Die Briten sind Europäer und stolz darauf, sagt der britische EU-Abgeordnete und UKIP-Chef Nigel Farage im Interview mit Mimoza Troni für EurActiv.de. Die EU sei allerdings ein extrem gefährlicher Nachfolger der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts.
Wie hat die EU-Mitgliedschaft Großbritannien am meisten beeinflusst?
Die Korruption der Gesellschaft durch politische Korrektheit: Politische Korrektheit ist die Doktrin, bei der die politische Macht alleine entscheidet, was Gut und was Schlecht ist.
Der Think Tank "Open Europe" nennt viele Vorteile der EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs, besonders in Bezug auf die Automobilindustrie und den Finanzdienstleistungssektor. Kann es sich das Vereinigte Königreich, von einem wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen leisten, die EU zu verlassen?
Natürlich! Open Europe spricht Unsinn. Welche britische Autoindustrie? Es ist kein einziger großer britischer Autohersteller übriggeblieben! Und wenn es um unsere Finanzdienstleister geht: die sind alle unter Belagerung der EU.
Sehen Sie eine akzeptable Alternative für Großbritannien, außer die EU zu verlassen?
Nein, sehe ich nicht!
David Cameron hat ein britisches Veto angekündigt, sollte die EU ihr Budget für den Zeitraum von 2014 bis 2020 erhöhen. Was sind Ihre Gedanken zu Camerons Idee?
Er versucht lediglich, an der Macht zu bleiben und genau das wollen die Eurokraten von ihm. Er ist ihre letzte Hoffnung in Großbritannien.
Was halten Sie von der Möglichkeit, dass es ein Budget für die Eurogruppe und ein anderes für alle Mitgliedsstaaten gibt?
Das ist die nächste Stufe der Auflösung der EU. Immer her damit!
Wie stehen die Briten einer EU-Finanztransaktionssteuer gegenüber?
Das ist einer dieser Angriffe auf unsere Finanzindustrie. Die meisten Finanztransaktionen der EU finden nämlich in London statt.
Wenn die britische Bevölkerung wählen könnte, ob sie in der EU bleibt oder nicht: Welche Ergebnisse würden sie vorhersagen?
Wir würden die EU ablehnen, denn sie kostet uns 150 Milliarden Pfund pro Jahr aufgrund von Verlusten auf dem Weltmarkt, wegen Kosten der EU-Regulierung und wegen direkter Abgaben. Sie hat nicht, wird nicht und wünscht auch nicht, eine demokratische Verantwortung zu übernehmen. Die EU ist ein extrem gefährlicher Nachfolger der totalitären Regime des 20. Jahrhunderts.
Sie haben neulich EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso dafür kritisiert, nicht vom Volk gewählt worden zu sein. Er erwiderte, dass sie es nicht geschafft hätten, in Großbritannien gewählt zu werden und deshalb nach Brüssel gekommen wären. Ihre Antwort darauf?
Lächerlich – aber seine implizierte Geringschätzung für das Pseudo-Parlament der EU ist ehrlich genug. Nichtsdestotrotz wurde ich von zehntausenden gewählt und er wurde bloß von weniger als 600 EU-Fanatikern und Karrieristen von einer Liste, auf der nur er stand, anerkannt.
Vor dem Hintergrund Ihrer Haltung zur EU: Warum sind Sie Mitglied des EU-Parlaments?
Es war der einzige Weg, das Medienembargo der EU in Großbritannien zu durchbrechen. Die Pro-EU Medien müssen so tun, als ob EU-Abgeordnete wichtig wären, weil sie die "demokratische" Tarnung der EU-Kommission sind. Also müssen sie die UKIP (United Kingdom Independence Party) beachten, die 2009 mit 13 Sitzen und zweieinhalb Millionen Stimmen gewählt wurde.
Warum tritt Großbritannien dem Schengener Abkommen nicht bei?
Unsere EU-Parteien würden das liebend gerne tun, aber sie merken, dass sie damit nicht davonkommen würden, jetzt wo ihnen UKIP im Nacken sitzt.
Gibt es so etwas wie eine europäische Identität, die in Großbritannien wächst? Fühlen sich die Briten europäisch?
Wir sind Europäer und stolz darauf. Es ist diese zentralisierte, homogenisierte EU, die anti-europäisch ist.
Dieses Interview wurde zuerst auf der Webseite EurActiv.de veröffentlicht.
Interview: Mimoza Troni
Übersetzung aus dem Englischen: Stephan Lahodynsky, Daniel Tost