Die Corona- und Wirtschaftskrise könnte zu neuer Machtkonstellation im Kongress führen

Hintergrund

Donald Trump ist durch sein schlechtes Management der Coronakrise unter Druck geraten und muss aufgrund der zu erwartenden Rezession um seine Wiederwahl am 3. November fürchten. Die Krise könnte auch entscheidende Auswirkungen auf die Kongresswahlen haben. Wie gut stehen die Chancen, dass die Demokraten nach dem Gewinn der Wahlen zum Repräsentantenhaus 2018 dieses Jahr auch den Senat zu ihren Gunsten drehen?

Ausschnitt des US-Senats

Während der US-Wahlkampf aufgrund der Coronakrise in vielerlei Hinsicht unterbrochen ist, tagte der Kongress diese Woche noch, um sich auf mehrere Hilfspakete zur Krisenbewältigung zu einigen. Daneben hat die Trump-Regierung nun ein massives Konjunkturpaket vorgeschlagen, das den Absturz der Wirtschaft verhindern und Trumps Chancen auf seine Wiederwahl am 3. November erhöhen soll. Am gleichen Tag werden alle Mandate des Repräsentantenhauses (derzeit eine demokratische Mehrheit) sowie 33 Sitze des Senats (derzeit eine republikanische Mehrheit) neu vergeben. Während vieles darauf hindeutet, dass die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus halten können, könnten sie auch mehrere Sitze im Senat dazugewinnen. Damit könnte sich die Machtkonstellation in Washington entscheidend verändern.

Republikanische Mehrheit im Senat ein wichtiger Bestandteil von Trumps Macht

Die republikanische Mehrheit im Senat ist ein wichtiger Bestandteil von Donald Trumps politischer Macht. Unter Mehrheitsführer Mitch McConnell haben die Republikaner der Ernennung von erzkonservativen Verfassungsrichtern und anderen Richter/innen zugestimmt und eine umfassende Steuerreform durchgesetzt – aufgrund ihrer langfristigen Folgen eine aus republikanischer Sicht durchaus erfolgreiche Bilanz. Daneben konnten die Republikaner Trumps Amtsenthebung verhindern.

Der Senat, bestehend aus jeweils zwei Vertreter/innen jedes Bundesstaats, ist gemeinsam mit dem Repräsentantenhaus für die Bundesgesetzgebung zuständig und verfügt daneben über eine Vielzahl an Kompetenzen, die den Präsidenten in seiner Macht begrenzen können. Der Senat muss allen vom Präsidenten nominierten Kabinettsmitgliedern, Botschafter/innen, Richter/innen am Verfassungsgericht und anderen Bundesgerichten sowie einer Vielzahl an hochrangigen Beamten zustimmen. Der Senat ist auch für die Ratifizierung von internationalen Abkommen zustängig, denen er mit Zweidrittelmehrheit zustimmen muss; das Pariser Klimaabkommen oder das Iran-Atomabkommen, die während der Obama-Administration ausgehandelt wurden, wurden deshalb niemals von den USA ratifiziert. Der Senat trifft daneben im Falle eines Impeachment-Verfahrens die Entscheidung über eine Amtsenthebung des Präsidenten und anderer Amtsträger/innen. Außerdem kann der Senat im Zusammenspiel mit dem Repräsentantenhaus US-Militäreinsätze ablehnen, die vom Präsidenten eingeleitet wurden. Allerdings kann der Präsident ein Veto gegen eine solche War Powers Resolution einlegen, das nur mit Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern aufgehoben werden kann. Deshalb hat auch die kürzlich verabschiedete Resolution des Kongresses, mit der eine durch Trump eigenmächtig eingeleitete Militäraktion gegen den Iran verhindert werden soll, wenig Aussicht auf Erfolg.

