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"Global Forum for Food and Agriculture": Hier wächst zusammen, was nicht zusammen gehört

Den Bereich des bloßen „Geschmäckles“ haben Aigner und die Agrar-Abgeordneten der CDU/CSU schon lange hinter sich gelassen. Bei der Union geht es längst nicht mehr um eine bedenkliche Nähe zum Deutschen Bauernverband (DBV), sondern um eine vollständige inhaltliche und personelle Verflechtung. Fast alle relevanten Fachabgeordneten von CDU und CSU sind zugleich Funktionsträger im Deutschen Bauernverband und/oder der Agrarindustrie. Jeder Versuch von Ministerin Aigner, eigene Akzente zu setzen, wird von den DBV-Leuten in der CDU/CSU sofort gestoppt, wie zuletzt beim Tierschutzgesetz eindrucksvoll zu beobachten war.

Das Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) auf der Grünen Woche ist nur ein weiteres Beispiel dafür, wie unter Schwarz-Gelb die Grenzen zwischen Regierung und Agrarlobby verschwimmen. Man könnte die GFFA auf den ersten Blick für eine politische Veranstaltung der Bundesregierung halten. Immerhin findet bei dieser mit 360.000 Euro Steuermitteln finanzierten Veranstaltung auch das Treffen der Agrarminister aus rund 50 Ländern statt. In Wahrheit führen aber auch hier wieder Bauernverband und Agrarindustrie die Feder. Unter dem Zwillingsnamen GFFA Berlin e.V. treten sie als Co-Veranstalter auf. Ziel der gemeinsamen Dramaturgie ist es, die Agrarminister – das ist Aigners Aufgabe – und die Agrarindustrie – das übernimmt der Bauernverband –  beim trauten Tête-à-tête zusammenzuführen.

Dabei bleibt nicht nur die interessierte Öffentlichkeit außen vor, sondern auch NGOs und Vertreter der ökologischen, umwelt- und tiergerechten Landwirtschaft sucht man vergebens. Stattdessen stehen auf der Rednerliste seitens der Wirtschaft Claas, Bayer CropScience, Nestlé, Rabobank und Unilever.

Damit wird einmal mehr deutlich: Bundesministerin Aigner ist die Ministerin der Agrarindustrie. Sie hat mit dem Parlamentarischen Staatssekretär Müller erstmals einen eigenen Exportbeauftragten ernannt, dessen vornehmstes Ziel es ist, Deutschland zum Top-Exporteur für Billigfleisch zu machen. Diese Bundesregierung hat seit 2009 den Export von Tierfabriken mit einer Rekordsumme von über 107 Millionen Euro für Hermesbürgschaften gefördert.

Vor diesem Hintergrund muss man partizipative Scheinrunden wie die Charta für Landwirtschaft, in denen die Ressourcen von NGOs gebunden werden, ohne dass sich die Ergebnisse in der Politik von Aigner nennenswert niederschlagen würden, als Hohn empfinden. Wenn es um die Wurst geht bleiben Bäuerinnen und Bauern genauso außen vor wie die Zivilgesellschaft.

In der CDU/CSU scheint momentan niemand gewillt, sich aus dem Griff des Bauernverbands zu befreien. Auch bei der jüngsten namentlichen Abstimmung zum Tierschutzgesetz haben alle Abgeordneten der Koalition bei einer Enthaltung für den Gesetzentwurf des DBV gestimmt. Für Aigners Vorschlag hat am Ende nicht einmal mehr Aigner selbst gestimmt. Es regiert der Deutsche Bauernverband. 


Friedrich Ostendorff MdB ist stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz und agrarpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen.

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