Die seit 2020 andauernden Spannungen zwischen der armenischen Regierung und dem politisch aktiven Klerus eskalierten Ende Juni, nachdem zwei hochrangige Kirchenmänner verhaftet worden waren. Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung könnte nicht nur für die Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Staat und Kirche von Bedeutung sein, sondern auch die Parlamentswahlen im kommenden Jahr maßgeblich beeinflussen.

Der verhaftete Erzbischof Bagrat Galstanjan (Geburtsname: Wasgen) soll einen gewaltsamen Putsch gegen Premierminister Paschinjan geplant haben. In diesem Zusammenhang wurden weitere 14 Personen festgenommen. Der Putschplan wurde im Jahr 2024 entworfen und sieht Aktivitäten vor, die im November desselben Jahres beginnen und sich bis ins Jahr 2025 erstrecken sollten – abhängig davon, wann der geeignete Zeitpunkt für die Umsetzung gekommen ist. Der Erzbischof Mikael Ajapahjan soll öffentlich zum gewaltsamen Umsturz der verfassungsmäßigen Ordnung und zur Machtübernahme aufgerufen haben. Ebenfalls verhaftet wurde ein armenischstämmiger Milliardär aus Russland, der sich jetzt als Beschützer der Kirche darstellt. Ihm wird vorgeworfen, in einem Interview Äußerungen zum Sturz der armenischen Regierung und zur Machtergreifung getätigt zu haben.
Erzbischof Bagrat Galstanjan ist kein Unbekannter. Bereits im Jahr 2024 initiierte er eine Protestbewegung, erklärte sich zum Kandidaten für das Amt des Premierministers und forderte Premier Paschinjan zum Rücktritt auf. Er beanspruchte das Recht für sich, eine Übergangsregierung ohne Wahlen zu bilden und erst zu einem späteren Zeitpunkt Parlamentswahlen abzuhalten. Für seine Unternehmung berief er sich auch auf den Segen des Oberhauptes der Armenisch-Apostolischen Kirche, Katolikos Garegin II. Weder dies noch die Unterstützung durch die parlamentarische Opposition, deren Kern die alte politische Elite bildet, halfen Galstanjan, sein Ziel zu erreichen. Trotz zahlreicher Protestmärsche und großer Demonstrationen gelang es ihm nicht, eine kritische Masse zu mobilisieren, die Paschinjan Sorgen bereiten könnte.
Erzbischof wollte Übergangsregierung ohne Wahlen bilden
Auch der zweite verhaftete Erzbischof, Mikael Ajapahjan ist seit 2021 ein bekannter Paschinjan-Gegner. Er hat öffentlich sein Bedauern darüber geäußert, dass die ehemaligen Präsidenten Armeniens keine treuen Armeegeneräle mobilisieren konnten, um Paschinjan seines Amtes zu entheben. Er ist auch für seine Beschimpfungen der Wähler*innen bekannt, die Paschinjan bei den vorgezogenen Parlamentswahlen 2021 eine absolute Mehrheit bescherten. Seine jüngsten Ausführungen zur praktischen Unmöglichkeit der Einhaltung des Zölibats und sein Werben um Verständnis sorgten für öffentliche Irritationen.
Der Geschäftsmann Samwel Karapetjan ist in russischen Machtkreisen bestens vernetzt und besitzt in Armenien große Unternehmen. Seit 2016 ist er Hauptaktionär des armenischen Stromnetzes. Er pflegt enge Beziehungen zum Katolikos. Bei seiner Unterstützung für den Klerus wirft er Paschinjans Regierung vor, die äußere Sicherheit des Landes vollständig zerstört und die Beziehungen zu dessen wichtigstem Verbündeten Russland sowie die Zusammenarbeit mit den militärischen Partnern in der russlanddominierten Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) ruiniert zu haben. In Jerewan wird er deshalb vom russlandkritischen Teil der Gesellschaft als vom Kreml gesteuerter "Bidsina Iwanischwili 2." wahrgenommen. (Iwanischwili ist ein georgischer Oligarch mit engen Beziehungen nach Russland, dessen Partei in Georgien seit 13 Jahren die Regierung stellt).
