Die Art des Reisens und das Tourismusmanagement vor Ort bestimmen, wie nachhaltig ein Urlaub werden kann. Umwelt-freundliche Angebote nehmen zu, aber vor allem boomen konventionelle Formen, die die Umweltbelastungen ignorieren.
Die Zahl der Menschen, die reisen wollen und können, nimmt zu. 2018 wurden weltweit 1,4 Milliarden Auslandsreisen unternommen, sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2030 rechnen Fachleute mit 1,8 Milliarden, ein Drittel mehr als heute. Früher war Reisen ein Privileg der Reichen. Heute haben viele Menschen die Möglichkeit, andere Länder und Kulturen kennenzulernen. Reisen und Tourismus können daher zur Völkerverständigung und zu wirtschaftlichem Wohlstand der besuchten Regionen beitragen.
Natur und Kultur – für den Tourismus soll beides erreichbar sein und gleichzeitig erhalten bleiben. Das kann nur gelingen, wenn Urlaubsreisen sozialverträglich und ökologisch nachhaltig werden. Darüber entscheiden viele Faktoren: die An- und Abreise, auch die Art und Weise, wie sich die Touristinnen und Touristen vor Ort bewegen, was sie konsumieren und was sie unternehmen.
Kreuzfahrten gelten neben Flügen in den Urlaub als besonders umweltschädliche Form des Reisens. Die meisten Ozeandampfer benutzen als Kraftstoff Schweröl, das so umwelt- und gesundheitsschädlich ist, dass sein Einsatz in Binnengewässern verboten ist. Reedereien und Branchenverbände wollen umweltfreundlicher agieren, aber Umweltverbände sind skeptisch. Es gibt bisher nur ein Kreuzfahrtschiff, das mit flüssigem Erdgas (LNG) betrieben wird. Die Abgase sind sauberer, aber auch Flüssiggas ist ein fossiler Rohstoff und seine Nutzung nicht klimaneutral. In einigen Häfen, etwa in Hamburg, können Landstromanlagen Schiffe während ihrer Liegezeit versorgen, um Abgas und Lärm des Dieselbetriebs zu vermeiden.
Der globale Flugtourismus wächst stärker als der gesamte Luftverkehr inklusive Geschäftsreisen und Frachttransporten. Ein Grund ist, dass nun auch die schnell wachsenden Mittelschichten Asiens und Lateinamerikas in den Ferienflieger steigen. Auch Europäerinnen und Europäer wollen zunehmend hoch hinaus: Zwischen 2012 und 2017 wuchs die Zahl touristischer Flugreisen um 15 Prozent. Bis das Fliegen „grün“ wird, ist es ein weiter Weg. Zwar ist der Treibstoffverbrauch pro Passagier seit 1990 um 43 Prozent gesunken. Auch experimentiert die Branche mit optimierten Flugrouten, leichterer Bauweise, neuen Treibstoffen und effizienteren Antrieben. Doch diese Fortschritte werden zunichte gemacht, weil die Zahl der Flüge viel schneller zunimmt als der Pro-Kopf-Verbrauch sinkt.
Manche Passagiere zahlen freiwillig eine zusätzliche Gebühr für ihren Flug, um den CO2-Ausstoß auszugleichen. Die Einnahmen des größten deutschen Kompensationsanbieters Atmosfair haben sich seit 2015 verdreifacht. Das Geschäft ist etabliert, aber umstritten. Kompensation bleibt immer nur die zweitbeste Lösung – vergleicht man es mit dem Ziel, CO2-Emissionen ganz zu vermeiden oder deutlich zu senken. Um das zu schaffen, sind politische Maßnahmen notwendig, die die Alternativen zum Fliegen günstiger, bequemer und schneller machen. Zudem bedarf es neuer Anreize, Forschung und Entwicklung im Bereich der emissionssenkenden Innovationen für die Luft- und Schifffahrt zu fördern und zu beschleunigen. Außerdem müssten eine Kerosinsteuer eingeführt, die Subventionen für den Luftverkehr und die Staatshilfen für viele Flughäfen gestoppt sowie zusätzliche europaweite Bahntrassen als Alternative gebaut werden.
Aus der Perspektive der Urlaubsorte wird Tourismus besonders problematisch, wenn die Übernachtungszahlen schneller wachsen, als die lokale Bevölkerung selbst darauf reagieren kann – etwa bei den abgeschlossenen Resorts, wo das meiste Geschäft beim Veranstalter bleibt. Beim Kreuzfahrttourismus ist die lokale Wertschöpfung besonders gering, weil die Besuchenden weder Übernachtung vor Ort buchen noch Essen kaufen müssen und für Besichtigungen nur wenig Zeit haben. So bleibt etwa der Stadt Venedig nur der Müll, ihr Image wird angeschlagen. Die Folge: Die ausgabenfreudigen Einzel- oder Gruppenreisenden bleiben wegen der Menschenmassen weg.
Was können beliebte Städte gegen solch einen „Overtourism“ machen? Fachleute schlagen einen Mix von Maßnahmen vor. Die Touristenströme sollten sowohl geografisch als auch zeitlich „breiter“ verteilt und damit besser verträglich werden. Das Stadtmarketing von Amsterdam preist Ziele in der Umgebung der Stadt an, zum Beispiel den „Amsterdam Beach“, der im 25 Kilometer entfernten Zandvoort liegt. Für Dubrovnik, von Kreuzfahrtschiffen ebenfalls geplagt, bietet eine Webseite Prognosen, wann wie viele Besucher zu erwarten sind, damit sich andere Touristinnen und Touristen ruhige Besuchszeiten suchen können.
Einige Orte greifen zu rigideren Maßnahmen. In Barcelona gibt es strenge Auflagen für Privatvermietungen und Hotelbauten, Mallorca bekämpft den Alkoholtourismus. Island begrenzt den Zugang zu einer malerischen Schlucht, um dort Schäden durch den Ansturm von Schaulustigen zu verhindern. Und die indonesischen Behörden wollen die Insel Komodo das ganze Jahr 2020 über schließen, um die dort lebenden Warane, eine Echsenart, zu schützen.
Die UN-Welttourismusorganisation hat einen Katalog mit 68 solchen Schutzmaßnahmen verfasst. Was wo tatsächlich funktioniert, zeigt sich oft erst nach einigen Jahren. Vieles erfordert Zeit, um zum Beispiel eine bessere Infrastruktur zu entwickeln. Erst recht dann, wenn Nachhaltigkeit auch in Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung verwirklicht werden soll. Immerhin gibt es mittlerweile immer mehr Angebote für nachhaltiges Urlauben in Europa.