Lorenz Weinberg, Freie Universität - Berlin

Feministische Sex Wars und Butch/Fem(me)-Kultur. Sexualitätsdiskurse als Aushandlungsorte lesbisch_queerer Identitätskonzeptionen in deutschsprachigen Lesbenbewegungen der 1970er-90er Jahre

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Im Fokus der Arbeit stehen Diskussionen über lesbisch_queere Sexualität innerhalb feministischer Kontexte der 1980/90er Jahre. Es wird der Frage nachgegangen, ob und inwiefern sich in FrauenLesbenbewegungen in Westberlin und Wien ähnliche Debatten über Sexualität erkennen lassen, wie in den US-amerikanischen Sex Wars. Von Interesse ist dabei auch die Thematisierung von Geschlechtsinszenierungen und lesbisch_queeren Identitätskonzeptionen. Dementsprechend wird untersucht, wie Butch/Femme-Kulturen in deutschsprachigen Szenen gelebt, aufgenommen und im Rahmen der Auseinandersetzungen über Penetration, Pornografie, BDSM und Sexspielzeug diskutiert wurden.

Als Quellengrundlage dienen zum einen qualitative Interviews mit Personen, die im Untersuchungszeitraum Teil der lesbisch_queeren und/oder feministischen Szenen waren. Zum anderen werden verschiedene Bewegungsmaterialien, konkret Zeitschriften, wie die Berliner Lesbenzeitschrift UKZ, der österreichische Lesbenrundbrief und die Wiener Frauenzeitschrift AUF einer historischen Diskursanalyse (nach Jäger; Landwehr) unterzogen. Es wird sich zeigen, ob auch in westdeutschen/österreichischen Kontexten Diskussionen über Sexualität zu Konflikten führten, die eine Herausbildung von 'sexpositivem Feminismus' auf der einen und einer 'radikalfeministischen Anti-Pornografie-Strömung' auf der anderen Seite mit sich brachten.

Die zentrale These, die den Forschungsfragen zugrunde liegt lautet:

Sexualität fungierte in lesbischen und feministischen Kontexten als Aushandlungsort für spezifische lesbisch_queere Identitäskonzeptionen/Geschlechtsinszenierungen wie Fem(me) und Butch. Gleichzeitig mischte sich vise versa in die Abgrenzung von Butch/Fem(me) eine Ablehnung bestimmter Formen von Sexualität.

Des Weiteren gehen ich davon aus, dass die Problematisierung sexueller Praktiken als ein zentrales Bindeglied dieser Debatten hergehalten hat und insbesondere die Penetration als Symbol heterosexistischer Machtstrukturen gewertet wurde sowie biologistische Vorstellungen von Körpern dominierten, die sowohl Trans*Personen unberücksichtigt ließen als auch Butch/Femme und andere queere Identitäten aus einer Definition von lesbischer Sexualität ausklammerten. Die Arbeit  wird die Komplexität queer_feministischer Debatten über Sexualität in Wien und Westberlin nachzeichnen, die – trotz wesentlicher Unterschieden – als feminist Sex Wars auf Deutsch bezeichnet werden können.