Von Keren Ben-Zeev
Seit ihrer Verschleppung am frühen Morgen des 3. Dezember 2008 hatten die Anwälte der Menschenrechtsaktivistin Mukoko gegen die unsägliche simbabwische Justiz gekämpft. Zunächst versuchten sie wochenlang ihren Aufenthaltsort ausfindig zu machen, später ging es dann um ihre Entlassung in medizinische Betreuung.
Als Anfang Februar 2009 Mukoko vor Gericht erschienen war, hatte ihr Richter Alifas Chitakunye noch die Freilassung mit der besonders zynischen Begründung verweigert, sie könne nicht auf Kaution freigelassen werden, da sie schließlich noch nicht formal angeklagt worden sei. Mitte Februar war Mukoko schließlich zusammen mit zwei weiteren Häftlingen auf eine Krankenstation verlegt worden, nachdem Ärzte ihr den Bedarf von dringender medizinischer Versorgung bestätigt hatten. Mehrere eidesstattliche Erklärungen bezeugten, dass Mukoko sowie andere Gefangene schweren Folterungen ausgesetzt waren. Auf der Krankenstation war sie zeitweilig an Händen und Füßen an ihr Bett gekettet.
Ihre Entlassung am 3. März ist eine hochwillkommene und gleichsam unerwartete Überraschung. Sie steht im Gegensatz zu der sonstigen Art des Umgangs mit Regimegegnern, für die das Regime um Robert Mugabe berüchtigt ist.
Fast einen Monat nach der Vereidigung einer Regierung der nationalen Einheit strömen noch keine Geber mit sprichwörtlichen Koffern voller Geld ins Land. Südafrikas Vorschlag, die verhängten Sanktionen gegen Simbabwe aufzuheben, um der Regierung der nationalen Einheit eine Chance auf Erfolg zu geben , stieß bisher auf taube Ohren.
Experten gehen davon aus, dass für die Wiederbelebung der Wirtschaft Simbabwes mindestens 10 Milliarden US-Dollar notwendig sein werden – und das inmitten einer weltweiten Wirtschaftskrise. Beginnt der Druck auf die Zanu-PF Kader zu steigen?
Die Weigerung des Regimes, alle politischen Gefangenen vor Morgen Tsvangirais Amtseinführung als Premierminister freizulassen, die Verhaftung des stellvertretenden Ministers Roy Bennett (MDC) und seine Anklage wegen Terrorismus Mitte Februar, neue Farmbesetzungen, die Verhaftung von 80 Unterstützern Tsvangirais MDC (Movement for Democratic Change) sowie die Inhaftierung von Aktivisten der zivilgesellschaftlichen Organisationen WOZA (Women of Zimbabwe Arise) und NCA (National Constitutional Assembly) haben wohl wenig dazu beigetragen, internationales Vertrauen zu wecken. Darüber hinaus bleibt das Verschwinden von 11 MDC Aktivisten im letzten Jahr weiter ungeklärt.
Vieles deutet darauf hin, dass – ungeachtet der Spannungen und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Zanu-PF - ein relativ kleiner Kreis von Personen entscheidenden Einfluss ausüben kann. Dazu gehören offenbar der Direktor der Zentralbank Gideon Gono und die führenden Köpfe des Sicherheitsapparats Chihuri, Shiri, Bonyongwe, Sibanda, Zimondi und Chiwenga . Just diese Personen hatten Tsvangirais Amtseinführung boykottiert und deutlich gemacht, dass sie ihn nicht als Autoritätsperson akzeptieren würden . Es geht ihnen darum, jene MDC-Funktionäre zu stärken, die gegen das Abkommen zur nationalen Einheit sind, und damit in letzter Konsequenz die Regierung der nationalen Einheit scheitern zu lassen.
Gleichzeitig hoffen Teile der Zanu-PF Führung, dass Gesten wie die Freilassung von Mukoko Geberländer davon überzeugen könnten, ihre Brieftaschen zu öffnen - vor diesem Hintergrund ist die Freilassung ein Anzeichen für den Machtkampf nicht nur zwischen der MDC und Zanu-PF, sondern auch innerhalb der Zanu-PF. Die kürzliche Entscheidung der Regierung Obama, ihre Sanktionen auszuweiten, spricht jedoch gegen eine derartige finanzielle Kalkulation. Letztlich scheint es, dass sich vieles an der Haltung der Regionalorganisation SADC (Southern African Development Community) – und damit des regionalen Hegemon Südafrika – entscheiden wird.
Bei einem kürzlichen Treffen der SADC Finanzminister bat Simbabwe um finanzielle Hilfe in Höhe von 2 Milliarden US Dollar für die kommenden zehn Monate. Die internationalen Schulden des Landes belaufen sich auf geschätzte 5 Milliarden US Dollar und für den Wiederaufbau werden mindesten 10 Milliarden US Dollar veranschlagt.
Im Unterschied zu ihrem Verhalten während des Vermittlungsprozesses ist jedoch zweifelhaft, ob sich die SADC ohne "Rückendeckung" durch die internationale Gebergemeinschaft dazu wird durchringen können, Simbabwe massiv finanziell zu unterstützen
Die Freilassung von Mukoko bedeutet noch keine Veränderung hin zu einer wirklichen Machtteilung. Es wird in Zukunft mehr derartige Zeichen geben - je dringender Simbabwes Hardliner die Unterstützung internationaler Geber benötigen. Vieles wird davon abhängen, welche Maßstäbe die Geber an die Glaubwürdigkeit von Simbabwes Regierung der nationalen Einheit anlegen werden.
Keren Ben-Zeev, Programm-Manager, Heinrich-Böll-Stiftung Südafrika, Kapstadt
Fachkonakt:
Kirsten Maas-Albert, 030-28534-341, E-Mail: maas-albert@boell.de
Zur Person
Jestina Mukoko, Direktorin der simbabwischen Menschenrechtsorganisation “Zimbabwe Peace Project” (ZPP), setzt sich seit Jahren zusammen mit einem weiten Netzwerk an MitarbeiterInnen für die Förderung und Verwirklichung von Demokratie und Menschenrechten, Good Governance sowie Geschlechtergerechtigkeit.
Sie war Gründungsmitglied von “Radio Voice of the People”, der ersten unabhägigen simbabwischen Radiostation, und verfügt über umfangreiche Erfahrung als Journalistin, Redakteurin und (Radio-)Produzentin. Sie ist eine der international renommiertesten zivilgesellschaftlichen Persönlichkeiten Simbabwes. In der simbabwischen Bevölkerung genießt sie vor allem durch ihre regierungskritische Haltung sowie aufgrund ihres resolutes Eintretens für Frieden und Gerechtigkeit weiten Respekt.
- 3. Dezember 2008
Simbabwe: Jestina Mukoko aus ihrem Haus bei Harare verschleppt - 4. Januar 2009
Jestina Mukoko in Haft misshandelt (AFP)
Hintergrundinformationen
- Dossier zu den Wahlen in Simbabwe mit Hintergrundberichten und Analysen
- Weitere Informationen zum Vorfall sowie Kontakt zu Projektpartnern der Stiftung
- Déclaration de la Présidence du Conseil de l’Union européenne sur l’enlèvement de Mme Jestina Mukoko
- Timeline of Events Relating to Located Abductees