Konferenz zieht vorläufiges Fazit der Campustour 2009
Mit der Konferenz „Die Hochschule, die wir brauchen“ endete am 26. und 27. Juni die Campustour des Jahres 2009 in Berlin. Unter dem Titel „Wissen, was wirkt“ war die Heinrich-Böll-Stiftung mit ihren Landesstiftungen drei Monate durch die Hochschulen der Republik gezogen, um mit Diskussionen, Lesungen, Konzerten und Workshops daran zu erinnern, was Hochschulen auch sein sollten: zentrale Orte für gesellschaftspolitische Reflexion und Debatten.
In über 50 Veranstaltungen ist die Tour der Frage nachgegangen, was von den Hochschulen vor dem Hintergrund der aktuellen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen erwartet werden kann – vom Klimawandel bis zur Reform des globalen Finanzsystems.
Hochschulen als Orte, an den Gesellschaft sich selbst denkt
Zu den Krisensymptomen der Hochschulen gehört heute, dass sie scheinbar nur bedingt in der Lage sind, als Impulsgeber für geistige Orientierung und gesellschaftliche Innovation zu fungieren. Vor dem Hintergrund der aktuellen Jahrhundertkrise wird das nur besonders sichtbarer. Denn die Krise an den Finanzmärkten hat längst begonnen, Werte und Orientierungen unseres Gesellschaftsmodells in Frage zu stellen. Und die notwendige Wende hin zu einem neuen, nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell ist auf Impulse aus Wissenschaft und Forschung dringend angewiesen.
Zum Auftakt thematisierte die Konferenz daher in einer gut besuchten Abendveranstaltung im Senatssaal der Humboldt-Universität zu Berlin die Zusammenhänge zwischen der aktuellen Wirtschaftskrise und der Krise der Hochschulen. Letztere ist seit Langem gängige Parole, sie wurde aber unmittelbar vor der Konferenz durch den bundesweiten Bildungsstreik von Schülern und Studierenden erneut ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gehievt.
Was hat die Wirtschaftskrise mit den Hochschulen zu tun?
Nach der Begrüßung der Konferenzteilnehmerinnen und -teilnehmer durch den Vizepräsidenten der Humboldt-Universität Uwe-Jens Nagel verwies Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, auf den besonderen genius loci des Veranstaltungsorts. Die Gründung der Berliner Universität durch Wilhelm von Humboldt verstand sich vor 200 Jahren als unmittelbare Reaktion auf die Krise des preußischen Militärstaates. Sie zielte auf eine Aktivierung der bürgerschaftlichen Potenziale für eine gesellschaftliche Erneuerung. Auch wenn wir uns heute in einer völlig anders gearteten Krisensituation befänden, in der Wissensgesellschaft sind wir heute mehr als je zuvor auf die Innovations- und Reflexionskraft der Hochschulen angewiesen.
Im ersten Vortrag des Abends unterschied Rudolf Stichweh, Professor für Soziologie und Rektor der Universität Luzern drei Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf das Hochschulsystem. So habe der wirtschaftliche Einbruch zunächst unmittelbare Auswirkungen auf alle Finanzquellen der Hochschulen. In den USA seien öffentliche Zuwendungen, Spenden und Studienbeiträge bereits deutlich zurückgegangen, ganz abgesehen von den empfindlichen Verlusten die zahlreiche ehrwürdige Institutionen an den Finanzmärkten erlitten haben. Viele amerikanische Hochschulen mussten bereits mit Personalkürzungen und veränderten Zulassungsverfahren für Studierende (Abkehr von der need-blind-Admission) reagieren. Auch für die europäischen Universitäten stellte Stichweh in Aussicht, dass sich bald schon Fragen nach den Kosten und der Länge einzelner Studiengänge, nach den Finanzierungsquellen und nach möglichen Einsparungen durch die Ausdifferenzierungen und Kürzungen im Bereich des Lehrpersonals verschärft stellen werden.
Die Krise an den Hochschulen – eine Vertrauenskrise?
Die aktuelle Krise treffe die Hochschulen in Teilen jedoch auch in Form einer Vertrauenskrise. Schließlich gehörten Hochschulen zu den Institutionen, die diejenigen ausgebildet haben, die zumindest mitverantwortlich für die Wirtschaftslage gemacht werden. Auch würden die wissenschaftlichen Ansätze, die insbesondere die Wirtschaftslehre anzubieten hat, durch ihre offenkundigen Unzulänglichkeiten in Erklärungsnot geraten. Drittens seien schließlich auch Modelle der Hochschulsteuerung in Frage gestellt - zumindest überall dort, wo ausgerechnet die Prinzipien in die Governance von Hochschulen eingeführt wurden, die nun in der Wirtschaft versagen.
