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Von der Wirtschafts- in die Entwicklungskrise?

Lesedauer: 2 Minuten
Zerstörte Straße in Dire Dawa, Äthiopien
Foto: © Christian Peters

29. Dezember 2009
von Toni Weis
Von Toni Weis

Die Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise sind mit Verzögerung auch in Afrika spürbar geworden: Nach einem Jahrzehnt des wirtschaftlichen Aufschwungs sind die Wachstumsraten vieler Staaten seit 2007 drastisch eingebrochen. Schlittert der afrikanische Kontinent damit von der Wirtschafts zurück in eine fundamentale Entwicklungskrise?

Mit dieser Frage beschäftigten sich am 10. November die Teilnehmer_innen des gemeinsamen Gesprächskreises der Heinrich-Böll-Stiftung und des Leibniz-Instituts für Globale und Regionale Fragen (GIGA). Der Gesprächskreis gibt Vertreter und Vertreterinnen von Wissenschaft und politischer Praxis die Möglichkeit, sich im informellen Rahmen über aktuelle Entwicklungen in Afrika auszutauschen.

Die beiden Referenten des Abends kamen dabei zu recht unterschiedlichen Einschätzungen der Lage: Für Prof. Robert Kappel, Präsident des GIGA, ist Afrika der Hauptverlierer der globalen Wirtschaftskrise. Ein Großteil der afrikanischen Staaten sei weiterhin abhängig vom Export bestimmter Rohstoffe, deren Weltmarktpreise teilweise dramatisch zurückgegangen seien. Zudem fehle vielen Ländern aufgrund knapper Kassen der wirtschaftspolitische Gestaltungsrahmen, etwa in Form einer kontrazyklischen Haushalts- und Subventionspolitik.

Dr. Peter Walkenhorst, Abteilungsleiter in der Forschungsabteilung der African Development Bank und Mitherausgeber des „African Economic Outlook“ zog dagegen ein positiveres Fazit: Im Gegensatz zu vielen anderen Weltregionen sei den meisten afrikanischen Staaten das Abrutschen in eine echte Rezession erspart geblieben; zudem sei angesichts des Ressourcenhungers der Schwellenländer der momentane Preisverfall nur vorübergehender Natur.

Auch unter den Gästen wurde im Anschluss konträr diskutiert: Bleiben der ländlichen Bevölkerung durch den hohen Subsistenzgrad die Folgen der Wirtschaftskrise weitgehend erspart, oder leidet sie durch das Ausbleiben von Rücküberweisungen aus der Diaspora besonders stark? Ist das aktuelle Kursfeuerwerk an vielen afrikanischen Börsen ein Indiz für wirtschaftlichen Aufschwung, oder ist die Marktkapitalisierung in den meisten Ländern dafür viel zu gering? Und sind die steigenden Investitionen aus Asien und Lateinamerika auch für die Bevölkerung eine Chance, oder handelt es sich nur um ein weiteres Beispiel für „jobless growth“?

Auch wenn sich die Diskutanten in der Gesprächsrunde nicht in jeder dieser Fragen einig waren: Einen fundierten Einblick in die Komplexität der afrikanischen Wirtschaftspolitik gewährte der Abend für alle.