
Ohne Klischees und vor allem ohne Bilder dünner Mädchen berichtet Nora Burgard-Arp über Magersucht. Dafür ist sie mit dem Reportagepreis für junge Journalistinnen und Journalisten ausgezeichnet worden.
"Das gestörte Bild" – Nora Burgard-Arps Reportage nähert sich dem Thema Magersucht auf eine wissenschaftliche Weise und erzählt frei von Klischees und Boulevard über die schwere Krankheit Anorexie. Die Siegerin des diesjährigen Reportagepreises für junge Journalistinnen und Journalisten wurde am Freitag, den 13. November von JungeJournalisten.de, der Heinrich-Böll-Stiftung und ZEIT ONLINE gekürt. Die Auszeichnung ist mit 1500 Euro dotiert.
Die 30-jährige freie Journalistin überzeugte die Jury mit ihrer untypischen Herangehensweise an Magersucht, die nicht aus einer Betroffenheitsgeschichte, sondern aus dem Dialog mit Wissenschaftlern besteht. „Ich will neben meinem Artikel keine Fotos von jungen, dünnen Mädchen, das macht die Krankheit banal“, sagt Burgard-Arp. Ihre Reportage ist im wissenschaftlichen Onlinemagazin Substanz erschienen. Die junge Journalistin ist zur Magersuchtexpertin aufgestiegen - ihr digitales Projekt "Anorexie heute" wurde dieses Jahr für den Grimme-Online-Award nominiert. Mittlerweile wenden sich viele Magersuchtkranke an sie, wollen ihre Geschichte erzählen und danken Burgard-Arp für die differenzierte und stereotypfreie Darstellung ihrer Krankheit.
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Open external content on original siteDer zweite Preis ging an Mariel Müller, Alexandra Reinsberg und Elisabeth Winter vom Ausbildungskanal afk tv – in ihrer Multimedia-Reportage "Fremde Freunde" porträtieren sie Münchner und Flüchtlinge, die bei dem Patenschafts-Programm "MünchnerMentoren" mitmachen. Nah und authentisch zeigen sie auf, wie die Teilnehmer sich kennenlernen und mit welchen Chancen und Schwierigkeiten das Projekt verbunden ist. Die Jury lobte, dass die Münchner und die Flüchtlinge auf Augenhöhe gezeigt werden. Das Projekt stellt ein sehr positives Beispiel in der Flüchtlingsdebatte dar, ohne ein Heile-Welt-Bild vorzugaukeln. "Ich wünsche mir, es gäbe in dem Kontext mehr positive Berichterstattung fernab des Mainstreams", so auch eine der Macherinnen Mariel Müller.
Den dritten Platz belegte die 26-jährige Anke Dankers mit ihrer Multimedia-Reportage "Die Qual der Erinnerung". Sehr einfühlsam porträtiert die Videoredakteurin einen ehemaligen Bundeswehrsoldaten, welcher seit seinen Einsätzen in Kriegsgebieten unter Posttraumatischen Belastungsstörungen leidet. Hierbei wurde von der Jury besonders hervorgehoben, wie schwierig es ist, den persönlichen Zugang zu der traumatischen Geschichte seines Protagonisten zu finden. Erschienen ist die Reportage für die Landeszeitung der Lüneburger Heide. "Anke Dankers widmet sich damit eindringlich einem gesellschaftlichen Tabuthema und macht dies aus einer lokaljournalistischen Perspektive heraus" lobte die Jury.
In diesem Jahr wurde bei der Ausschreibung des Journalistenpreises zum ersten Mal dazu aufgerufen, multimediale Stücke einzureichen. "Lange Print-Reportagen sterben mit der Zeit immer weiter aus", so Jurymitglied und Journalismus-Professor Stephan Weichert. "Es gibt immer mehr neue Player auf dem Markt, die neue Finanzierungsmöglichkeiten nutzen und nur noch digital produzieren". Marie Exner von ZEIT ONLINE, ebenfalls Jurymitglied erzählt, dass bei ZEIT ONLINE lange Reportagen im Internet noch gelesen werden. Der begabte journalistische Nachwuchs muss also weiterdenken. Was die Formate von morgen?
Aus 99 Einreichungen wählte die sechsköpfige Jury aus. Neben Stephan Weichert und Marie Exner gehörten zum Gremium noch "SZ Magazin"-Redakteurin Lara Fritzsche, Annette Maennel als Kommunikationschefin der Heinrich-Böll-Stiftung, Vorjahressieger Benjamin Piel von der „Elbe-Jeetzel-Zeitung“ sowie Organisator Jens Twiehaus vom Netzwerk JungeJournalisten.de