Die Kirche wurde nicht im Dorf gelassen
Als Premierminister Paschinjan vor einigen Wochen die mutmaßlichen Verstöße gegen das Zölibat einiger hochrangiger Kirchenmänner, darunter des Kirchenoberhauptes, in einem sehr derben Ton zum Thema der öffentlichen Diskussion machte, vermuteten viele in Armenien, dass mehr dahinterstecken könnte. Daher kamen die Verhaftungen für die Öffentlichkeit nicht ganz überraschend. Trotzdem war die Bestürzung groß, als die Mitschnitte der Gespräche des Erzbischofs Galstanjan sowie ein vermutlich von ihm konzipierter schriftlicher Putschplan aus dem Jahr 2024 veröffentlicht wurden. Dass ausgerechnet ein Geistlicher in diesen Mitschnitten einen Putschplan bespricht, bei dem er den möglichen Tod von Mitbürgern*innen infolge der Gewaltanwendung einkalkuliert, hat die Gesellschaft zutiefst erschüttert. Der Anwalt von Galstanjan bestreitet die Echtheit des Mitschnitts nicht. Er weist allerdings darauf hin, dass alle Gespräche in ihrer Gesamtheit gehört und im Kontext beurteilt werden sollten. Die Echtheit des schriftlichen Plans hingegen wird bestritten.
Die Aufdeckung des angeblichen Putschversuchs hat das Trauma des Jahres 1999, als bei einer Schießerei im Parlament der Premierminister, der Parlamentspräsident und einige Abgeordneter durch eine politische Terrorgruppe ermordet wurden, wiederaufleben lassen. Selbst den härtesten unabhängigen Kritiker*innen Paschinjans ist das Vorgehen der Kirchenmänner zu weitgehend. Dass das Kirchenoberhaupt und andere hochrangige Kleriker keine Stellung zu den politisch aktiven Bischöfen und deren Aufrufen zum Umsturz der gewählten Regierung bezogen oder diese verurteilt haben, rückt sie in ein ungünstiges Licht. In ihren Reaktionen verurteilten sie nur die Handlungen der Regierung und bewerteten sie als Attacke auf die Kirche als Institution.
Die Aufdeckung des angeblichen Putschversuchs hat das Trauma des Jahres 1999, als bei einer Schießerei im Parlament der Premierminister, der Parlamentspräsident und einige Abgeordneter durch eine politische Terrorgruppe ermordet wurden, wiederaufleben lassen.
Je nach Ausrichtung der jeweiligen Medien wird in der Medienlandschaft über die aktuellen Ereignisse unterschiedlich diskutiert. Dies zeigt einmal mehr, wie tief die Spaltung in der armenischen Gesellschaft ist. Die von der alten politischen Elite finanzierten Medien verharmlosen die Situation, während die regierungsnahen Medien sie in den krassesten Farben darstellen. Unabhängige Stimmen, die Paschinjan kritisch gegenüberstehen, äußern sich allerdings auch sehr kritisch über die Geistlichen. Sie fragen sich, warum die Kirche die Vorwürfe nicht dementiert, wenn sie falsch sind, sondern über alles Mögliche spricht, aber keine Antworten auf die direkten Fragen gibt. Doch gleichzeitig lehnen auch diejenigen, die die politischen Handlungen der Kirchenvertreter für problematisch halten, Paschinjans Vorgehensweise gegenüber der geistlichen Elite ab. Besonders große Empörung lösten seine derben verbalen Entgleisungen sowie der Versuch aus, Bischof Ajapahjan mit einem auffällig großen Polizeiaufgebot direkt im Hof der Kathedrale von Etschmiadzin festzunehmen.
Der Teil der Öffentlichkeit, der um jeden Preis Paschinjan vom Amt entfernt sehen will, sieht hingegen nichts Verwerfliches in Handlungen der Kirche und wirft Paschinjan vor, im Auftrag der Türkei und Aserbaidschans die armenische Kirche zerstören zu wollen.
Wasser predigen und selber Wein trinken?