Die beiden letzten Zusammenhänge zwischen Wirtschafts- und Hochschulkrise griff Margit Osterloh, Professorin der Ökonomie von der Universität Zürich und Mitglied des deutschen Wissenschaftsrats in ihrem Vortrag auf. Sie zeigte, dass gemäß des Leitbilds der unternehmerischen Hochschule zahlreiche Prinzipien Eingang auf den Campus gefunden hätten, die derzeit als Auslöser der Finanzmarktkrise in Verruf geraten seien. Im Kontext der Wissenschaft führten sie erst recht zu höchst problematischen Resultaten.
Dort sei an die Stelle der Selbststeuerung der „Republic of Science“ die outputgesteuerte Mittelzuweisung, das Akkordprinzip der „Payments for Performance“ getreten und eine Steuerung über Rankings und Ratings. Diese Prinzipien entsprechen nach Osterloh jedoch den Besonderheiten des Wissenschaftsbetriebs in keinster Weise. Dort seien monetäre Anreize weniger wichtig als in Unternehmen, entscheidend für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sei die Anerkennung durch die Scientific Community. Insbesondere Ratings und Peer Review-Verfahren hätten gravierende negative Nebeneffekte. Getreu dem Matthäusprinzip „Wer hat, dem wird gegeben“ führten sie nicht zu mehr Wettbewerb, sondern zu stärkerer Hierarchie im Wissenschaftssystem. Wissenschaft sei darüber hinaus schon aufgrund ihrer Ergebnisoffenheit schlecht extern zu steuern. Versuche man es dennoch, drohe die Gefahr, die Innovationsfähigkeit einzuschränken und eine Homogenisierung der Wissenschaft zu befördern. Genau diese Vereinheitlichung wissenschaftlicher Ansätze sei gerade in den Wirtschaftswissenschaften zu beobachten. Dort hätten alternative Ansätze in den letzten Jahren kaum noch Gehör gefunden. „Research Empires“ entstanden in der Folge und mit ihnen eine disziplinäre Blindheit für all jene Prozesse, die nun die Finanzkrise mit ausgelöst hätten.
Eine recht düstere Aussicht, die beide Vorträge in der Zusammenschau boten. Während Margit Osterloh beschrieb, wie dysfunktional ökonomische Prinzipien in der Steuerung der Hochschulen heute bereits wirken, prognostizierte Rudolf Stichweh, dass genau diese Prinzipien unter dem Druck der Wirtschaftskrise an den Hochschulen weiter Platz greifen könnten. Die Diskussion im Anschluss drehte sich deswegen darum, wie Autonomie und Vielfalt in Forschung und Lehre erhalten werden kann, aber auch wo es legitime Interessen des Staats an thematischen Schwerpunktsetzungen für die Wissenschaft gibt.
Neue Leitbilder für die Hochschule?
Im Zentrum der Campustour, die in Berlin ihre letzte Station machte, hatten an vielen Hochschulen Debatten über einen Green New Deal gestanden – also über den Versuch, gemeinsame Antworten auf die Doppelkrise von Wirtschaft und Umwelt zu finden. Im Kern geht es dem Green New Deal um einen großen Sprung in Richtung einer nachhaltigen Ökonomie durch massive Investitionen in umweltfreundliche Technologien, Bildung, Wissenschaft und Forschung. Dass angesichts des drohenden Kollapses der Ökosphäre nichts weniger als eine grüne industrielle Revolution benötigt wird, diese Einsicht gewinnt immer mehr Anhänger in der Politik wie auch in den Unternehmen.
Aus den Hochschulen sind bislang erstaunlich wenige Impulse für diesen fundamentalen Umbau gekommen, für den nicht alleine die Wirtschaftswissenschaften zuständig wären. Denn die Wende zu einem nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell ist auf umfassende politische und soziale Innovationen angewiesen. Genau wie die erste industrielle Revolution im 19. Jahrhundert durch eine Welle wissenschaftlicher Erkenntnisse und technischer Erfindungen vorangetrieben wurde, bedarf auch die ökologische Erneuerung der Industriegesellschaft einer umfassenden wissenschaftlichen Flankierung. Dass die Hochschulen für den Umbau der Gesellschaft relativ wenig zu bieten haben, wirft Fragen hinsichtlich der Auswahlkriterien für Forschungsschwerpunkte und Lehrinhalte auf.
Zu Beginn des zweiten Konferenztags in der Heinrich-Böll-Stiftung wurden deshalb mögliche neue Leitbilder für die Hochschulen diskutiert. Die Ausdifferenzierung der Hochschullandschaft ist bereits im vollen Gange. So setzt die „Exzellenzinitiative“ der Bundesregierung ausdrücklich auf die individuelle Profilierung der Universitäten und macht Schluss mit der Vorstellung, dass alle gleich seien und das Gleiche tun müssten. Wie aber können unterschiedliche Leitbilder für die Hochschulen aussehen, gerade angesichts der Tatsache, dass nicht alle Hochschulen in allen Feldern exzellent, also herausragend sein können?
