Aktuelle Studie zur Zukunft der europäischen Demokratie: „EU muss Bürgern mehr demokratische Selbstbestimmung ermöglichen“

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10. Februar 2012

(Berlin, 10. Februar 2012) Die Antwort auf die Schuldenkrise in der Europäischen Union (EU) muss in einer Stärkung der europäischen Demokratie liegen. Das ist die zentrale Botschaft einer aktuellen Studie der Heinrich-Böll-Stiftung zur Zukunft der europäischen Demokratie, die heute in Berlin vorgestellt wurde. Die EU könne sich nicht nur über ihren ökonomischen Mehrwert legitimieren, sie müsse sich auch an dem Maß demokratischer Selbstbestimmung messen lassen, das sie ihren Bürger/innen ermögliche, so das Fazit der Studie.

Die Autoren Ulrich K. Preuß und Claudio Franzius machen konkrete Vorschläge, wie eine lebendige Demokratie in der EU entstehen kann. Sie plädieren dafür, das Europäische Parlament durch ein Initiativrecht aufzuwerten und die Spitze der EU-Kommission durch das Europäische Parlament zu wählen. Die Handlungsmöglichkeiten der europäischen Parteien müssten gestärkt, ihr Rechtsstatus ausgeweitet, die finanzielle Ausstattung verbessert werden.

Eine Chance für direkte Bürgerbeteiligung sehen die Autoren in der bereits eingeführten Europäischen Bürgerinitiative: Diese soll für mehr Themenbereiche zugelassen werden und rechtliche Bindungswirkung erhalten. Sie fordern, die bürokratischen Hürden für die Einreichung einer Bürgerinitiative zu senken.

Der Schlüssel für eine lebendige Demokratie ist für Preuß und Franzius eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft in politische Entscheidungen. Non-Profit-Organisationen sollen genauso berücksichtigt werden wie die Interessenverbände der Wirtschaft, die derzeit in Brüssel vorrangig Gehör fänden.

„Eine stärkere Zentralisierung der Finanz- und Wirtschaftspolitik muss Hand in Hand mit der Demokratisierung der EU gehen. Wenn folgenreiche Beschlüsse nur zwischen Regierungschefs ausgehandelt und die Menschen vor vollendete Tatsachen gestellt werden, riskiert die Politik die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger für das Projekt Europa“, erklärte Ralf Fücks, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung, anlässlich der heutigen Vorstellung der Studie in Berlin. „Ein neuer europäischer Konvent, der die Errichtung einer europäischen Stabilitäts- und Solidarunion in eine Reform der politischen Institutionen einbettet, bietet die Chance, die auseinander driftenden nationalen Debatten zu bündeln und eine europäische Öffentlichkeit herzustellen.“

Einen Großteil ihrer Legitimation beziehe die EU aus der demokratischen Verfasstheit ihrer Mitgliedstaaten selbst, ergänzte Ulrich K. Preuß, Co-Autor der Studie. „Die Zukunft der europäischen Demokratie wird weiterhin eng an die Entwicklung der Demokratie in den Mitgliedstaaten geknüpft sein. Es gibt deshalb eine gesamteuropäische Verantwortung für die innere Entwicklung der Mitgliedstaaten: Die Gefährdung der Demokratie in einem Land untergräbt die demokratische Glaubwürdigkeit der EU als Ganzes.“

Download der Studie:
"Die Zukunft der Europäischen Demokratie"
Von Claudio Franzius und Ulrich K. Preuß
Band 7 der Reihe Europa
Herausgegeben von der Heinrich-Böll-Stiftung 2012
Die Studie steht zum Download bereit auf
https://www.boell.de/publikationen/publikationen-zukunft-europaeische-demokratie-publikation-13961.html
oder kann postalisch bestellt werden via presse@boell.de .

Dossier: 
„Solidarität und Stärke: Zur Zukunft der
Europäischen Union“: www.boell.de/zukunftdereu

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