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Kurzbiographie Lew Kopelew

Lew Kopelew steht für Humanität, Kultur und Völkerverständigung. Der russische Germanist und Schriftsteller wurde in Deutschland zu einem Kämpfer für eine Aussöhnung zwischen Russen und Deutschen.

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Lew Sinowjewitsch Kopelew wurde am 9. April 1912 in Borodjanko/Ukraine als Kind jüdischer Eltern geboren. Von klein auf sprach er neben seiner Muttersprache vor allem Deutsch. In seiner Jugend war er begeisterter Kommunist, fiel aber aufgrund seiner Nähe zu trotzkistischem Gedankengut zeitweise negativ auf. Nach verschiedenen Aushilfstätigkeiten studierte er von 1933 bis 1938 Germanistik, Geschichte und Philosophie in Charkow und Moskau; nach seiner Promotion arbeitete er als Dozent.

Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er als Propagandaoffizier für die Befreiung der Sowjetunion von Nazi-Deutschland. Weil er sich beim Einmarsch der Roten Armee in Ostpreußen für eine menschenwürdige Behandlung der deutschen Zivilbevölkerung einsetzte, wurde er trotz seiner unstrittigen militärischen Verdienste zu zehn Jahren Lager verurteilt („Mitleid mit dem Feind“). Dort lernte er Alexander Solshenizyn kennen, der ihn in seinem Buch „Im ersten Kreis der Hölle“ zu einem seiner Helden machte (Lew Rubin).

Nach seiner Freilassung (1955) und Rehabilitierung (1956) heiratete Kopelew in zweiter Ehe die Amerikanistin und Schriftstellerin Raissa Orlowa. Mit ihr gemeinsam setzte er sich zunehmend für Andersdenkende ein (z.B. für Alexander Solshenizyn, Andrej Sacharow, Juli Daniel, Andrej Sinjawski, Josip Brodskij und viele andere) und geriet dadurch sowie durch manche seiner Veröffentlichungen („Und schuf mir einen Götzen“) mit der sowjetischen Obrigkeit in scharfen Konflikt. Dies führte zu seiner Entlassung, dem Ausschluss aus dem Schriftstellerverband und damit einhergehendem Berufsverbot. Ende 1980 folgten Kopelew und Raissa Orlowa einer Einladung Bölls nach Deutschland. 1981 wurde ihnen vom Breshnew-Regime die sowjetische Staatsbürgerschaft aberkannt und damit eine Rückkehr nach Moskau unmöglich gemacht.

In Deutschland wurde Kopelew schon bald zu einem Kämpfer für eine Aussöhnung zwischen Russen und Deutschen. Er initiierte ein groß angelegtes wissenschaftliches Projekt an der Universität Wuppertal zur Geschichte der deutsch-russischen gegenseitigen Wahrnehmungen; die Ergebnisse sind in insgesamt zehn Bänden dokumentiert („Deutsch russische Spiegelungen“).

Lew Kopelew starb am 18. Juni 1997 in Köln. Sein Name steht für Humanität, Kultur und Völkerverständigung. Er liegt in Moskau neben seiner Frau Raissa Orlowa begraben.