Für das Kunstprojekt SurVivArt hat die Heinrich-Böll-Stiftung Künstlerinnen und Künstler aus Äthiopien, Kambodscha, dem Libanon, Burma, Nigeria und Thailand eingeladen, im eigenen Umfeld durch künstlerische Produktion und Kommunikation über das „gute Leben“ zu reflektieren. Ab dem 7. Februar 2012 sind ihre Arbeiten in einer Ausstellung in Berlin zu sehen. Die Präsentation findet parallel zu der Konferenz „radius of art“ statt. Über 70 Kulturschaffende aus aller Welt diskutieren am 8. und 9. Februar neue Formate einer "Kunst des Öffentlichen", die Wirkung von Kunst und Kultur auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse, Kulturen der Nachhaltigkeit sowie die Zukunft der internationalen Kulturförderung.
Berlin, 30. Januar 2012 - Inspiriert von der Initiative Über Lebenskunst der Kulturstiftung des Bundes wurde SurVivArt von der Heinrich-Böll-Stiftung mit Unterstützung ihrer Auslandsbüros entwickelt. „Mit dem Projekt wollen wir einen weltweiten Brückenschlag zwischen Nachhaltigkeit, Kunst und Kultur schaffen“, erklärt Kuratorin Valia Carvalho. „Künstlerinnen und Künstler aus Äthiopien, Kambodscha, dem Libanon, Burma, Nigeria und Thailand haben sich an SurVivArt beteiligt. Ihre Themen fügen sich in das Nachhaltigkeitsprogramm der Heinrich-Böll-Stiftung und hier insbesondere in die Schwerpunkte Klima und Gender ein. Uns war es jedoch wichtig, nicht aus unserem kulturellen Verständnis heraus festzulegen, wie Kunst auszusehen hat. Auch wollten wir nicht unsere „deutsche“ oder eine „grüne“ Vorstellung von einem nachhaltigen guten Leben exportieren. Wir wollten Projekte, die uns die spezifische Sicht auf Kunst und Nachhaltigkeit aus den jeweiligen Regionen nahe bringen“.
Über die Webseite www.survivart.org konnten die beteiligten Künstlerinnen und Künstler ihre eigenen Arbeitsschritte dokumentieren und miteinander in Austausch treten. Wo sie noch nicht existierten, wurden durch die SurVivArt-Projekte Diskurse über Klimafragen, Nachhaltigkeit oder Gender-Rollen angeregt. An vielen Orten brachte das Projekt Künstler und lokale Gemeinschaften erstmals zu einem Gespräch über nachhaltige Praktiken und das alltäglich Leben zusammen. „Von Anfang an war SurVivArt eine anregende, kreative und reflexive Reise – nicht nur für die Beteiligten, sondern auch für uns“, sagt Valia Carvalho. „Das war bereits bei der Preview des Projekts auf dem Sommerfestival Über Lebenskunst im vergangenen Jahr im Berliner Haus der Kulturen der Welt zu spüren“.
Vom 7. bis 24. Februar 2012 sind die im Rahmen des Projekts entstandenen Werke von Kebreab Demeke, Robel Temesgen, Alafuro Sikoki, Segun Adefila, Adebimpe Adebambo, Oeur Sokuntevy, Neak Sophal, Tith Kanitha, Nino Sarabutra und Phyoe Kyi in den Galerien Mikael Andersen und Meinblau in Berlin-Prenzlauer Berg zu sehen, die Eröffnung findet am 5. Februar statt. „Die Ausstellung wird ein Mosaik unterschiedlicher Perspektiven“, erklärt Valia Carvalho. „Die Arbeiten erzählen von der Suche nach dem „guten Leben“, nach Balance, Glück und Zufriedenheit, von einem verantwortlichen und zugleich kreativen und spielerischen Umgang mit Ressourcen und neuen Formen des Konsums“.
Kebreab Demeke (Äthiopien) setzt sich etwa mit seiner lebendigen Skulptur „Climate +/-“ mit dem Transport von Wasser in einer immer trockener werdenden Region auseinander. Im Mittelpunkt des Projektbeitrages von Robel Temesgen (Äthiopien ) stehen die Träume der Kinder von einer besseren und nachhaltigen Zukunft. Sein Dokumentarfilm zeigt das flüchtige Ergebnis eines wochenlangen, partizipativen Prozesses: ein Theaterstück, in dem die Kinder traditionelle Rollenmuster auf den Kopf stellen und die Dorfgemeinschaft mit der Möglichkeit einer anderen Zukunft konfrontiert.
