Pädagogische Arbeit im sequentiell traumatischen Prozess. Geflüchtete Kinder und Jugendliche in der Schule
Sie haben an ihrem Herkunftsort Krieg, Verfolgung und absolute Armut erlebt. Auf der Flucht mussten sie enorme Belastungen aushalten, waren immer wieder mit Gewalt konfrontiert und erlebten existentielle Ängste. Auch die Anfangszeit am Ankunftsort garantiert in der Regel keine wirkliche Sicherheit, sondern geht mit Gefühlen der Überforderung und Unsicherheit und neuen Ängsten angesichts eines unsicheren Aufent-haltsstatus einher.
Nach drei bis sechs Monaten in Deutschland werden die geflüchteten Kinder und Jugendlichen dann schulpflichtig und treffen so inmitten eines potentiell sequentiell traumatischen Prozesses auf Lehrer*innen und andere Pädagog*innen in der Schule, die dieser spezifischen emotionalen Herausforderung begegnen müssen.
Was können pädagogische Teams in der Schule tun, um die Geflüchteten bestmöglich bei der Bewältigung von Belastungen und Traumatisierungen zu unterstützen? Wie in-tegrieren sie diese Aufgabe in ihr alltägliches Handeln in der Schule? Welche Empfindungen und welches Verhalten lösen die belastenden Lebenserfahrungen und das daraus resultierende Verhalten der geflüchteten Schüler*innen in ihnen aus?
Diese Fragen stehen im Mittelpunkt meiner Dissertation. Thema sind Lehrer*innen und – um der wachsenden Bedeutung von multiprofessioneller Kooperation und Teamarbeit in der Schule gerecht zu werden – andere Pädagog*innen und ihre Arbeit mit geflüchteten schwer emotional belasteten und/oder traumatisierten Kindern und Jugendlichen in der Schule.
Im theoretischen Teil der Arbeit werde ich mit Rückgriff auf die Rahmenkonzeption der sequentiellen Traumatisierung und bezugnehmend auf konzeptionelle Grundlagen der Traumapädagogik und der Psychoanalytischen Pädagogik sowie mit Erkenntnissen der empirischen Unterrichts- und Schulforschung Überlegungen dazu entwickeln, was schwer belastete geflüchtete Kinder und Jugendliche in der Schule brauchen und was das für die dort arbeitenden Lehrer*innen und Pädagog*innen bedeutet.
Für den empirischen Teil der Arbeit werde ich themenzentrierte Tiefeninterviews mit Lehrer*innen und teilnehmende Unterrichtsbeobachtungen erheben und tiefenherme-neutisch auswerten. Dabei werde ich der Frage nachgehen, was Lehrer*innen in der Schule tatsächlich in der Arbeit mit geflüchteten Schüler*innen erleben und wie sich die Belastungen der Geflüchteten in den Beziehungen zu ihren Lehrer*innen reinszenieren.
Die sich daraus ergebenden Erkenntnisse werde ich wieder an theoretische Ansätze rückbinden und darauf aufbauend pädagogische Handlungsstrategien für diesen Kontext entwerfen.