Wasser wird in Deutschland knapper. Der Streit um die Tesla-Gigafactory in Grünheide zeigt, wie dringend klare Regeln nötig sind. Aus dem Konflikt lassen sich fünf zentrale Erkenntnisse für unseren zukünftigen Umgang mit Wasser ziehen.
Seit 2019 der Bau der Tesla Gigafactory in der brandenburgischen Kleinstadt Grünheide angekündigt wurde, reißt die Kritik nicht ab. Denn die Fabrik mit ihrem hohen Wasserbedarf wurde in einer der trockensten Regionen Deutschlands gebaut – noch dazu im Trinkwasserschutzgebiet.
Tesla ist kein Einzelfall: Immer wieder entstehen in Deutschland ähnliche Konflikte um die großindustrielle Nutzung von Grundwasser. Ob in Treuchtlingen im Altmühltal, wo Bürger*innen sich dafür einsetzen, dass die Wasserrechte von Aldi Nord nicht verlängert werden, oder in Lüneburg, wo Coca-Cola 2021 seine Anträge auf höhere Wasserentnahmen aufgrund von Protest zurückzog: Viele Menschen sorgen sich darum, dass Großkonzerne zu viel Wasser fördern und damit die Trinkwasserversorgung gefährden.
In all diesen Konflikten geht es um Wasserrechte und eine gerechte Wasserverteilung – und die Frage, wie die Nutzung unserer wichtigsten Lebensgrundlage gerecht und gut geregelt werden kann. Wasserkonflikte werden sich durch die Folgen der Klimakrise und mancherorts schwindende Wasservorkommen häufen und zuspitzen. Der Tesla-Konflikt lehrt uns fünf Erkenntnisse, die wir schon heute für unseren Umgang mit Wasser lernen können.
1. Unser Süßwasser ist endlich und seine Verfügbarkeit wird im Rahmen der Klimakrise geringer
Der Konflikt um Teslas Wasserverbrauch zeigt: Das Süßwasser ist auch in Deutschland endlich. Gerade einmal 0,3 Prozent der weltweiten Wasserreserven sind als Trinkwasser verfügbar. Auch durch die Klimakrise geraten die Grundwasservorkommen vielerorts aktuell unter Druck. Die Temperatur steigt, dadurch verdunstet mehr Wasser aus Pflanzen und dem Boden. Gleichzeitig regnet es in vielen Regionen weniger oder mit plötzlichem Starkregen so viel, dass der Boden das Wasser nicht aufnehmen kann. Brandenburg erwärmt sich sogar überdurchschnittlich schnell im Vergleich zum globalen Mittel, was diesen Effekt verstärkt.
In dieser Situation entsteht Grundwasserstress: Die menschliche Nutzung des Grundwassers übersteigt die Neubildung. Dadurch bildet sich mit der Zeit ein immer größeres Defizit. In der Hälfte der Landkreise und kreisfreien Städte in Deutschland gibt es bereits Grundwasserstress – so auch im Osten Brandenburgs, wo die Tesla-Fabrik entstanden ist. Die Ansiedlung der Tesla-Giga-Factory macht besonders deutlich, wie dringend wir eine Antwort auf die Frage brauchen: Wenn Wasser knapp wird – wer darf wie viel davon nutzen?
2. Das Wasserrecht in Deutschland muss an die neuen Bedingungen von Wasserknappheit angepasst werden
Eine Streitfrage im Fall Tesla waren die hohen Wassernutzungsrechte des Unternehmens: 1,8 Millionen Kubikmeter Wasser – so viel, wie eine Kleinstadt im Jahr verbraucht. Viele Menschen befürchten, dass bei Wasserknappheit eher Industrieunternehmen als die Bevölkerung versorgt würden. Tatsächlich gibt es keine eindeutige rechtliche Regelung – nicht nur in Brandenburg, sondern deutschlandweit.
