißrusslands und Russlands wurden verstrahlt. Die radioaktive Wolke überzog halb Europa. Die Katastrophe war aber nicht nur eine ökologische. Die Entwicklung der Kultur einer ganzen Region wurde unwiderruflich gestoppt. Die Ausstellung „Straße der Enthusiasten“, Lesungen, Diskussionen und ein internationales Symposium erinnern an den GAU und fragen, ob eine weltweite Renaissance der Atomkraft tatsächlich Realität wird.