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Myanmar: Medienfreiheit mit Hindernissen

Die Abschaffung der Medienzensur im August 2012 und die offizielle Schließung der Zensurbehörde im Januar 2013 waren besonders für das Ausland ein weiterer Beweis für die demokratische Entwicklung in Myanmar und den Ernst der Regierung diese voranzutreiben. Im Land selbst fielen die Reaktionen gemischt aus. Junge Journalisten testen seitdem die neuen Freiheiten, während erfahrene Journalisten zurückhaltender sind und zur Selbstzensur neigen wenn es darum geht Kritik an der Regierung oder dem Militär zu üben. Ein Gespräch in Bangkok mit Medienvertretern aus Myanmar, das vom Foreign Correspondent's Club of Thailand veranstaltet wurde, zeigt, dass für die neue Medienfreiheit noch viele Hürden übersprungen werden müssen.

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„Wir werden immer noch überwacht. Wenn ich ein wichtiges Ereignis dokumentieren möchte, gibt es immer fünf oder sechs Polizisten, die mir folgen, Fotos von mir machen und mich fragen wer ich bin, was ich hier mache und woher ich komme“, erzählt Han Htwe Aung, Video-Journalist bei Asahi TV und fügt hinzu: „Natürlich ist die Situation jetzt besser als unter der früheren Militärregierung, aber wir haben immer noch keine 100%ige Freiheit in unserer Berichterstattung.“ Presseausweise, sonst eine Eintrittskarte zu exklusiven Informationen und Gesprächen, sind in Myanmar eher eine Behinderung in der täglichen journalistischen Arbeit: „Wenn du deinen Presseausweis vorzeigst, setzen dich die Behörden in ein Auto und fahren dich weit weg“ sagt Han Htwe Aung und macht eine ausufernde Armbewegung. Mit einem verschmitzten Lächeln fährt er fort: „Lass den Presseausweis in der Tasche, geselle dich zu den anderen Augenzeugen und filme heimlich.“ Teza Hlaing, ein Fotojournalist bei Irrawaddy News, der kürzlich die anti-muslimischen Ausschreitungen in Lashio dokumentierte, nickt bestätigend und weist auf einen anderen wichtigen Aspekt hin: „Der Militärkommandant verbot mir Fotos zu machen, auf denen Soldaten und Flüchtlinge zusammen gezeigt werden. Ich denke es gibt eine tief sitzende Angst des Militärs in den Nachrichten zu erscheinen.“ Generell vermeiden die Vertreter von Behörden mit den Medien zu sprechen: „Wenn wir ihnen Fragen stellen, dann antworten sie nicht richtig darauf, weil sie Angst haben ihren Job zu verlieren“, so Han Htwe Aung.

Die myanmarischen Medien wurden im vergangenen Jahr für ihre Berichterstattung über die Ausschreitungen zwischen muslimischen Rohingya und buddhistischen Rakhine kritisiert. „Das zeigt nur, dass wir einen „Code of Conduct“ für Journalisten brauchen und vor allem gut ausgebildeten journalistischen Nachwuchs“, sagt Kyaw Yin Myint, Chef der Dana und Warazein Zeitungen. Er gibt zu, dass Journalisten zu Werkzeugen der Regierungspropaganda wurden, weil sie die Informationen vorher nicht überprüft haben als sie über den Konflikt im Rakhaing-Staat berichteten. Um unabhängig und aus erster Hand Informationen erhalten zu können müssen jedoch dringend die Reisebeschränkungen für Journalisten aufgehoben werden: „Journalisten wollten in den Rakhaing-Staat reisen um zu berichten, doch die Behörden untersagten es ihnen. Als ein Beamter des Präsidentenbüros auf seiner Facebookseite Fotos aus dem Konfliktgebiet hochlud, glaubten sie an die Seriosität der Informationen, verwendeten sie und wurden so zum Sprachrohr für die Regierungspropaganda.“ Es gäbe leider auch einige Herausgeber, so Kyaw Yin Myint, die beschönigende Artikel über bestimmte Gebiete in Myanmar verfassen lassen, weil sie dort eigene Unternehmen betreiben. „Sie missbrauchen die myanmarischen Medien für ihre eigenen Interessen“, kritisiert er. Doch generell sei es eine positive Entwicklung und ein wichtiger Schritt für mehr Vielfalt auf dem Markt das seit April 2013 mehr als 10 Wochenzeitungen die Lizenz bekommen haben, täglich zu erscheinen, so die einhellige Meinung der myanmarischen Medienvertreter.

"Altlasten" beeinflussen aktuelle Entwicklungen

Erst vor wenigen Wochen, im Mai 2013, führte der Gesetzesentwurf für „Druckereien und Verlage“ zu einem Aufschrei unter Journalisten. Am Presserat vorbei wurde er von der Regierung zur Ratifizierung ins Parlament gegeben. „Würde der Entwurf zum Gesetz werden, wäre es eine Rückkehr zur Zensur und Kontrolle“, sagt Chit Win Maung, Journalist und Mitglied des Presserats. Es ist alarmierend, dass der Presserat - im letzten Sommer von der Regierung gebildet um Ratschläge zu anstehenden Mediengesetzen zu geben - nicht in den Prozess mit einbezogen wurde. In seiner aktuellen Fassung würde der Gesetzesentwurf dem Ministerium für Information erlauben, den Verlagen unter dem Vorwand der Missachtung der Verfassung oder der Unruhestiftung die Lizenzen zu entziehen. Diese sehr allgemeinen Formulierungen wurden in der Vergangenheit oft angewandt, um Magazine verbieten zu lassen. Chit Win Maung machte diese Erfahrung selbst in den 1990er Jahren, als er ein Magazin mit internationalen Nachrichten herausbrachte: „Wir fuhren immer zum Flughafen und kauften die Bangkok Post, sowie andere Zeitungen, weil es sonst keine andere Möglichkeit gab an Informationen zu kommen. Wir übersetzten die Artikel dann ins Burmesische und das gefiel der Regierung überhaupt nicht. Sie verboten das Magazin drei Mal, jeweils für sechs Monate und ich musste den Betrieb einstellen, weil es für das Magazin keine Zukunft gab.“

Der Presserat, der aus Mitgliedern von drei journalistischen Verbänden besteht, reichte nun ebenfalls einen Gesetzesentwurf für „Druckereien und Verlage“ ein. „Wir haben mit dem Ministerium für Informationen darüber diskutiert - aber was nun geschehen wird, wissen wir noch nicht“, so Chit Win Maung. 
Kein Zweifel besteht an der Motivation der Medienvertreter für Pressefreiheit und die Rechte für Journalisten zu kämpfen, doch es wurde in dem Gespräch in Bangkok immer wieder deutlich, wie sehr die „Altlasten“ aus der Zeit vor 2010, die aktuellen Entwicklungen beeinflussen. Innerhalb des Presserats scheint die „Myanmar Journalist Association“ einen schweren Stand und ein Vertrauensproblem zu haben, weil sie früher sehr gute Beziehungen zum Informationsministerium pflegte. Der Gesetzesentwurf für die öffentlich-rechtlichen Medien, den das Ministerium für Informationen Anfang Juni 2013 vorstellte, wird ebenfalls von vielen Journalisten im Presserat kritisiert, einer von ihnen ist Chit Win Maung: „Mit diesem Gesetz möchte die Regierung die staatlichen Medien umwandeln in öffentlich-rechtliche Medien. Diese Medien haben früher alles kontrolliert und nun wollen sie wieder das Feld dominieren, also das lehnen wir entschieden ab!“


Mandy Fox arbeitet als freie Journalistin in Bangkok.