Berlin, 29. November 2012. Die Heinrich-Böll-Stiftung hat heute eine Studie zur Rolle von Frauen in Afghanistan nach dem internationalen Truppenabzug 2014 vorgelegt. Befragt wurden afghanische Frauen aus Politik und Zivilgesellschaft.
„Die Rechte von Frauen und Mädchen in Afghanistan drohen im Zuge der Transition erneut marginalisiert zu werden“, so Marion Regina Müller, Leiterin des Kabuler Büros der Heinrich-Böll-Stiftung. Die internationale Gemeinschaft müsse deshalb sicherstellen, dass Frauen beim sogenannten Transitionsprozess aktiv und auf allen Ebenen beteiligt werden. „Anderenfalls riskiert man, dass bisherige Errungenschaften für Frauen und Mädchen im Bereich Gesundheit, Bildung, politischer sowie gesellschaftlicher Teilhabe aufs Spiel gesetzt werden“, ergänzt Müller.
Die von der Professorin Dr. Andrea Fleschenberg dos Ramos Pinéu erstellte Studie skizziert deutlich die Unsicherheit, die vor dem Abzug der internationalen Truppen bis Ende 2014 in Afghanistan vorherrscht. Der Transitionsprozess werde vorwiegend als Sicherheitsangelegenheit aufgefasst, so die Autorin, in dessen Durchführung Frauen bisher kaum Raum zur Mitsprache gehabt hätten. „Dabei sind es sehr wahrscheinlich gerade die Frauen, die von der Transition am meisten betroffen sind“, erklärt Fleschenberg.
Die Sorge vor einem Zerfall der jungen demokratischen Institutionen ist groß unter den befragten Frauen: So wird befürchtet, dass die Verbindlichkeit der afghanischen Regierung und das Engagement der internationalen Gemeinschaft nach dem Abzug 2014 abnehmen wird. „Es geht nicht nur darum, Frauen zu ermächtigen und Dienstleistungen bereitzustellen“, betont die Abgeordnete Shinkai Karokhail, „sondern auch darum, wie wir mit aller Kraft dafür eintreten können, das zu schützen, was wir erreicht haben, wie wir unsere Aktivitäten ausweiten und wie wir es durchsetzen können, in die Entscheidungsprozesse der afghanischen Regierung eingebunden zu werden.“
Die Mehrheit der befragten Frauen weist der internationalen Gemeinschaft in diesem Zusammenhang nach wie vor weitreichende Aufgaben zu: So solle sie in die Entwicklung und den Aufbau von Kapazitäten auch nach 2014 investieren, Finanzierungslücken füllen, Unsicherheiten und Instabilitäten reduzieren und die Institutionalisierung von Demokratie auf staatlicher Ebene weiter unterstützen. Nur so könnte ein Rückfall in einen Konflikt transnationalen Ausmaßes und die erneute Machtergreifung eines frauenfeindlichen Regimes verhindert werden.
Die Studie finden Sie hier: https://www.boell.de/publications/publications-study-afghanistan-transition-in-the-making-16129.html