Nino Sarabutra (Thailand) rückt einen Aspekt in den Mittelpunkt, der vor allem in der Megacity Bangkok mit seinen unzähligen Einkaufzentren unübersehbar ist: Konsum. Denn nicht nur für die meisten Thailänder gilt Konsum als Voraussetzung für ein „gutes Leben“ oder gar als Synonym. Nino Sarabutras interaktive Multimedia-Installation fordert die Teilnehmenden dazu auf, diese konventionelle Sichtweise zu hinterfragen und sich mit dem eigenen Konsumverhalten auseinanderzusetzen. In Segun Adefila’s Arbeit (Nigeria), einem Theaterstück mit Laiendarstellern, thematisieren die Anwohner und Verkäufer die Ursachen und Auswirkungen ihres Handelns auf die Umwelt. Die Inszenierung macht deutlich, wie sehr die Bevölkerung unter den Überflutungen nach jedem heftigen Regen leidet, wenn sie für diese Zeit auf ihre täglichen Überlebenseinnahmen verzichten müssen.
Sophal Neak (Kambodscha) thematisiert die symbolische Bedeutung, die der Kochtopf zur Beschreibung und Interpretation der Rolle von Frauen in der dörflichen Gemeinschaft spielt. Sie kreierte in ihrem Heimatdorf eine Pyramide aus bemalten Kochtöpfen, deren vom Holzkohlefeuer geschwärzte Böden dem Betrachter zugewandt sind. Das Sinnbild des umgedrehten Kochtopfs steht im kambodschanischen Kontext für eine Frau, die ihre angestammte Rolle innerhalb der Gemeinschaft und der Familie nicht mehr erfüllt. Und Kanitha Tith (Kambodscha) reflektiert in ihrem Beitrag über die ursprüngliche Bedeutung des Hauses in der kambodschanischen Gesellschaft als Hort des Friedens, Treffens und der Entspannung.
Die Präsentation von SurVivArt findet parallel zu der Konferenz „radius of art“ statt, die den internationalen Dialog zwischen Kultur, Wissenschaft und Politik fördern und einen Ideenaustausch ermöglichen will, der bisher so noch nicht existiert. Über 70 Kulturschaffende aus aller Welt diskutieren am 8. und 9. Februar in Berlin neue Formate einer "Kunst des Öffentlichen", die Wirkung von Kunst und Kultur auf gesellschaftliche Veränderungsprozesse, Kulturen der Nachhaltigkeit sowie die Zukunft der internationalen Kulturförderung. U.a. sind auf der Berliner Konferenz vertreten: Michelangelo Pistoletto (Aktionskünstler, Italien), Basma El Husseini (Kulturaktivistin, Ägypten), Jonatan Stanczak (The Freedom Theatre, Palästinensische Gebiete), Bisi Silva (Center for Contemporary Art, Nigeria), Pooja Sood (Künstlerin, Indien), Shelley Sacks ("University of the Trees", England), Jordi Pascual ("Committee on Culture of United Cities", Spanien), Dan Baron Cohen (Umwelt- und Kulturaktivist, Brasilien), Antanas Mockus (ehemaliger Bürgermeister von Bogota, Kolumbien), Alessandro Petti (Decolonizing Architecture Art Residence, Palästinensische Gebiete), Sarat Maharaj (Goldsmiths College, London/Kunstakademie Malmö, Universität Lund), Diedrich Diederichsen (Akademie der bildenden Künste, Wien), Ruth Wilson Gilmore (Graduate Center of the City University, New York), Simon Thompson (Wiels, Brüssel). Die Konferenz wird live übertragen auf www.boell.de/stream.
Ausstellung SurVivArt
Ausstellungsorte: Galerien Mikael Andersen und Meinblau, Pfefferberg, Christinenstraße 18/19, 10119 Berlin
Dauer: 7. - 24. Februar 2012
Eröffnung: 5. Februar 2012, 18 Uhr, die Künstler sind anwesend.
Künstler: Kebreab Demeke, Robel Temesgen, Alafuro Sikoki, Segun Adefila, Adebimpe Adebambo, Oeur Sokuntevy, Neak Sophal, Tith Kanitha, Nino Sarabutra, Phyoe Kyi
Kuratorin: Valia Carvalho
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.
www.survivart.org
Konferenz radius of art
8. und 9. Februar 2012
Heinrich Böll Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin
www.radius-of-art.de/conference, Streaming auf www.boell.de/stream
Pressekontakt Heinrich-Böll-Stiftung
Karoline Richter, Pressesprecherin, E-Mail: richter@boell.de, Tel.: 030 - 285 34-202
Projektbezogene Pressearbeit SurVivArt
Achim Klapp, E-Mail: klapp@boell.de, Tel.: 030 - 257 97 016
SurVivArt – Kunst für das Recht auf ein «Gutes Leben»
30. Januar 2012
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10117 Berlin
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