Trudeaus Klimapolitik: Nichts als leere Worthülsen

Analyse

Justin Trudeaus klimapolitische Bilanz fällt ernüchternd aus. Wie sehen die klimapolitischen Ziele der anderen Parteien aus? Ein Vergleich der Wahlprogramme.

Klimapolitik und Wahlen in Kanada - Bild: Protest gegen den geplanten Ausbau der Pipeline-Netze

Zum UN-Klimagipfel am 23. September kam Kanadas Ministerpräsident Trudeau nicht. Obwohl er die mit Abstand kürzeste Anreise nach New York gehabt hätte, verglichen mit den anderen Regierungschefs, die aus aller Welt anreisten. Sicherlich kann er den laufenden Wahlkampf als Grund angeben. Trotzdem darf bezweifelt werden, ob Kanada mit seiner schwachen Klimapolitik überhaupt die Kriterien erfüllt hätte, um beim Klimagipfel aufzutreten.

Denn obwohl Trudeau mit einem Versprechen von liberaler Zukunftspolitik gestartet war, als er 2015 zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wurde, hat er in Sachen Klimapolitik nur rhetorisch überzeugt. Auf der UN-Klimakonferenz im Dezember 2015 in Paris erhielt der frisch gewählte Politstar Standing Ovations als er verkündete: „Kanada ist zurück“. Damit machte Trudeau deutlich, dass er den Kurs seiner Vorgänger-Regierung rückgängig machen würde. Diese hatte sich komplett aus der internationalen Klimapolitik verabschiedet und keinerlei Zusagen zu Klimazielen und Finanzierungsbeteiligung gemacht.

Trudeau kündigte an, dass er Klimapolitik zur Priorität seiner Amtszeit machen würde und kreierte große Hoffnung bei seinen Wähler/innen zu Hause und auf internationaler Ebene. Doch diese erste Honeymoon-Phase ebbte langsam ab, da seinen Worten keine tatkräftige Handlung folgte.

Als Trudeau sich dann auch noch als Befürworter von zahlreichen Pipeline-Projekten entpuppte, erzeugte er nicht nur einen enormen Widerspruch zu seiner angeblichen Klimapolitik, sondern auch viel Enttäuschung und Unmut bei seinen Unterstützer/innen.

Wie stehen, im Lichte dieser ernüchternden Regierungsbilanz, seine Chancen auf Wiederwahl am 21. Oktober?

Kanada verfehlt seine Klimaziele

Trudeaus Regierung hat drei klima- und energiepolitische Maßnahmen eingeführt, die jedoch alle keine echte Hebelwirkung haben. Der beschlossene Kohleausstieg bis 2030 ist ein wichtiger Schritt für eine Fossilindustrie wie Kanada. Jedoch werden die meisten Kohle-Kraftwerke auf Gas umgestellt und damit nach wie vor Treibhausgas produzieren.

Für Personenwagen wurden Verkaufsquoten für Null-Emissions-Fahrzeuge eingeführt – 10 Prozent bis 2025, 30 Prozent bis 2030 und 100 Prozent bis 2040. Diese Regelung ist wenig ambitioniert und greift vor allem zu spät, um im Transportsektor die notwendige Dekarbonisierung zu erreichen. Dabei könnte hier ein wichtiger Beitrag liegen, da der Verkehr knapp 25 Prozent der Treibhausgasemissionen in Kanada verursacht.

Die größte Wirkung zur Emissionsreduzierung sollte die Einführung einer CO2-Steuer haben. Da die Gesetzgebungskompetenz in den Bereichen direkte Steuern und Energie grundsätzlich bei den Provinzen liegt und einige bereits einen Preis auf Emissionen implementiert hatten, wurde den einzelnen Provinzen freigestellt bis Anfang 2019 ein eigenes System zu verabschieden.

Sie waren aufgefordert einen CO2-Preis von mindestens 20 CAD (entspricht etwa 14 EUR) pro Tonne einzuführen und diesen bis 2022 jedes Jahr um 10 CAD zu erhöhen. Jedoch weigern sich die Provinzen Ontario, Saskatchewan, Manitoba und New Brunswick gegen die Einführung einer CO2-Steuer und klagen derzeit dagegen. Vor erster Instanz sind sie gescheitert, jetzt liegt die Klage beim Verfassungsgericht.

Dieser Boykott gegen eine CO2-Steuer kann Trudeau nicht angelastet werden. Er ist vielmehr Ausdruck eines bundesstaatlichen Systems und lässt deutlich die Wirtschaftsinteressen gewisser Regionen erkennen.

Damit ist Kanada momentan weit davon entfernt sein Ziel von 30 Prozent weniger Emissionen bis 2030 (im Vergleich zu 2005) zu erreichen. Ganz im Gegenteil: Zuletzt sind Kanadas CO2-Emissionen sogar wieder gestiegen – von 558 auf 573 Millionen Tonnen (zwischen 2016 und 2017). Nach eigenen Berechnungen bestätigte die kanadische Regierung im Dezember letzten Jahres, dass sie nach aktuellem Stand die CO2-Emissionen bis 2030 lediglich um 16 Prozent senken könne.

Mister Pipeline

Den größten Widerspruch in seiner Klimapolitik hat Trudeau durch seine Unterstützung von Pipelines erzeugt. Er spricht sich für das Keystone XL Pipeline Projekt aus, obwohl die Erweiterung der Rohölleitung zwischen den USA und Kanada umstritten ist wegen ihrer hohen Klima- und Umweltschäden.

Trudeau hat außerdem die Enbridge Line 3 Pipeline sowie eine große Anlage für LNG (Flüssiggas) in Kitimat genehmigt. Letztes Jahr hat er dann noch die Trans Mountain Pipeline für 4,5 Milliarden CAD gekauft und das Projekt damit vor dem Aus bewahrt. Deren Ausbau wurde 2016 aufgrund mangelnder Konsultation der indigenen Bevölkerung von einem Gericht gestoppt.

Diesen Sommer hat Trudeau den hoch umstrittenen Ausbau der Ölleitung genehmigt. Die Kosten für den Ausbau werden auf 7,4 bis 9,3 Milliarden CAD geschätzt. Kritiker/innen warnen nicht nur vor den Schäden für Umwelt und Klima durch die Pipeline, sondern sprechen sich auch dafür aus, diese enormen Summen an öffentlichen Geldern besser für nachhaltige Technologien auszugeben.

Der Schriftsteller Tristan Hughes nennt Trudeaus Klimapolitik in einem Kommentar „Klimawandel-Leugnung mit menschlichem Gesicht“, da er einerseits eine Klimakrise ausrufe und gleichzeitig Pipelines genehmige.

Ressourcenförderung wirft Kanada im Klimapolitik-Ranking weit zurück  

Im August diesen Jahres analysierte Climate Action Network in Frankreich die Klimapolitiken aller G7-Staaten. Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass Kanada nach den USA und Japan am schlechtesten abschneidet. Das Ergebnis der Untersuchung: Der Klimaplan der kanadischen Regierung sei in hohem Maße unzureichend, um die angekündigten Klimaziele zu erreichen; als Konsequenz würde die weltweite Erwärmung um über 4 Grad Celsius steigen.

Auch Climate Action Tracker beurteilt die kanadische Klimapolitik für nicht ausreichend, da sie mit ihren bisherigen Maßnahmen zu einer weltweiten Erderwärmung von bis zu 3 Grad Celsius führen würde und damit das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens zunichtemacht.

Kanada hat enorme Gas- und Ölvorkommen und sowohl Wirtschaft als auch Politik sind geprägt von einer Kultur des „unbändigen Ressourcenförderns ohne an morgen zu denken“. Dieses Verständnis zeigt sich deutlich in einer Rede Trudeaus beim CERAweek Global Energy and Environment Leadership Award Dinner in Houston, Texas im März 2017:

No country would find 173 billion barrels of oil in the ground and just leave them there.