Wie konnte es dazu kommen, dass sich Staat und Kirche in einer derartigen Konfrontation befinden? Ein kurzer Rückblick auf die politischen Geschehnisse in Armenien seit der „Samtenen Revolution“ im Jahr 2018 sowie ein Ausblick auf die bevorstehenden Parlamentswahlen im 2026 liefern Erklärungsansätze.
Schon lange vor der Revolution und Amtsübernahme durch Paschinjan waren Vorbehalte in der Gesellschaft gegenüber dem hohen Klerus in Armenien wahrzunehmen. Grund dafür war das Verhalten der Kirche seit den 2000er Jahren, insbesondere nach dem Amtseintritt des neuen Katolikos. Der Öffentlichkeit war nicht entgangen, dass die Kirche sich bis zur „Samtenen Revolution“ aus allen politischen Geschehnissen herausgehalten und still die autoritäre, korrupte politische Führung unterstützt hatte. Dem Kirchenoberhaupt wird bis heute vorgeworfen, dass er beispielsweise keinerlei Kritik geäußert hatte, als 2008 nach den umstrittenen Ergebnissen der Präsidentschaftswahlen die politische Führung Armeniens die friedlichen Demonstrationen brutal niederschlagen ließ, wobei zehn Demonstranten erschossen wurden. Auch nicht, als Aserbaidschan 2016 nach einem Angriff im Bergkarabach-Konflikt viele armenischen Stellungen unter seine Kontrolle brachte und in der armenischen Gesellschaft Vorwürfe an die eigene Armeeführung und Kritik an der Unterversorgung der Armee laut geworden waren. Und ganz besonders auffällig war das lange Schweigen der Kirche gegenüber der unerklärlichen, enormen Bereicherung der politischen Elite und deren autoritärer Unterdrückung der Gesellschaft.
Der Öffentlichkeit war nicht entgangen, dass die Kirche sich bis zur „Samtenen Revolution“ aus allen politischen Geschehnissen herausgehalten und still die autoritäre, korrupte politische Führung unterstützt hatte.
Auch die sehr freizügige Lebensweise einiger hochrangiger Kirchenmänner war lange Zeit ein Kritikpunkt. Ihnen, auch dem Kirchenoberhaupt, wurden die fehlende Einhaltung des Zölibats sowie private unternehmerische Aktivitäten und enge Verbindung zum russischen Machtzentrum nachgesagt. Ein Bischof wurde beispielsweise von seinem Geschäftspartner wegen Betrugs vor Gericht gebracht. Mit diesem hatte er Geschäfte in einer Diamantenmine in Sierra Leone – Stichwort Blutdiamanten – gemacht. Er bestritt zwar den Betrug, aber nicht die Beteiligung an diesem Unternehmen. Auch nicht, dass er einen Luxuswagen der Marke „Bentley“ privat geschenkt bekommen hatte.
Deshalb war es keine Überraschung, dass sich nach der Entmachtung der alten politischen Führung durch die „Samtene Revolution“ eine kleine Initiative mit dem Slogan „Neues Armenien, neues Kirchenoberhaupt” formierte, die den Rücktritt des Katolikos forderte. Sie hatte Zulauf, wurde aber von Paschinjan mit dem Hinweis gestoppt, dass laut der Verfassung Armeniens Staat und Kirche getrennt seien und Reformen oder Änderungen in der Kirche von der Kirche selbst initiiert und umgesetzt werden sollten.
Kirche gegen Wählerwillen und Regierung
Seit der Niederlage Armeniens im Zweiten Bergkarabach-Krieg im November 2020 hat sich die Lage jedoch geändert. Die Kirche ergriff Partei und wurde offen zur politischen Gegenspielerin der Regierung. Den Anfang machte der Katolikos im Dezember 2020, nur einen Monat nach dem von Moskau vermittelten Waffenstillstand. Er forderte öffentlich Paschinjans Rücktritt. Parallel dazu versuchte die alte politische Elite mithilfe anderer Oppositioneller und einiger Armeegeneräle, Paschinjan zu entmachten und eine Übergangsregierung aus den eigenen Reihen zu bilden. Der Katholikos empfing deren Premierministerkandidaten, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Seitdem wird die Kirche als Verbündete der Opposition wahrgenommen.
