Die Staatssicherheit und die Grünen - Buchpräsentation

Cover: Die Staatssicherheit und die Grünen

Welchen Einfluss hatte die Stasi auf die Deutschlandpolitik der GRÜNEN? Am 13. Oktober 2016 fand in der Heinrich-Böll-Stiftung die Präsentation und Diskussion des Buches „Die Staatssicherheit und die Grünen“ statt.

Die von der Partei in Auftrag gegebene historische Studie wurde von den Autor/innen Jens Gieseke und Andrea Bahr verfasst. Das spannende Thema über die geheimdienstliche Tätigkeit der Staatssicherheit gegenüber den Grünen erfreute sich einem breiten Interesse.

Wie durch ein Schlüsselloch schauen wir aus der Perspektive des DDR-Geheimdienstes auf einen seit der Parteigründung 1980 neuen Akteur auf der politischen Bühne der Bundesrepublik. Wie wurde diese neue Partei seitens der DDR-Führung und Stasi eingeschätzt? Welche Informationskanäle und Quellen der Einflussnahme gegenüber den Grünen wurden genutzt? Welchen Kurs verfolgte die DDR-Führung gegenüber der in vielen Fällen „unberechenbaren Partei“? Wie wirkmächtig war letztendlich diese geheimdienstliche Tätigkeit? Das sind nur einige Fragen, auf die diese Studie quellengesättigte und ausgewogene Antworten liefert.

Die Stasi nutzte ihr gesamtes Instrumentarium

Bei der Buchpräsentationen wurden von den Autor/innen zwei Punkte ihrer Forschungsarbeit vorgestellt: die Informationsgewinnung durch das MfS (vor allem durch „Informelle Mitarbeiter“ wie Dirk Schneider) und das Einreiseverbot für die Grünen Parteimitglieder und Sympathisanten in den Jahren 1983 und 1984. Als wichtigster Punkt ist dabei festzuhalten, dass die Stasi die gesamte Palette ihres Instrumentariums zur Informationsgewinnung nutzte. Dabei schwankte die Qualität der „gut 3000 Meldungen“ über die Grünen aber erheblich und es wäre durchaus möglich gewesen vieles auch aus der westlichen Presse abzuleiten.

Die Autor/innen sprechen vom Scheitern der Hauptziele der DDR-Politik, die Grünen von DDR-feindlichen Aktionen und den Kontakten zu der DDR-Opposition abzuhalten. Die Einreisepolitik bildete das „wichtigste exekutive Handlungs- und Eingriffsfeld des MfS“. Die Grünen waren die einzige Partei, die einem Einreiseverbot, wenn auch für eine kurze Zeit, unterlag. Allerdings schwankte die DDR-Führung zwischen unterschiedlichen Positionen und Handlungsoptionen und verfolgte in diesem Punkt keine eindeutige Linie.

Rege Beteiligung von Betroffenen

Die anschließende Diskussion trug die Züge eines Zeitzeugengesprächs, da im Publikum zahlreiche unmittelbar Betroffene anwesend waren: u.a. Wolfgang Templin und Wolfgang Wieland (beide auf dem Podium), Gerd Poppe, Roland Jahn, Milan Horaček, Lukas Beckmann, Eva Quistorp und Ludger Volmer. Die Zeitzeugen meldeten sich energisch zur Wort und es entwickelte sich ein spannendes Gespräch voller persönlicher Erinnerungen.

Lukas Beckmann erzählte, wie er trotz des Einreiseverbots in die DDR mit einem „schicken Wagen“ einreisen konnte und wie Honecker seine Unterschrift auf ein, von den Grünen mitgebrachtes, Plakat setzte. Gerd Poppe rückte dagegen die Bedeutung der DDR-Oppositionellen in den Fokus und betonte, dass nur eine kleine Minderheit der Grünen überhaupt ein Interesse an diesem Thema hatte.  

Die Grünen durch den Blick der Stasi

Dank dieser historischen Studie können interessierte Lesende den Grünen durch das Prisma der Stasi-Beobachtung in den 1980er Jahren begegnen und vieles über die Funktionsweisen des DDR-Geheimdienstes lernen. Dabei ist es der Verdienst der Autor/innen, vor allem durch die detaillierte Kontextualisierung die Grenzen der Einflussnahme durch den MfS aufgezeigt zu haben.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Ch. Links Verlag statt.


Jens Gieseke   Andrea Bahr   
Die Staatssicherheit und die Grünen
Zwischen SED-Westpolitik und Ost-West-Kontakten


Christoph Links Verlag GmbH
Erschienen: Oktober 2016
Seitenzahl: 360
ISBN: 978-3-86153-842-4
30,00 EUR

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