
Der Kongress der polnischen grünen Partei (Zieloni) fand am Wochenende des 12. und 13. Juli 2014 in Warschau statt und erneuerte den Anspruch, sich als selbständige, alternative politische Kraft zu etablieren. Seit dem letzten Kongress im Jahr 2013, wuchs die Partei fast um das Doppelte, auf rund 450 Mitglieder und Sympathisanten, und gewann mit Anna Grodzka, die ihre vorherige Partei, Twój Ruch (TR - Deine Bewegung, ehemals Palikot-Partei) verließ, sogar erstmals ein Abgeordnetenmandat im Sejm.
Seit dem letzten Jahr ist die Partei, unter der Leitung von Adam Ostolski und Agnieszka Grzybek, um die Wahrung einer gleichmäßigen Distanz zum Sojusz Lewicy Demokratycznej (SLD - Bund der Demokratischen Linken) und zum TR bemüht – Parteien, die sich selbst als Teil der parlamentarischen Linken im weitesten Sinne definieren. Ihre erneute Wahl zu Vorsitzenden und der Anstieg der Mitgliederzahlen zeigt, dass dieser Kurs von einer Mehrheit der Grünen getragen wird. Während Adam Ostolski keinen Gegenkandidaten hatte und fast 90 Prozent der Stimmen erhielt, konkurrierte Agnieszka Grzybek mit Marcelina Zawisza, Vorsitzende des Warschauer Kreises, die erheblich schärfer als die bisherige Vorsitzende eine Zusammenarbeit mit SLD und TR bei den anstehenden Wahlen ausschloss. Das Verhältnis der abgegebenen Stimmen - 58 Prozent entfielen auf Grzybek und 42 Prozent auf Zawisza – spiegeln in hohem Maße die Stärke des neuen „linken” Parteiflügels wider.
Während der Beratungen wurden Einzelheiten zur Umsetzung dieser Strategie diskutiert. Denn während die Grünen in den großen Zentren – Warschau, Krakau und Schlesien – beabsichtigen, unter eigenem Namen, oder auch in breiteren lokalen, um städtische Bewegungen gruppierten Bündnissen anzutreten, so stellt sich in kleineren Ortschaften mit schwächeren Strukturen die Frage, ob Bündnisse mit der SLD oder TR aus Prinzip abgelehnt werden sollten.
Ein weiteres Diskussionsthema war die Ausgestaltung der politischen Botschaft der Partei. Der linke Parteiflügel, der während der letzten Kadenz bedeutend an Kraft gewonnen hat, möchte eine breite außerparlamentarische Front der gesellschaftlichen Linken bilden und die Partei als gegen das Establishment gerichtete Kraft positionieren, die sich an die Gruppe der Nichtwähler wendet.
Andererseits wird befürchtet, ein Hineindrängen der Grünen in die Grenzen eines Links-Rechts-Schemas, würde es ihnen nicht erleichtern einen Wahlsieg davonzutragen, sondern diesen verhindern – und dies in einer Situation, in der die Ambitionen der Partei zunehmen. In der Gruppierung werden zudem die Stimmen für eine/-n eigene/-n Präsidentschaftskandidatin oder -kandidaten immer lauter.
Die Partei steht vor den Kommunalwahlen im Herbst 2014, die Auskunft darüber geben werden, wie sehr sich ihre organisatorische Stärkung und ihre gegen das Establishment gerichtete Botschaft im Wahlergebnis niederschlägt. Interessant wird sein, wie es gelingt, dies mit der u.a. an die Mittelschicht gerichteten Botschaft in Einklang zu bringen, die von der Kandidatin der Partei für das Amt der Warschauer Stadtpräsidentin, Joanna Erbel, vertreten wird.