„Wie die Grünen damals mit dem Thema Ökologie groß wurden, scheinen die Piraten heute das neue Zeitgeist-Thema zu repräsentieren: die Lebenswelt des Internet“, so Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung bei der Vorstellung der Studie. „Sie kommen antiautoritär daher, pflegen einen basisdemokratischen Stil und einen amateurhaften Auftritt. Das macht sie für viele sympathisch. Wie lange das trägt, steht auf einem anderen Blatt“, sagt Fücks. Noch sei nicht ausgemacht, ob den Piraten der Übergang zu einer dauerhaften politischen Kraft gelingt.
Die Studie zeige aber auch, so ihr Autor Herbert Hönigsberger von der Nautilus Politikberatung, dass sich die Piraten mittlerweile auf dem Weg zu einer normalen Partei befänden. „Sie benutzen überwiegend politische Allerweltsformeln und bekannte Politikbegriffe. Der Kernwortschatz unterscheidet sich abgesehen von den Begriffen der Internetterminolgie nicht wesentlich von dem anderer Parteien“, erklärt Hönigsberger.
Hinsichtlich des Wertegerüsts der Piraten lässt sich feststellen, dass Transparenz und insbesondere Freiheit zentrale Werte für die Piraten sind – allerdings mangele es hier bisher an einer konzeptionellen Übersetzung. Ihre politische Sprache verortet sie im liberalen Feld „diesseits der Union“, wobei Überschneidungen zu den Grünen auffallen.
Gibt es also eine spezielle Nähe zwischen Piraten und Grünen? Trotz der kritischen Haltung vieler Parteimitglieder und Aktivist/innen gegenüber den Grünen gibt es, so lautet eine These der Studie, eine deutliche kulturelle Nähe und politische Schnittmenge. Differenzen zur grünen Programmatik sieht die Studie vor allem in der bisherigen programmatischen Engführung der Piraten, der Untergewichtung von Ökologie und Gerechtigkeit und im ungeklärten Demokratie-Konzept der Partei. „Von einem halbwegs konsistenten Konzept gesellschaftlicher Partizipation und sozialer Gerechtigkeit sind die Piraten weit entfernt“, stellt Fücks fest.
Im Umgang mit der Piratenpartei empfiehlt die Studie einen offenen und konstruktiven Kurs. Gerade die Grünen hätten die Chance, auf Grundlage der eigenen soliden Wertebasis zur Debatte über demokratische Reformen und die Herausforderungen des digitalen Wandels einzuladen.
Zum Hintergrund:
Um besser zu verstehen, wovon die Rede ist, wenn wir von den Piraten sprechen, hat die Heinrich-Böll-Stiftung das unabhängige Institut „Nautilus Politikberatung“ mit der vorliegenden Studie beauftragt. Sie beruht auf einer datengestützten Auswertung der im Internet zugänglichen Kommunikation und der Programmdebatte der Piraten. Die Autoren entwickeln auf dieser Grundlage eine qualitative Interpretation, aus der sie Empfehlungen ableiten, wie grüne Akteurinnen und Akteure mit der neuen Konkurrenz umgehen sollten.
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