Transkulturelle Musikprozesse in Oberbayern
Gegenstand meiner Doktorarbeit sind Musikstücke und Repertoires im Regierungsbezirk Oberbayern, die hybrid und bayerisch territorial codiert sind, sowie deren gesellschaftlicher Kontext. Ein hybrides Musikstück oder Repertoire wird von Rezipientinnen und Rezipienten gleichzeitig mit verschiedenen Stilen oder Orten assoziiert (ästhetische Hybridität) oder es ist nach den Bauprinzipien verschiedener Stile gebaut (poïetische Hybridität). Territoriale Codierung liegt vor, wenn Musik auf Basis von Elemente mit Zeichencharakter von Hörerinnen und Hörern mit Orten assoziiert wird. Oft spielen dabei auch Stilvorstellungen eine Rolle. Die Hybridität von Musikstücken ist bedingt durch die Rahmenbedingungen der Entstehung und Rezeption von Musik in einer zunehmend transkulturellen Gesellschaft.
Als theoretische Grundlage dienen Aufsätze von Wolfgang Holzinger (2002), Gerhard Steingress (2002) und Max-Peter Baumann (2004, 2006) zu Hybridität und Transkulturation in der Musik, das Kommunikationsmodell der Musik von Philip Tagg (2012) und Wolfgang Welschs (2010) Konzept der Transkulturalität, ergänzt durch Überlegungen zu global flows von Arjun Appadurai (1996).
Folgende Fragen stehen bei der Untersuchung meines Gegenstandes im Mittelpunkt: Welche Zeichen liegen der territorialen Codierung von Musik zu Grunde? Wie werden Zeichen unterschiedlicher Stile und/oder Orte in hybrider Musik kombiniert? Welche Vorbedingungen müssen erfüllt sein, damit sie in konkrete Musikstücke gelangen können? Wie ist das Verhältnis zwischen Musik und Identität auf der Individual- und Kollektivebene?
Untersucht wird auf der Produktionsseite die Komposition von Musik anhand von drei Musikprojekten (LaBrassBanda, Monaco Fränzn und die CubaBoarischen) und die Improvisation anhand von einer Jamsession (Musikantentreff im Hofbräuhaus). Das geschieht anhand von Interviews mit den Musikern sowie teilnehmender Beobachtung bei Komposition (Albumproduktionen) und Improvisation (Musikantentreff).
Auf der Rezeptionsseite erforsche ich Hörerinnen und Hörer aus den Fancubs "LaBrassBanda Army" und "Freundeskreis der CubaBoarischen", Facebook-Fans von Monaco Fränzn sowie das Live-Publikum beim Musikantentreff. Mit ihnen werde ich Leitfadeninterviews führen. Ergänzend werte ich die journalistische Berichterstattung in Printmedien aus (Album-Rezensionen, Artikel über den Musikantentreff).
Meine Untersuchung erhebt keinen Anspruch auf Repräsentativität, sie soll lediglich eine Typologie, die vorsichtige Verallgemeinerungen ermöglichen könnte.