Johan Arne Thies, Freie Universität Berlin

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Laborexperimente zu sozialen Dilemmata im Kontext von Immigration

Soziale Dilemmata bezeichnen Entscheidungssituationen, in denen es einen Konflikt zwischen kurzfristigem Eigeninteresse und längerfristigem Gemeinschaftsinteresse gibt. Ein klassisches Beispiel eines solchen sozialen Dilemmas ist die von Hardin beschriebene Tragik der Allmende. Hierbei handelt es sich um ein Ressourcendilemma, in dem eine regenerative Ressource von mehreren Personen verbraucht werden kann. Handelte jede Person allerdings maximal selbstdienlich, d.h. verbrauchte jede Person so viel von der Ressource, wie es ihr möglich wäre, könnte sich die Ressource nicht mehr regenerieren und würde komplett verschwinden. Zur Aufrechterhaltung der entsprechenden Ressource ist folglich die Kooperation zwischen den einzelnen Akteur*innen erstrebenswert, die durch einen individuell eingeschränkten Ressourcenverbrauch charakterisiert ist.

Durch experimentelle soziale Dilemmata lässt sich nicht nur der Einfluss von Faktoren bestimmen, die die individuelle Kooperationsbereitschaft beeinflussen. Vielmehr können auch die Erwartungen über das Verhalten oder die Reaktionen auf das Verhalten anderer Akteur*innen untersucht werden. Dies ist insbesondere dann interessant, wenn andere Akteur*innen vom individuell als fair wahrgenommenen Verhalten abweichen. Wird eine solche subjektive Fairnessnorm verletzt, reagieren Menschen abhängig von Persönlichkeit oder situativen Faktoren sehr unterschiedlich.

In meinem Dissertationsprojekt möchte ich herausfinden, wie Menschen in einer experimentellen Simulation eines Ressourcendilemmas auf andere unkooperative Gruppenmitglieder reagieren. Konkret bedeutet dies, dass ein gemeinsamer Ressourcenpool aufgrund einer zu hohen Ressourcenentnahme durch andere Akteur*innen beständig kleiner wird. In einer solchen Situation untersuche ich den Einfluss einer Rollenzuschreibung als Führungskraft und eine starke Identifikation mit der eigenen Gruppe.

Darüber hinaus untersuche ich, ob sich die Reaktionen auf unkooperatives Verhalten ändern, wenn dieses Verhalten von einem neu hinzukommenden Gruppenmitglied ausgeht. Die aus diesen Experimenten gewonnenen Erkenntnisse zu unterschiedlichen Reaktionen auf die Verletzungen einer subjektiven Fairnessnorm durch neue oder alte Gruppenmitglieder lassen sich auf Situationen übertragen, in denen es um die Verwaltung oder Verteilung gemeinsamer Ressourcen geht und weitere Personen Zugriff auf diese Ressource erhalten. Damit können Erkenntnisse aus diesem Forschungsprojekt auch zur Erklärung von Reaktionen auf Immigrant*innen herangezogen werden.