Doch die Versuche der Kirche, sich über den Wählerwillen hinwegzusetzen und die politische Macht nach ihren Vorstellungen zu gestalten, wurden von der Gesellschaft mehrheitlich abgelehnt. Dies geschah etwa 2021, als Paschinjan bei den vorgezogenen Parlamentswahlen 54 Prozent der Stimmen erhielt, sowie 2024, als die Protestbewegung des Erzbischofs Galstanjan an mangelnder gesellschaftlicher Unterstützung scheiterte.
Die kirchenkritische Haltung der Gesellschaft hat jedoch noch andere Gründe. Der Klerus und das Kirchenoberhaupt schweigen entweder oder haben in Bezug auf die Interessenkonflikte zwischen Russland und Armenien stets nur Rechtfertigungen für Russland und Kritik für Armenien übrig. So entging der Öffentlichkeit beispielsweise nicht, dass die Kirche kein kritisches Wort äußerte, als Russland seinen vertraglichen Verpflichtungen gegenüber Armenien nicht nachkam und Aserbaidschan im Jahr 2022 einige völkerrechtliche armenische Grenzterritorien nach einem militärischen Angriff besetzte. Genauso still blieben die Kirchenmänner, als Aserbaidschan im Jahr 2023 vor den Augen der in Bergkarabach stationierten russischen „Friedenstruppen” eine neue Militäroffensive startete und die dortige armenische Bevölkerung in die Flucht nach Armenien trieb.
Der Klerus und das Kirchenoberhaupt schweigen entweder oder haben in Bezug auf die Interessenkonflikte zwischen Russland und Armenien stets nur Rechtfertigungen für Russland und Kritik für Armenien übrig.
Ein Teil der Öffentlichkeit empört sich bis heute darüber, dass der Katholikos im Jahr 2022 eine Medaille des russischen Präsidenten für seine Verdienste um die Vertiefung der russisch-armenischen Beziehungen entgegengenommen hat. Auch die Tatsache, dass der Bruder des Katholikos Erzbischof der Armenischen Kirche in Russland ist und gute Beziehungen zum russischen Patriarchen pflegt, trägt dazu bei, dass der Katholikos in den Augen des wachsenden russlandkritischen Teils der Gesellschaft als zu russlandaffin wahrgenommen wird.
Legt der Anführer der „Samtenen Revolution“ die samtenen Handschuhe ab?
In Armenien schreibt man bereits das politische Jahr 2026: Die politischen Kräfte bringen sich für die im Juni des nächsten Jahres stattfindenden Parlamentswahlen in Stellung. In diesem Kontext ist auch die aktuelle Zuspitzung der Konfrontation zwischen Regierung und Klerus zu verstehen. Paschinjan dürfte es schwerfallen, sich bei diesen Wahlen durchzusetzen, denn seine Beliebtheitswerte sind deutlich niedriger als noch bei den Wahlen 2021. Er hat viel politisches Kapital verbraucht, um in der Gesellschaft für ein Friedensabkommen mit Aserbaidschan und die Normalisierung der Beziehungen zur Türkei zu werben. Darüber hinaus haben ihn seine häufig impulsive und unvorhersehbare Regierungsweise sowie eine Reihe nicht eingelöster Versprechen Wählergunst gekostet.
Die Agenda, mit der er in die Wahlen ziehen wird, steht komplett im Gegensatz zu der seiner härtesten Opposition und der Kirche. Zu seiner Agenda gehören der Abschluss des bereits verhandelten Friedensvertrags mit Aserbaidschan, die Normalisierung der Beziehungen mit der Türkei ohne Vorbedingungen, die europäische Integration Armeniens bis hin zu einer EU-Mitgliedschaft zu einem gegebenen Zeitpunkt sowie die Reduzierung der Abhängigkeit von Russland, insbesondere des russischen politischen Einflusses auf Armenien; womöglich auch der Austritt aus der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit. Da die parlamentarische Opposition und der Klerus gegen diesen Kurs sind und höchstwahrscheinlich auch bei den kommenden Wahlen eine gemeinsame Front zu bilden gedenken, hat Paschinjan ein großes Interesse daran, die politischen Aktivitäten der Kirche bis dahin zu unterbinden, um die Chancen der Opposition zu schwächen.
