Emad Alali, Universität Leipzig

Die Neuformung des brüchigen Menschen in der Nachkriegszeit. Der Beitrag einiger vergessener Dramatiker zum Humanismus-Diskurs

Durch die Trümmer, die das Dritte Reich hinterlassen hatte, entstand im Bewusstsein vieler Zeitgenossen die Notwendigkeit, die menschlichen Normen zu revidieren und den wegen des schrecklichen Elends der Nazi-Verbrechen und des Kriegs ‚brüchigen Menschen‘ neu zu formen. Viele Stimmen haben damals dazu aufgerufen, den Humanismus, der den modernen Menschen sowohl aus den Trümmern des Krieges als auch aus dem Unsinn der Welt ziehen könne, auf der Bühne wieder aufleben zu lassen. Die humanistische Weltanschauung wurde in der Tat in vielen dramatischen Werken adaptiert und thematisiert. Die Thematik und Motivik des Humanismus wurden jedoch so modifiziert, dass sie mit bestimmten kulturpolitischen und religiös-christlichen Ideologien assoziiert wurden. Der Humanismus-Aspekt - trotz seiner besonderen Bedeutung für Literatur, Literaturkritik und Literaturwissenschaft - fand bisher wenig Beachtung. Außerdem beschränkten sich die Untersuchungen, die sich mit diesem Aspekt beschäftigten, auf die kanonisierten Autoren.

Eine Tatsache ist aber, dass es in der deutschsprachigen Literatur viele Autoren gibt, die besonders in der Nachkriegszeit schrieben und die heute in Vergessenheit geraten sind. Ausgehend von diesem Befund soll anhand einer Auswahl von Texten vergessener Dramatiker gefragt werden, welche humanistischen Aspekte sie ihren Dramen gewidmet haben und aus welcher Motivation heraus. Die meisten literaturwissenschaftlichen Untersuchungen zum Humanismus erforschten den ‚klassischen‘ Humanismus bzw. den Humanismus der Renaissance. Anders als bei diesem Humanismus geriet der moderne Humanismus in eine Sackgasse, da fast bei allen Zeitgenossen die Skepsis gegenüber der menschlichen Vernunft und den menschlichen Werten sehr groß war.

 

Zum Warenkorb hinzugefügt: