Die Auswirkungen des Einsatzes von Explosionen durch „seal bombs“ in der Fischerei auf das akustische Verhalten von Barten- und Zahnwalen
Der Eintrag anthrophonen Unterwasserlärms in die Ozeane stieg innerhalb der letzten Jahrzehnte signifikant an, ebenso die Sorge über mögliche Effekte auf die Meeresbewohner. Besonders Wale sind auf ihr Gehör als primären Sinn angewiesen; Zahnwale orientieren sich und jagen mittels Echoortung durch hochfrequente Töne, Bartenwale kommunizieren über niedrige Frequenzen zur sozialen Interaktion und Paarung über weite Strecken. Im Zusammenhang mit Fischerei und Aquakultur kommt es immer häufiger zum Einsatz von lärmintensiven Vergrämungsmaßnahmen, welche Interaktionen mit marinen Säugetieren durch Fernhaltung dieser vermindern sollen. Dazu zählt ebenfalls der Gebrauch von geringen Mengen Sprengstoffs in Form einer Art großen, wasserdichten Silvester-Böllers, sogenannte „seal bombs“, welche vor allem zum Schutz des Fangs und der Fischernetze vor Robben entwickelt und kommerziell fabriziert wurden.
Durch Passiv-Akustisches Monitoring (PAM), der akustischen Beobachtung von Lautäußerungen mariner Organismen und anthropogener Geräuschquellen mittels autonomer Unterwasser-Hydrophone, an 18 verschiedenen Positionen innerhalb der Südkalifornischen Bucht und der Region um Monterey Bay zwischen 2005 und 2016, konnte eine hohe Anzahl der oben erwähnten Explosionssignale aufgezeigt werden. So wurden beispielsweise Maximalwerte von über 32.000 Explosionen pro Monat und 550 pro Stunde an einer PAM-Station in der Nähe von Catalina Island aufgezeichnet. Der Großteil aller Explosionen wurde nachts detektiert. Durch einen räumlichen und zeitlichen Vergleich der Anlandungsmengen und –zeiträume der kommerziellen Fischerei an kalifornischen Häfen, wurde vor allem ein Zusammenhang mit der hiesigen Ringwadenfischerei nach Tintenfischen der Art Doryteuthis opalescens deutlich; einer der wichtigsten Fischereisektoren Kaliforniens.
Potenzielle negative Auswirkungen dieses Explosionslärms durch seal bombs auf das akustische Verhalten von Walen, sind unbekannt und wurden bisher weltweit noch nicht untersucht. Diese Arbeit verfolgt dabei das Ziel durch Modellierung der Langzeit-PAM-Daten, sowohl Art und Ausmaß eines potenziellen Effektes zu identifizieren, als auch Schwellwerte für signifikante Verhaltensänderungen für bis zu drei Barten- (Blau-, Finn- und Buckelwale) und drei Zahnwalarten (Cuvier-Schnabelwale, Rundkopfdelfine, Pazifische Weißseiten-Delfine) zu definieren. Die Ergebnisse einer solchen Studie können, unter Berücksichtigung der Bedeutung für die Fischerei, eine wichtige Basis liefern, um über eine mögliche Reglementierungsnotwendigkeit von seal bombs diskutieren zu können.