Strategien für ökologische und faire Investitionen in der Landwirtschaft

Die Präsentation "Ten Minutes - Ten Slides - Ten Aspects" mit den Trends zur landwirtschaftlichen Entwicklung können Sie hier als PDF herunterladen.

16. Januar 2013
Christine Chemnitz
Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, dass ich Sie heute im Namen von Misereor, Oxfam und der tschechischen NGO Glopolis in der Heinrich-Böll-Stiftung zu der Konferenz „Agriculture in Transition – Strategien für ökologische und faire Investitionen in der Landwirtschaft“ begrüßen darf.

Agriculture in Transition – der Titel der Konferenz ist inspiriert von dem Film, „Voices of transition“. Ein toller Film, der Visionen und Wege des Wandels in ein nachhaltiges und gerechtes Ernährungsmodel aufzeigt.

Das Konzept der Konferenz ist auch inspiriert durch die vielen Diskussionen um die Frage, wie Wandel eigentlich stattfindet. Welche Schrauben müssen gedreht werden? Welche Irrwege drängen sich in den Vordergrund fachlicher und öffentlicher Diskussionen? Welche neuen Themen und Aspekte müssen eigentlich verstanden werden, um die richtigen politischen Forderungen für einen gerechten und ökologischen Wandel des Agrarsektors abzuleiten?

Immer komplexer und mit den anderen Sektoren verwoben sind die Herausforderungen, denen die Landwirtschaft gegenübersteht. Es scheint, als müsse die Quadratur des Kreises geschafft werden: mit geringeren Umweltauswirkungen und geringerem Ressourcenverbrauch müssen sich mehr Menschen ernähren können. Hinzukommt, dass im Anbetracht knapper werdender fossiler Ressourcen andere Sektoren, wie etwa der Chemiesektor und der Energiesektor zunehmend auf Agrarprodukte als Substitut für Öl zurückgreifen.

Biobasiertes Wirtschaften – ein Traum für alle, die glauben, dass damit ein weiteres Wachstum unserer Wirtschaft erhalten werden kann, nur ohne die negativen Auswirkungen des Verbrauchs fossiler Rohstoffe. So kann man auf der Webseite des BMELV lesen, dass sich „Mit intelligenten pflanzlichen Alternativen zu fossilen Rohstoffen neue Perspektiven und Chancen sowohl für die Umwelt als auch für den Wirtschaftsstandort Deutschland eröffnen.“ Mit mehr als 70 Millionen Euro fördert das BMELV Projekte im dem Bereich seit 2009.

Welche Auswirkungen eine solche Entwicklung der Nachfrage auf den Agrarsektor hat, der heute schon der Herausforderung gegenübersteht mit zunehmend knappen Produktionsressourcen die Nachfrage einer global wachsenden Bevölkerung mit steigendem Einkommen zu decken - kann man sich leider vorstellen.

Die Preise für landwirtschaftliche Produkte werden weiter steigen, immer mehr Investoren wollen von den wachsenden Renditen profitieren, die Intensivierung der Landwirtschaft nimmt weiter zu. Am Status Quo der landwirtschaftlichen Produktionsweise wird nicht gedreht.

Fast zeitgleich mit der Ernährungskrise 2007/08 wurde der sogenannte Weltagrarbericht veröffentlicht, der klar verdeutlichte, dass ein „Weiter wie bisher – keine Option für den Agrarsektor ist“. Aus meiner Sicht gab es seit 2008 nicht nur ein Weiter wie bisher sondern – im Gegenteil, viele soziale und ökologische Probleme des Agrarsektors haben sich in den letzten Jahren verschärft – ein Grund dafür sind die mit den hohen Preisen einhergehenden steigenden Investitionen.

Um einen Wandel in der Landwirtschaft einzuleiten, müssen private wie öffentliche Gelder in sozial verträgliche und ökologisch nachhaltige Bahnen gelenkt werden. Wir werden im Laufe der zwei Tage der Konferenz immer wieder darauf zu sprechen kommen: bäuerliche Produzenten –im Süden wie im Norden – sind die wichtigsten Investoren! Sie benötigen Planungssicherheit  und die richtigen Rahmenbedingungen, um ihre landwirtschaftliche Produktion zukunftsfähig zu gestalten.

Wie aber können Rahmenbedingungen aussehen, die Investitionen so steuern, dass sie zu einem sozialen und ökologischen Wandel im Agrarsektor beitragen? Welche Prozesse sind spannend und welche Irrwege werden diskutiert? Was bringen marktbasierte Instrumente wie sie beispielsweise Brasilien im Rahmen der Bolsa Verde implementiert für Potentiale und Probleme?

All diese Fragen – und noch mehr – wollen wir heute und morgen mit Ihnen diskutieren und ich denke, wir haben viele sehr spannende Rednerinnen und Redner gewinnen können – denen ich schon jetzt im Vorfeld der Konferenz danken möchte, dass Sie Ihre Gedanken und Erfahrungen mit uns teilen.

Diese Konferenz ist unser Auftakt in eine kritische Begleitung der Grünen Woche, die morgen mit dem Global Forum on Food and Agriculture beginnt und ein Auftakt in ein kritisches Jahr 2013, in dem wir nicht müde werden dürfen die Notwendigkeit eines ökologischen und fairen Wandels im Agrarsektor einzufordern – sei es bei der weiteren Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik, bei den Verhandlungen bilateraler Freihandelsabkommen, im Rahmen der Klimaverhandlungen oder anderer multilateraler Prozesse.

Wenn morgen das Global Forum on Food and Agriculture beginnt und das BMELV dazu einlädt über „verantwortungsvolle Investitionen“ zu sprechen, so fragt man sich schon bei einem ersten Blick auf das Programm, wie im Kontext des GFFA der Begriff „verantwortungsvoll“ wohl definiert ist. Ich hoffe, dass wir gemeinsam viele Ideen entwickeln können, um dem BMELV zu zeigen, dass mit verantwortungsvollen Investitionen nicht der Umgang mit der Geldbörse einzelner Investoren gemeint ist, sondern durchaus die Verantwortung gegenüber der Natur, gegenüber zukünftigen Generationen und den vielen Millionen Menschen, deren Lebensgrundlage von einer nachhaltigen Landwirtschaft abhängt.

Dossier

Landwirtschaft anders - Unsere Grüne Woche

Mit geringerem Ressourcenverbrauch und weniger Umweltschäden müssen weltweit immer mehr Menschen ernährt werden - wie kann die Landwirtschaft der Zukunft die Quadratur des Kreises schaffen?  Im Rahmen „Unserer Grünen Woche“ (10.-19. Januar 2013) laden wir Sie ein,  mit uns Ideen für eine andere Landwirtschaft zu entwickeln.