Demokraten könnten mehrere Senatssitze dazugewinnen

Bisher stellen die Republikaner mit 53 Senatoren die Mehrheit im Senat, während der Fraktion der Demokraten 45 Demokratische Abgeordnete sowie zwei unabhängige Senatoren (darunter Bernie Sanders) angehören. Alle zwei Jahre wird ein Drittel der Senatoren mit einer Amtszeit von sechs Jahren wiedergewählt. In diesem Jahr stehen 35 Senatssitze zur Wahl, da es neben den 33 regulären Wahlen auch Nachwahlen für zwei Senatssitze in Arizona und Georgia gibt. Vor der größeren Herausforderung stehen die Republikaner, die 23 Sitze verteidigen müssen. Deshalb besteht auf Seiten der Demokraten die Hoffnung, die Mehrheitsverhältnisse im Senat zu ihren Gunsten zu drehen. Die Auswirkungen der Coronakrise, insbesondere eine schwere Wirtschaftskrise, könnten dabei ein entscheidender Faktor sein.

Die Hoffnungen der Demokraten liegen besonders auf den Staaten Arizona, Maine, Colorado und North Carolina. Laut aktuellen Umfragen stehen die Chancen gut, dass der frühere Astronaut Mark Kelly der republikanischen Senatorin Martha McSally einen Sitz in Arizona abjagen wird. Auch in Maine stehen die Chancen gut, dass die demokratische Kandidatin Sara Gideon gegen die republikanische Amtsinhaberin Susan Collins gewinnt. In Colorado könnte der ehemalige demokratische Gouverneur John Hickenlooper gegen den Amtsinhaber Cory Gardner gewinnen. Daneben bestehen gute Aussichten, dass Cal Cunningham in North Carolina gegen den republikanischen Amtsinhaber Thom Tillis gewinnt. Letzterer ist zuletzt in die Kritik geraten, weil er Trumps Krisenmanagement während der Coronakrise lobte, während er 2014 die Obama-Administration scharf dafür kritisiert hatte, nicht genügend Vorbereitungen auf die Ebola-Krise getroffen und dadurch die nationale Sicherheit gefährdet habe.

Während für die Demokraten also gute Aussichten bestehen, den Republikanern einige Senatssitze abzunehmen, werden die Republikaner wahrscheinlich in Alabama den Senatssitz von Doug Jones zurückgewinnen. Noch ist daneben nicht abzusehen, ob der demokratische Senator Gary Peters in Michigan seinen Sitz verteidigen kann. Ist das der Fall würden die Demokraten drei Mandate hinzugewinnen, was im Senat zu einer Pattsituation zwischen Republikanern und Demokraten führen würde. Dann käme es bei wichtigen Entscheidungen auf den Vizepräsidenten an, der als Vorsitzender des Senats bei einem Patt die entscheidende Stimme abgibt.

Wirtschaftskrise als größte Gefahr für Republikaner im Wahlkampf

Für die Republikaner problematisch ist, dass sich die meisten ihrer Kongressmitglieder und Parteieliten seit Trumps Wahl 2016 loyal gegenüber dem Präsidenten verhalten und dessen politische Agenda unterstützt haben. Auch die meisten aussichtsreichen Kandidat/innen für den Kongress haben im Wahlkampf bisher die Nähe zu Trump gesucht. So haben sich die Republikaner auf Gedeih und Verderb von Trumps Zustimmungswerten abhängig gemacht.

Nach wochenlangen Herunterspielen der Gefahr des Coronavirus durch Trump, Fox News und andere konservative Medien und Kommentatoren glaubt die Mehrheit der republikanischen Wähler/innen bisher nicht, dass es sich beim Virus um eine ernsthafte Bedrohung für die USA handelt. Allerdings befürchten viele eine Wirtschaftskrise. Diese wird sich wahrscheinlich nicht vermeiden lassen, trotz des nun von Trump vorgeschlagenen Konjunkturpakets, das eine krasse Abkehr von republikanischer Fiskalpolitik wäre. Historisch war es bisher für jeden amtierenden Präsidenten schwierig, während einer Wirtschaftskrise wiedergewählt zu werden. Und da sich Trump während seiner Amtszeit insbesondere über das Wirtschaftswachstum definiert hat wird eine Rezession schwer an seinem Image kratzen. Sollten sich die Wirtschafts- als auch die Gesundheitskrise – beschleunigt durch das viel zu späte Handeln Donald Trumps – weiter zuspitzen, wird die Unzufriedenheit mit Trump auch unter republikanischen Wähler/innen zunehmen. Das wird ein riesiges Problem für alle Republikaner/innen im Wahlkampf.