Internationale Konferenz: Kernforderungen an westliche Politik und Konsumenten
Heinrich-Böll-Stiftung, Karoline Hutter, Pressesprecherin
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Rund 300 brasilianische und deutsche Gäste aus Politik, Wissenschaft und sozialen Bewegungen haben sich während der dreitägigen Konferenz mit den
Ursachen und Wechselwirkungen regionaler und globaler Zerstörungsdynamiken in Amazonien auseinandergesetzt.
An die Politik der westlichen Industrieländer und ihre Konsumentinnen und Konsumenten richten sich v. a. die folgenden Kernforderungen:
1. Die Schutzgebiete in Amazonien müssen ausgeweitet werden: Hier sind die westlichen Industrieländer vor allem auch bei der finanziellen Unterstützung gefragt.
2. Die Biopiraterie der Pharma- und Agrokonzerne muss ein Ende haben: Die Konferenz zur Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD) im Mai in Bonn muss endlich verbindliche Regelungen treffen, damit der Reichtum der genetischen Ressourcen den lokalen Bevölkerungen zugute kommt.
3. Die Zertifizierung von Rindfleisch und Soja muss EU-weit eingeführt werden: Die Verbraucherinnen und Verbraucher müssen die Herkunft von Soja und Rindfleisch nachverfolgen können.
4. Mitsprache- und Entscheidungsrechte der indigenen und sozialen Bewegungen Brasiliens müssen bei internationalen Verhandlungen zum Biodiversitäts- und Klimaschutz sowie durch multilaterale Geldgeber und Investoren berücksichtigt werden.
Dass der Klimawandel für den Regenwald genauso gefährlich ist, wie die Entwaldung für das globale Klima, darin stimmten alle Ökologen auf der Konferenz überein. Dem Klimawissenschaftler Philip Fearnside zufolge könnte das Ausbleiben von Niederschlägen im Amazonasgebiet bis zum Jahr 2080 zu einer weitgehenden Versteppung der Region führen. Verantwortlich sei ein Teufelskreis aus Dürre, Bränden und weiterer Entwaldung.
Die Zeit zum Waldschutz drängt: Dies bestätigten auch die Angaben der brasilianischen Regierungsvertreter. Das Tempo des Kahlschlags ist in Amazonien heute 30 Prozent höher als noch vor acht Jahren.
Die an der Auftaktdiskussion teilnehmenden Umweltexperten aus Deutschland und Brasilien waren sich einig, dass ökonomische Ursachen bei der fortschreitenden Entwaldung Amazoniens die bei weitem wichtigste Rolle spielen. Rinderzucht und Sojaanbau stehen hier klar an erster und zweiter Stelle. In beiden Wirtschaftssektoren hat die neue "Agrargroßmacht" Brasilien die USA als größten Exporteur der Welt abgelöst. Zweitgrößter Absatzmarkt für brasilianisches Rindfleisch ist die Europäische Union - nach Russland.
*Die Verantwortung des Westens ist immens: Es ist unsere Nachfrage nach Fleisch, nach Futtermitteln wie Soja, nach Holz, Agrotreibstoffen und mineralischen Rohstoffen, die die Zerstörung des Amazonas wesentlich mit verursachen", so Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.
Ein besonderer Erfolg der Konferenz bestand darin, wichtige Akteure aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft an einen Tisch zu bringen: Klimawissenschaftler
standen im Dialog mit Landlosen, Vertreter der indigenen Bevölkerung Amazoniens diskutierten mit deutschen Politikern.
Nur so war es möglich, einen Bogen zu spannen zwischen regionalen und globalen Dynamiken der Abholzung.
- Alle Lösungsansätze müssen auf die komplexe Situation in Amazonien reagieren. Diskussionen über internationale Maßnahmen zum Schutz des Regenwaldes würden beispielsweise ohne eine starke lokale Komponente ins Leere gehen", erklärte Barbara Unmüßig.
- Amazoniens kulturelle und biologische Vielfalt hat nur dann eine Zukunft, wenn es uns endlich gelingt, regionale und globale Lösungen in internationalen Allianzen zusammenzuführen."
Ein Webdossier mit aktuellen Berichten und Beiträgen von der Konferenz
sowie zahlreiche Hintergrundinformationen u. a. zu den Referenten finden Sie
unter www.boell.de/amazonien
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