Welche Dominanz und Dimension die Fossilindustrie in Kanada einnimmt, machen die Untersuchungen von Carbon Tracker deutlich. Diese zeigen, dass die Öl- und Gasindustrie allein in den letzten zwei Jahren 50 Milliarden USD investiert haben.

Davon fand ein großer Teil der Investitionen in Kanada statt – Shells 13 Milliarden USD Flüssiggas-Projekt und ExxonMobils Aspen Projekt in Ölsand mit 2,6 Milliarden USD.

Vor allem am zweiten Beispiel zeigt sich, dass ein funktionierender CO2-Preis wirkungsvoll sein könnte. Denn da die Förderung von Ölsand aufwendig und kostspielig ist, erfordert dieses Projekt einen Preis von 80 USD pro Barrel, um eine Rendite von 15 Prozent zu erwirtschaften. Mit einem in den letzten Jahren stetig sinkenden Ölpreis (derzeit liegt er bei etwa 65 USD pro Barrel) plus einem deutlichen CO2-Preis würde sich der Abbau von Ölsand für ExxonMobil nicht rentieren. Jedoch setzt die Politik nicht diese notwendigen Signale; ganz im Gegenteil – sie fördert und subventioniert weiterhin fossile Energieträger.

Wie die Parteien zum Klimaschutz stehen

Nach einer aktuellen Umfrage ist Klimawandel eines der wichtigsten Themen für die Wähler/innen in Kanada. In einer Befragung durch Abacus diesen Sommer zeigt sich, dass 57 Prozent der Kanadier/innen der Meinung sind, dass die derzeitige Regierung zu wenig gegen Klimawandel unternimmt. 83 Prozent bewerten den Klimawandel als Krise oder zumindest als ernsthaftes Problem.

In Bezug auf fossile Energieträger sprechen sich 62 Prozent dafür aus, diese drastisch zu reduzieren oder sogar komplett abzuschaffen; die Zustimmung ist besonders unter Erstwähler/innen bis 29 Jahre und der älteren Bevölkerung ab 60 Jahre besonders hoch.

Adressieren die etablierten Parteien den Wunsch der Wähler/innen? Mit welchen Ideen und Konzepten präsentieren sie sich im Wahlkampf? Ein Blick in die Wahlprogramme der Parteien zeigt große Unterschiede, wenn es um den Kampf gegen Klimawandel geht.

Liberal Party: Maßnahmen ohne konkrete Zielvorgaben

Trudeaus Liberal Party tritt mit dem Wahlkampfslogan Choose Forward und dem Versprechen an, Kanada bis 2050 emissionsneutral zu gestalten. In der Annahme, dass manche Sektoren jedoch auch dann immer noch CO2 verursachen werden, schlägt sie Ausgleichsmaßnahmen wie Aufforstung vor.

Die Partei will rechtlich verbindliche Zwischenziele einführen, die alle fünf Jahre überprüft werden und das Emissionsziel für 2030 erhöhen, jedoch gibt sie nicht an, wie viel höher die Reduktion sein soll.

Ein Just Transition Act soll Arbeitnehmer/innen bei der Umstellung auf neue Industrien unterstützen. Sie bekräftigt den Kohleausstieg bis 2030 und den CO2-Preis. Es werden Maßnahmen wie Investitionen in Erneuerbare Energien, Energieeffizienz und den öffentlichen Nahverkehr genannt, ohne jedoch konkrete Budget- und Zielvorgaben zu machen.