Armenien 2026 Ausrichter des EU-Gipfels
Aus heutiger Sicht dürfte Paschinjan seine Beschwichtigungsbemühungen zwischen der Kirche und der Initiative „Neues Armenien, neuer Katolikos“ im Jahr 2018 als einen folgenschweren politischen Fehler betrachten, den er heute offensichtlich nachträglich korrigieren möchte. Seit einigen Wochen plädiert er öffentlich dafür, dass der Katolikos wegen Verstößen gegen das Zölibat – angeblich hat er Lebensgefährtinnen und Kinder – und der Einmischung der Kirche in die Politik den Weg für Wahlen eines neuen Katolikos und eine Erneuerung der Kirche freimachen soll.
Armenien wird im Frühjahr 2026 Gastgeber des 8. Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft sein. In der zweiten Jahreshälfte wird Jerewan zudem die Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (COP 17) ausrichten. Mögliche langanhaltende Mobilisierungsaktionen der Opposition im Vorfeld der Parlamentswahlen und zum Zeitpunkt des Gipfels, die erfahrungsgemäß auch die Stadt verkehrstechnisch lahmlegen, wie es bei der Bewegung von Bischof Galstanjan im Jahr 2024 der Fall war, könnten der Regierung Kopfschmerzen bereiten. Womöglich auch deswegen eilt es Paschinjan damit, die politischen Aktivitäten der Kirche schon jetzt vorsorglich zurückzudrängen.
Die Verhaftung des russischen Geschäftsmanns Karapetjan sowie die Ankündigung, die armenischen Stromnetze wieder in staatliche Hand zu überführen, signalisieren, dass er den Einfluss Russlands auf die kommenden Parlamentswahlen schmälern will. Diese Ankündigung stieß in der Bevölkerung auf viel Zuspruch. Nur zwei Wochen nach der Verhaftung von Karapetjan nahm die Nationalversammlung in zweiter Lesung das von der Fraktion der Regierungspartei „Zivilvertrag“ vorgelegte Gesetzespaket vollständig an. Dies beinhaltet Änderungen der Gesetze „Über die Regulierungsbehörde für öffentliche Dienste” und „Über Energie”, die den Weg für die Verstaatlichung der Stromnetze ebnen.
Ein Machtwechsel in Armenien darf nur durch Wahlen erfolgen. Versuche, dies auf andere Weise – insbesondere mit Gewalt oder mit Hilfe Russlands – zu erreichen, sind hart zu bestrafen.
Paschinjan wird von der aktuellen Lage profitieren und seinen Imageverlust teilweise wettmachen können. Zwar ist die Haltung der Gesellschaft ihm gegenüber gespalten, doch in einer Sache scheint die Mehrheit sich einig zu sein: Ein Machtwechsel in Armenien darf nur durch Wahlen erfolgen. Versuche, dies auf andere Weise – insbesondere mit Gewalt oder mit Hilfe Russlands – zu erreichen, sind hart zu bestrafen. Diese Haltung der Gesellschaft sichert Paschinjan dann doch eine gute Ausgangslage für die kommenden Parlamentswahlen. Seit 2021 ist sich die Opposition nicht mehr sicher, ob sie Paschinjan durch Wahlen ablösen kann. So sucht sie nach anderen Möglichkeiten, um einen Machtwechsel herbeizuführen. Denn trotz der gesunkenen Beliebtheitswerte ist Paschinjan immer noch die charismatischste politische Figur im Land.
Der armenische Premierminister gilt allgemein als großer politischer Entertainer und Meister darin, Situationen zu eskalieren, um anschließend eine Entspannung zu seinen Gunsten herbeizuführen. Bislang ist ihm das gelungen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Zuspitzung und ihre möglichen Folgen gut kalkuliert waren oder ob er dieses Mal den Bogen überspannt hat.