Die westliche Industriegesellschaft braucht eine Wirtschaftsordnung, die auf einem anderen Wohlstandskonzept beruht und die Bedürfnisse der Menschen befriedigt, ohne den Planeten zu zerstören. Das ist die zentrale Forderung des Buches "Wohlstand ohne Wachstum. Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt" des britischen Wirtschaftsexperten Tim Jackson, dessen international viel beachtetes Buch ab heute auch auf Deutsch erscheint. Herausgeber der deutschen Ausgabe ist die Heinrich-Böll-Stiftung.
Ein zukunftsfähiges Wirtschaftsmodell müsse das "Streben nach immer höheren Wachstumsraten" und den "Alleinherrschaftsanspruch des Bruttoinlandsprodukts" begrenzen, fordert Jackson. Ansonsten drohten die Zerstörung der ökologischen Grundlagen und damit die Beeinträchtigung des menschlichen Wohlergehens und der menschlichen Existenz.
Voraussetzung sei, dass die Gesellschaft einen neuen, sinnvollen Wohlstandsbegriff definiere: Dieser dürfe nicht nur auf materiellen Bedürfnissen beruhen, sondern müsse die "Kultur des Konsumismus" abbauen, Faktoren wie Glück, sozialen Zusammenhalt und eine intakte Umwelt mit einbeziehen.
"Unser derzeitiges Modell für wirtschaftlichen Erfolg ist von Grund auf falsch. Für die hoch entwickelten Volkswirtschaften der westlichen Welt ist Wohlstand ohne Wachstum kein utopischer Traum mehr, er ist eine finanzpolitische und ökologische Notwendigkeit", so Jackson.
Der Autor argumentiert nicht pauschal gegen jede Art von Wirtschaftswachstum, sondern fordert unter anderem verstärkte Investitionen in ökologische und nachhaltige Technologien, darunter den Ausbau der erneuerbaren Energien. Mit Blick auf einen umfassenden gesellschaftlichen Wandel hin zu einer nachhaltigen Ökonomie formuliert Jackson 12 konkrete Reformvorschläge für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft: Darunter verstärkte Investitionen in das Gemeinwesen, die Entwicklung neuer Arbeitszeitmodelle, den Ausbau von Infrastruktur und Versorgungsnetzen insbesondere für Strom sowie die Weiterentwicklung einer ökologischen Steuerreform.
"Das Wachstumsdilemma stellt sich angesichts der Grenzen der Ökosysteme und des Klimawandels für alle Volkswirtschaften", erklärt Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung. "Ein Weiter so können wir uns nicht leisten. Tim Jackson trifft mit seinem Buch ins Mark der Wachstumsdebatte."
Während in ärmeren Ländern Entwicklung notwendig sei, zeige sich in den westlichen Industrienationen, dass unbegrenzter Konsum die Zufriedenheit des Einzelnen nicht weiter steigern könne. "Im Gegenteil: Die Zerstörung unserer Umwelt beeinträchtigt zunehmend unser Wohlergehen; der soziale Zusammenhalt in unserer Gesellschaft geht immer mehr verloren", kritisiert Unmüßig.
Für die kürzlich eingesetzte Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" des Deutschen Bundestages sei das Buch hoffentlich "ein wichtiger Impulsgeber", so Unmüßig. Die Kommission soll innerhalb von zwei Jahren u. a. einen ganzheitlichen Wohlstands- und Fortschrittsindikator entwerfen.
Zum Autor
Tim Jackson leitet die Wirtschaftliche Führungsgruppe der Kommission für Nachhaltige Entwicklung, einem unabhängigen Beirat der britischen Regierung. Er ist Professor für Nachhaltige Entwicklung im Zentrum für Umweltstrategien an der Universität von Surrey.
Zum Buch
Tim Jackson
Wohlstand ohne Wachstum
Leben und Wirtschaften in einer endlichen Welt
Hrsg. von der Heinrich-Böll-Stiftung
Aus dem Englischen von Eva Leipprand
Oekom-Verlag, 1. Auflage, München 2011, zahlreiche Abbildungen,
ca. 272 Seiten, Preis: 19,95 Euro, ISBN 978-3-86581-245-2
Eine Kooperation mit dem Oekom-Verlag
Weitere Informationen zum Buch
Rezensionsexemplare bei presse@boell.de
Zur Buchvorstellung
Wohlstand ohne Wachstum?
Ein Gespräch über Auswege aus dem Wachstumswahn
Datum: Dienstag, 05. April 2011, 19.00 - 21.00 Uhr
Ort: Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstraße 8, Berlin-Mitte
Mit:
- Tim Jackson, Professor für Nachhaltige Entwicklung an der Universität von Surrey, England
- Jürgen Trittin, MdB, Fraktionsvorsitzender der
- Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen
- Barbara Unmüßig, Vorstand, Heinrich-Böll-Stiftung
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Karoline Hutter
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