Nach Fertigstellung des Trans Mountain Expansion Project – auf den Begriff Pipeline verzichtet die Partei – erhofft sie sich jährliche Steuereinnahmen von 500 Millionen CAD. Mit den kalkulierten Kosten von etwa 13 Milliarden CAD für den Kauf und den Ausbau der Pipeline braucht es mindestens 26 Jahre bis die Investition dieser öffentlichen Gelder sich amortisiert hätte.

Conservative Party: Klima ist Wirtschaftssache

Die Conservative Party tritt mit dem Programm A Real Plan to Protect Our Environment an und will sich darin auf kein CO2-Reduktionsziel festlegen. Die Partei bekennt sich nicht zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und lehnt eine CO2-Steuer ab. Anstatt die eigenen über Jahrzehnte verursachten Treibhausgasemissionen anzuerkennen, sehen sie in China den größten Emittenten.

Anstatt die eigenen Emissionen zu reduzieren, will die Partei ihre Gasvorkommen an andere Länder exportieren und sieht darin einen Klimabeitrag, da diese sauberer seien als der Abbau und die Verbrennung von Kohle. Ansonsten setzt sie auf Naturschutz und grüne Technologien. Damit hat die Conservative Party keine überzeugende Klima-Agenda – anstelle von Regulierung will sie das Thema Klima der Wirtschaft überlassen.

New Democratic Party: Für verbindliche Klimaziele und soziale Gerechtigkeit

Unter ihrem Spitzenkandidaten Jagmeet Singh macht sich die New Democratic Party stark für die Bekämpfung von Klimawandel und Ungerechtigkeit. Neben der Reduzierung von Emissionen, spielt soziale Gerechtigkeit und die Schaffung von mindestens 300.000 neuen Jobs in grünen Wirtschaftszweigen eine elementare Rolle.

Als Reduktionsziel gibt die Partei 450 Megatonnen bis 2030 an, was einer Emissionssenkung von 37 Prozent (im Vergleich zu 2005) entsprechen würde.

In ihrem Klimaschutzplan Power to Change: A new deal for climate action and good jobs spricht sich die Partei für einen CO2-Preis aus, plant den öffentlichen Nahverkehr bis 2030 vollständig zu elektrifizieren, will Energieeffizienz durch die Modernisierung aller Gebäude bis 2050 erreichen, sieht Investitionen in Höhe von 15 Milliarden CAD zur Finanzierung von grüner Technologie und Job-Programmen vor und fordert verbindliche Klimaziele, die regelmäßig durch eine Aufsichtsbehörde überprüft werden.

Insgesamt legt die New Democratic Party ein sehr umfangreiches und weitgehendes Klimaprogramm vor, welches auch soziale Aspekte und Bürger-Energie beinhaltet.

Bloc Québécois: Klimaziele bleiben vage

Die Partei Bloc Québécois spricht sich in ihrem Wahlprogramm Le Québec, c’est nous zwar für das Erreichen der Pariser Klimaziele und rechtlich verbindliche Emissionswerte aus. Jedoch legt sie sich nicht auf konkrete Zielangaben und Maßnahmen zu deren Erreichung fest.

Sie spricht sich gegen Pipelines in Quebec aus, will die Subventionen für fossile Energieträger beenden und die Anreize für Nullemissions-Fahrzeuge stärken. Die Agenda der Bloc Québécois enthält einige Klimaambitionen, bleibt jedoch vage, wenn es um die Umsetzung geht.

Green Party: Ambitionierte Pläne ohne konkrete Finanzierungskonzepte

Mit Mission: Possible - The Green Climate Action Plan stellt die Green Party ihr Klimaprogramm vor und unterstützt die Forderung nach einem Green New Deal. CO2-Emissionen will sie bis 2030 um 60 Prozent (im Vergleich zu 2005) senken, bis 2050 soll Kanada emissionsneutral sein.

Die Partei spricht sich für einen CO2-Preis aus, will alle Subventionen für fossile Energieträger streichen und Fracking verbieten. Ab 2030 sollen alle verkauften Neuwagen Elektroautos sein und bis 2050 sollen alle Fahrzeuge auf Kanadas Straßen elektrisch fahren, indem auch ältere Autos umgebaut werden.