Denn das deutsche Wasserrecht wurde für ein wasserreiches Land entworfen. Es regelt vor allem Wasserqualität, Hochwasserschutz, Entnahmen und Wasserableitungen. Noch fehlen klare Regeln dafür, wer bei Wasserknappheit Vorrang hat – zum Beispiel, ob Trinkwasser für die Bevölkerung wichtiger ist als der Bedarf großer Unternehmen oder der Landwirtschaft. Angesichts der Klimakrise braucht es dringend eine Reform, die die Versorgung der Menschen priorisiert.
3. Bei Wasserkonflikten geht es nicht nur um Wassernutzung, sondern auch um Wasserverschmutzung
Über 26 Unfälle mit Chemikalien und Lacken ereigneten sich bereits seit der Eröffnung der Tesla-Fabrik. Solche Unfälle gefährden die Trinkwasserversorgung einer ganzen Region: Wenn giftige Stoffe durch den Boden ins Grundwasser sickern, wird das Trinkwasser für Millionen Menschen vor allem im Berliner Osten gefährlich verunreinigt und nicht mehr nutzbar.
Auch die Abwasserentsorgung wurde zu einem zentralen Konfliktpunkt zwischen Tesla und dem Wasserverband Strausberg-Erkner (WSE). Laut Messungen des WSE überschritt Tesla wiederholt vereinbarte Verschmutzungswerte im Abwasser – was für den Wasserverband Probleme verursacht, da er das Wasser nicht selbst reinigt, sondern an die Berliner Wasserbetriebe weiterleitet, die bei zu starker Verschmutzung Strafzahlungen verlangen oder das Abwasser ganz ablehnen können. Der Konflikt zeigt: Wasserverschmutzung muss als zentrale Herausforderung bei unserem Umgang mit Wasser mitgedacht werden.
4. Was wir für natürlich halten, ist oft menschengemacht
Der Konflikt um die Ansiedlung der Tesla-Fabrik brachte die teils dramatisch sinkenden Grundwasserstände in Ostbrandenburg in die Schlagzeilen. Ein Grund dafür ist die Klimakrise. Doch das Klima ist bei weitem nicht der einzige Faktor für knappes Wasser. Der sinkende Pegel der Spree ist beispielsweise eine Folge des Braunkohleausstiegs in der Lausitz, der bis spätestens 2038 abgeschlossen sein muss. Dort wurde über mehr als hundert Jahre Grundwasser abgepumpt und in die Spree eingeleitet. Mit dem Ende des Bergbaus wird immer weniger und schlussendlich gar kein Grundwasser mehr eingeleitet und die Spree daher immer weniger Wasser führen – örtlich bis zu 75 Prozent.
Unsere Landschaft ist fast überall von menschlichen Eingriffen und Nutzungen geprägt. Der Wasserhaushalt wird also sowohl durch klimatische Veränderungen als auch die vergangene und aktuelle menschliche Nutzung beeinflusst. Natürliche Veränderungen und gesellschaftliche Nutzung sollten daher immer gemeinsam betrachtet werden.
5. Wasserknappheit braucht Lösungen an der Schnittstelle von Natur und Gesellschaft
Wasserknappheit entsteht aus einem Verhältnis von natürlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten: Topografisch, hydrologisch und klimatologisch steht eine bestimmte Menge Wasser zur Verfügung. Ob Knappheit entsteht oder nicht, liegt an der menschlichen Nutzung durch Bevölkerung, Industrie, Unternehmen und Landwirtschaft.
Politische Maßnahmen zum Wasserschutz müssen deshalb an genau dieser Schnittstelle ansetzen. Dazu gehören einerseits Schritte, die den natürlichen Wasserkreislauf stärken: Flächen entsiegeln, damit Wasser versickern kann, und Wasserrückhalteflächen schaffen durch gesunde Wälder, intakte Feuchtgebiete, wiedervernässte Moore und renaturierte Flüsse. Gleichzeitig muss aber auch die Wassernutzung reguliert werden – beispielsweise durch die Vorschrift, Brauchwasser im Kreislauf zu führen oder dass eine begrenzte Wasserentnahme in Trockenperioden eingeführt wird. Auch ein höherer Wasserpreis für Energieunternehmen, Industrie und Gewerbe wirkt als Steuerungsmaßnahme gegen Wasserknappheit.