Hannah-Arendt-Preis 2012 – Verleihung und Kolloquium


Lesedauer: 3 Minuten

„Wie kam es, dass die Zerstörung der arabischen Existenz in der Stadt in solch einer kurzen Zeitspanne im Gedächtnis ausgelöscht und vergessen wurde? Dieses Buch versucht, eine Antwort auf die Transformierung der Erinnerung zu geben, der Erinnerung des arabischen Haifas im jüdischen Haifa.“ 
Yfaat Weiss, Verdrängte Nachbarn (2012)

Am Freitag, 7. Dezember 2012 um 18:00 Uhr überreichen die Bremer Sozialsenatorin Anja Stahmann und Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin, im Bremer Rathaus den Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken 2012. Preisträgerin ist die Historikerin Yfaat Weiss. Die Laudatio hält Doug Saunders, britisch-kanadischer Journalist und Autor des Buches „Arrival City“. Der mit 7500 Euro dotierte Preis wird von der Stadt Bremen und der Heinrich-Böll-Stiftung an Personen verliehen, die mit ihren Interventionen das „Wagnis Öffentlichkeit“ angenommen haben.

Yfaat Weiss ist eine israelische Historikerin der jüngeren Generation, die mit ihren akribischen Studien zu Vertreibung und Erinnerung (nicht nur in Israel) weithin Aufmerksamkeit erregt hat. 2012 erschien die deutsche Übersetzung ihres Buches „Verdrängte Nachbarn. Wadi Salib - Haifas enteignete Erinnerung“. Darin schildert die Autorin die Vertreibung arabischer Einwohner während des Krieges 1948 und die Proteste marokkanischer Juden 1959 in Wadi Salib, dem ehemaligen Armenviertel Haifas.

Die internationale Jury urteilte: „Durch ihre Forschungen öffnet Frau Weiss den Blick für ein neues Denken über das Zusammenleben von ethnischen Gruppen und Minoritäten in Israel. Ebenso nüchtern wie akribisch dekonstruiert sie den Verlauf von Enteignungen, Vertreibungen und Inbesitznahmen in Israel und ihre Auswirkungen auf das kollektive Gedächtnis der verschiedenen Gruppen.“ 
Mit ihrem genauen Blick schärft Yfaat Weiss den Blick für das zivilgesellschaftliche Potential in ihrem Land. Umsichtig geht sie  mit der Frage um, inwieweit die offizielle Geschichtspolitik, den Holocaust zur einzigen Gründungserzählung in Israel zu erheben, zu einem Problem im Zusammenleben der dortigen Gruppen geworden ist. In der Perspektive ihrer Erzählweise erscheint schon heute eine multikulturelle Gesellschaft in Israel, die auf dem Wege ist, zu einer pluralen Gesellschaft zu werden. Daran mitzuwirken ist ein großes Verdienst von Frau Weiss.

Am Samstag, den 8. Dezember 2012 von 10:00 – 13:00 Uhr lädt die Heinrich-Böll-Stiftung zum Kolloquium mit der Preisträgerin ins Institut Français, Contrescarpe 19, Bremen, ein. 
Yfaat Weiss und Douglas Saunders diskutieren „Über ‚das Recht, Rechte zu haben‘ – Civil Society in einer Gesellschaft der Minderheiten“.

Über die Preisträgerin
Yfaat Weiss, geboren 1962 in Haifa, ist Professorin am Fachbereich für jüdische Geschichte und zeitgenössisches Judentum an der Hebräischen Universität in Jerusalem und leitete 2008 bis 2011 die dortige Fakultät für Geschichte sowie derzeit das Franz Rosenzweig Minerva Forschungszentrum. Neben jüdischer Geschichte befasst sich Weiss mit der Vergangenheit Deutschlands und Zentraleuropas. Die Historikerin verbrachte zahlreiche Forschungsaufenthalte im deutschsprachigen Raum, unter anderem am Simon-Dubnow-Institut in Leipzig sowie am Hamburger Institut für Sozialforschung.

Porträtfoto Yfaat Weiss honorarfrei zum Abdruck, Quelle: Hamburger Edition HIS Verlagsges.mbH
http://www.flickr.com/photos/boellstiftung/8223783180/in/photostream

Verleihung Hannah-Arendt-Preis für politisches Denken 2012
Freitag, 7. Dezember 2012, 18.00 – 20.00 Uhr 
Rathaus Bremen, Obere Rathaushalle, Am Markt, Bremen 

Kolloquium: 
Über „das Recht, Rechte zu haben“ – Civil Society in einer Gesellschaft der Minderheiten
Samstag, den 8. Dezember 2012 von 10.00 – 13.00 Uhr
Institut Français, Contrescarpe 19, Bremen 

Beide Veranstaltungen sind öffentlich. Der Eintritt ist frei.

Kontakt: 
Bildungswerk Umwelt und Kultur in der Heinrich Böll Stiftung I Peter Rüdel I Plantage 13 
28215 Bremen I T 0421-35 23 68 I ruedel.boell@arcor.de I www.boell-bremen.d

 
 
 

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