Außerdem wollen sie das Schienennetz ausbauen. Die Green Party stellt ein Klimaprogramm mit ambitionierten Zielen für Kanada vor, inklusive eines Aktionsplans mit 20 Maßnahmen, um diese zu erreichen. Wie das Klimapaket im Detail finanziert werden soll bleibt offen.

People’s Party: vollkommene Verweigerung der Klima-Realität

Die People’s Party leugnet den menschengemachten Klimawandel und vertritt sogar die These, dass höhere CO2-Werte gut für die Begrünung der Natur seien. In ihrem Programm Global Warming and Environment: Rejecting Alarmism and Focusing on Concrete Improvements fordern sie den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen, den Rückzug Kanada’s aus der internationalen Klimafinanzierung, die Abschaffung der CO2-Steuer und die Streichung jeglicher Fördermittel für grüne Technologien. Damit erfüllt die Partei keinen Anspruch eines Klimaplans, sondern verweigert sich gänzlich der Bekämpfung von Klimawandel.

Klima-Aktivismus in Kanada

Nach dem Vorbild des Sunrise Movement in den USA haben junge Klima-Aktivist/innen im April die nationale Kampagne Our Time gegründet. Mit dieser setzen sie sich für eine Green New Deal Vision für Kanada ein. Sie fordern eine soziale und ökologische Transformation hin zu 100 Prozent Erneuerbaren Energien, den Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die Schaffung von fair bezahlten Jobs und die Einbindung von indigenen Bevölkerungsgruppen.

Ziel ist die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 45 Prozent zu senken und bis 2050 emissionsneutral zu sein. Im laufenden Wahlkampf unterstützt Our Time 23 Kandidat/innen der New Democratic Party und 6 von der Green Party, da sie diese aufgrund ihres Wahlprogramms als Fürsprecher/innen eines Green New Deal identifiziert haben.

Im Mai hat sich zudem ein Bündnis von 150 Organisationen - aus den Bereichen Umwelt, Kirche, Gesundheit und Migration sowie Gewerkschaften und indigene Bevölkerungsgruppen - zusammengeschlossen, um einen Green New Deal Pakt zu schließen. Sie führten landesweit Town Hall Workshops durch, an denen über 7.000 Personen teilnahmen, um ihre Ideen für ein Green New Deal Konzept einzubringen und Empfehlungen für eine entsprechende Politik zu entwickeln.

Da das Bündnis aus vielfältigen relevanten Gesellschaftsgruppen besteht, hat es Potenzial ein Konzept zu entwickeln, das anschlussfähig ist und einen mehrheitlichen Konsens finden könnte. Wenn sie es dann noch schaffen ihren Green New Deal Pakt wirkungsvoll zu präsentieren, wäre die neue Regierung gezwungen sich zumindest dazu zu positionieren.

Anders als in den USA ist die Debatte um einen Green New Deal in Kanada jedoch noch nicht in einer relevanten Breite innerhalb der Bevölkerung angekommen. Die Abacus Umfrage hat ergeben, dass 67 Prozent der Wähler/innen noch nie vom Green New Deal gehört haben. Und nur die Green Party geht bisher auf die Idee eines Green New Deals ein.

Es bleibt interessant abzuwarten, inwieweit Our Time vor allem mehr junge und progressive Wähler/innen mobilisieren kann und wie viele ihrer Green New Deal Kandidat/innen ins Parlament gewählt werden, um das Konzept zukünftig in den politischen Diskurs einzubringen.

In Montreal versammeln sich Schüler zum Klimastreik

Das Climate Strike Canada Bündnis setzt sich für die Reduzierung der Emissionen um 75 Prozent bis 2030 (im Vergleich zu 2005) ein und fordert die Abschaffung der Subventionen für fossile Energieträger sowie keine weitere Genehmigung neuer Projekte zum Abbau von Öl und Gas.

