
Am Dienstag, den 10. Januar 2017, ist Alexej Jablokow im Alter von 83 Jahren in Moskau gestorben. Der Autor und Mitbegründer von Greenpeace war in den 1990er Jahren zu einer charaktervollen Autoritätsfigur der grünen Bewegung in Russland geworden. Die Heinrich-Böll-Stiftung verliert mit Alexej Jablokow einen guten Freund und Partner.
Vor fast genau einem Jahr kam Alexej Jablokow ins Moskauer Büro der Heinrich-Böll-Stiftung, um ein weiteres großes Buch-Projekt zu besprechen. Etwas außer Atem war er und beklagte, dass auch zwei Wochen im Krankenhaus mit allen erdenklichen Untersuchungen zu keiner Diagnose geführt hätten. Gegen die Kurzatmigkeit habe er allerdings ein erstes Mittel gefunden: „Ich laufe einfach langsamer“, sagte er lapidar. Doch das mildere Tempo blieb ihm lästig, denn es bremste seinen Tatendrang. Sogar die Krankheitsruhe nutzte er, um vor allem seine Arbeitsliste neuer Buchkapitel abzuarbeiten. Wenige Monate später, im April 2016, kam mit Unterstützung der Stiftung sein überarbeitetes Buch „Tschernobyl: Die Folgen der Katastrophe für Mensch und Natur“ heraus – ein Standardwerk zu den medizinischen, ökologischen und biologischen Auswirkungen der Nuklearkatastrophe von 1986. Am Dienstag ist Alexej Jablokow im Alter von 83 Jahren in Moskau gestorben.
Jablokow ist vor allem in den neunziger Jahren des vorigen Jahrhunderts zur charaktervollen Autoritätsfigur der grünen Bewegung in Russland geworden. Es gelang dem Biologen, Spezialgebiet Meeressäugetiere, sehr unterschiedliche Persönlichkeiten der heterogenen Ökologiegemeinde zu vereinen: offen und integer, unbestechlich und voller Hingabe für den Schutz der Natur und Umwelt, mit einem unermüdlichen wissenschaftlichen Drang und zugleich einem wachen Auge für radikalere Aktivisten und neue Formen der Auseinandersetzung. Der Schutz der Umwelt war für Jablokow kein Spartenthema, sondern untrennbar mit dem Einsatz für die Menschen und ihre Rechte verbunden.
1988 gehörte er zu den Mitbegründern von Greenpeace und zog ein Jahr später in der Öffnungsphase der Sowjetunion als vom Volk gewählter Abgeordneter in den Obersten Sowjet ein. Dem russischen Präsidenten Boris Jelzin stand er seit 1992 als ökologischer Berater zur Seite. Dabei schuf er sich dank seiner Prinzipientreue auch manche Feinde. Als er in der Kreml-Welt der weichen Teppiche und Korridorabsprachen nicht mehr erwünscht war, wechselte er in die Zivilgesellschaft und später in die Politik: Im Jahr 2005 übernahm er den Vorsitz der russischen Partei der Grünen, die sich später als Fraktion der Partei Jabloko anschloss.
Erst vor kurzem vollendete Jablokow als Ko-Autor eine Erklärung zur Umweltpolitik in Russland. Darin konstatierte er, dass der „vom Kreml gewählte Weg der Entwicklung Russlands als Ressourcen-Anhängsel der entwickelten Länder“ und in Richtung einer „Selbstisolierung des Landes“ immer mehr ökologische Probleme hervorrufe. Als eine der nötigen Gegenmaßnahmen empfahl er: eine „Absage an die staatliche Politik der Beschränkung der Tätigkeit zivilgesellschaftlicher Umweltorganisationen“. Jablokow bleibt eine Symbolfigur des Glaubens, dass Ehrlichkeit und Professionalität das Leben der Menschen zum Besseren wenden kann, und der Erkenntnis, wie sehr dieser Glaube ein Leben lang auf die Prüfung gestellt wird.
Die Heinrich-Böll-Stiftung verliert mit Alexej Jablokow einen guten Freund und Partner.