Hunderttausende Kanadier/innen kamen am 27. September zum Klimastreik zusammen; unterschiedliche Schätzungen sprechen von 315.000 bis 500.000 Demonstrierenden allein in Montreal.

Dieser externe Inhalt erfordert Ihre Zustimmung. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung.

video-thumbnailOpen external content on original site

Landesweit gingen Menschen auf die Straße, CBC News Reporter/innen berichteten aus unterschiedlichen Städten zum Klimastreik. Greta Thunberg beteiligte sich am Klimastreik in Montreal und motivierte die Klima-Aktivist/innen in ihrer Rede weltweit gemeinsam zu streiken und die Politik zum Kampf gegen Klimawandel aufzufordern. Inspiriert durch Greta reisten viele Schüler/innen an, um sich am Klimastreik zu beteiligen. Montreal’s Stadtverwaltung bot den ganzen Tag kostenlosen Nahverkehr an.

Die Spitzenkandidat/innen Justin Trudeau, Elizabeth May (Green Party) und Yves-François Blanchet (Bloc Québécois) kamen ebenfalls zum Streik in Montreal; Jagmeet Singh (New Democratic Party) nahm am Klimastreik in Victoria teil. Während Trudeau’s Auftritt beim Klimastreik ertönten immer wieder protestierende Stimmen gegen seine Pipeline Politik.

Dieser externe Inhalt erfordert Ihre Zustimmung. Bitte beachten Sie unsere Datenschutzerklärung.

video-thumbnailOpen external content on original site

Minderheiten-Regierung bietet Chancen für progressive Klimapolitik

Naomi Klein, kanadische Klima-Aktivistin und Autorin des gerade erschienenen Buchs On Fire: The Burning Case for a Green New Deal, ist der Meinung, dass die derzeitige Regierung keine verantwortungsvolle Politik betrieben habe. Dies hätte vor allem mit der Immunität zu tun, die Trudeau durch seine Mehrheitsregierung hat.

Daher erhofft sie sich vom Wahlergebnis eine Minderheiten-Regierung, die gezwungen wäre Allianzen zu bilden und die jeweils besten Policy-Lösungen zu adaptieren. Diese wäre laut Klein auch gezwungen stärker auf den Druck von sozialen Bewegungen einzugehen, anstelle vier Jahre durchzuregieren.

Nach aktuellsten Umfragen (Stand 3. Oktober 2019) würde die Liberal Party 162 Sitze, die Conservative Party 139 Sitze, die Bloc Québécois 18 Sitze, die New Democratic Party 14 Sitze und die Green Party 5 Sitze bekommen. Die People’s Party würde kein Mandat bekommen. Mit insgesamt 338 Sitzen würde Trudeaus Liberal Party damit die Mehrheit verlieren.

Er müsste sich dann entweder mit einer Minderheitsregierung begnügen und sich für seine politischen Projekte zukünftig Partner im Parlament suchen. Alternativ könnte er eine Koalition formen, die eine Richtungsänderung in manchen Policy-Feldern bedeuten könnte. Wenn Trudeau es mit Klimapolitik ernst meint, wären die New Democratic Party oder die Green Party geeignete Koalitionspartner.

Trudeau könnte in seiner zweiten Amtszeit aus Lippenbekenntnissen Taten folgen lassen und zeigen, dass er Klimapolitik nun tatsächlich zu seiner Priorität macht und damit dem Willen der meisten Kanadier/innen entspricht. Er müsste dafür allerdings einen echten Kurswechsel einleiten und sich gegen die Interessen der dominanten Fossilindustrie hinwegsetzen und eine alternative Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung von sozialen Aspekten in die Wege leiten. Nur so kann eine ökologische und soziale Transformation in Kanada gelingen.


Dieser Text ist Teil des Dossiers Wahlen in Kanada 2019.