Peer Pasternack vom Institut für Hochschulforschung Wittenberg bezeichnete die Hochschulen als Orte, an denen gesellschaftliche Fragen reflektiert werden können und alltagstheoretische Horizonte überschritten werden. Wie Hochschulen diesen Ansprüchen gerecht werden, hänge nicht zuletzt von den Leitbildern ab, an denen sie sich ausrichten. Während aktuell das Leitmotiv der ökonomischen Hochschule und das der Hochschule als Lernort dominierten, müssten zukunftsfähige Leitbild auch die normativen Vorstellungen berücksichtigen, das Hochschulen chancenausgleichend („Aufstieg durch Bildung“), demokratisierend und zivilisierend („gesellschaftliche Verantwortung“) wirken.
Die Profilierung der Hochschulen ist essenziell
In einer Podiumsdebatte mit Jens-Uwe Nagel, Margit Osterloh, Uwe Schneidewind und Peer Pasternack wurde die Frage nach den Leitbildern aufgegriffen. Uwe Schneidewind, ehemaliger Präsident der Universität Oldenburg, diagnostizierte, dass es abgesehen vom Modell der unternehmerischen Universität einen eklatanten Mangel an Leitbildern für die Hochschulen gäbe. Genauso wie Unternehmen sollten jedoch auch Politik und Zivilgesellschaft in der Lage sein, ihre Vorstellungen von Hochschule formulieren zu können. Die Vorstellung der Universität als Entrepreneur wolle er nicht aufgeben, dazu stecke in diesem Leitbild zuviel Innovationskraft. Aber neben der vertikalen Differenzierung des Hochschulwesens, wie sie durch die Exzellenzinitiative eingeläutet wurde, müsse man dringend über eine horizontale, d.h. eine inhaltliche Ausdifferenzierung nachdenken. So könne gerade für mittelgroße Hochschulen eine große Chance in der inhaltlichen Profilierung liegen. Schneidewind schlägt in diesem Zusammenhang das Leitbild Nachhaltigkeit vor.
Ein deutliches Manko gebe es an Hochschulen im Hinblick auf die Übernahme von Verantwortung für die Region. So habe die Humboldt-Universität kaum etwas mit den Problemen vor ihrer Haustür, beispielsweise mit denen des Berliner Bezirks Neukölln, zu tun. In dem, was in den USA „community outreach“ genannt wird, lägen noch ungenutzte Profilierungschancen für deutsche Hochschulen, gab Vizepräsident Jens-Uwe Nagel zu.
Die Ausbildung individueller Profile dürfte in Zukunft jedoch dringender werden, weil sich Studierendenzahlen rückläufig entwickeln, wenn die anstehende Welle an Studienanfängern erst abgeebbt sei. Schon aus demografischen Gründen müssten Hochschulen dann in eine echte Konkurrenz um Studierwillige treten.
Spätestens dann müssten Hochschulen differenziertere Lehrangebote bereithalten, forderte Peer Pasternack. Gerade angesichts von zunehmend unstetigen Karieremustern müsse eine Hauptaufgabe der Hochschulen darin liegen, stabile Persönlichkeiten auszubilden, die in der Lage sind, mit Unsicherheit umzugehen.
Auf diese Zielstellung müsse auch der Bolognaprozess in Deutschland untersucht werden. Denn so richtig es auch war, mit einem stärker strukturierten Studium und durch frühere Abschlussoptionen auch bildungsfernere Schichten anzusprechen, so sehr habe man all diejenigen aus den Augen verloren, die nach einem selbstbestimmten, individualisierten Studium verlangen. Um ein solches wieder zu ermöglichen, bedürfe es einer Reform der Bolognareform. Diese Ansicht zog sich wie ein roter Faden durch die Konferenz.
Bologna: Für eine Reform der Reform
Diskutiert wurde in einem von drei Foren der Konferenz in welcher Richtung eine Reform der Bologna-Reform gehen sollte. Weitgehend haben sich die Studienreformen der letzten Jahre in der technokratischen Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen plus der partiellen Erzwingung von Studiengebühren erschöpft, ohne nennenswerte Qualitätsverbesserung der Lehre mit sich zu bringen. Wenn das Kriterium für eine gelungene Hochschulreform darin besteht, dass sie das Studium interessanter, vielseitiger, aufbauender macht, zu selbständiger wissenschaftlicher Arbeit befähigt, zu Auslandssemestern ermutigt und die europäische Anschlussfähigkeit von Studieninhalten und -abschlüssen verbessert, dann war „Bologna“ bislang kein Erfolg.
Eine neue Balance zwischen berechtigten Ansprüchen auf effizienten Umgang mit knappen Mitteln – und das heißt auch eine effiziente Organisation des Studiums – und mit der nötigen Freiheit zum Experimentieren und zu zweckfreier Grundlagenbildung müsse gefunden werden.
Studium statt Engagement? Engagement im Studium!
Auch im parallelen Forum zum Thema studentisches Engagement innerhalb und außerhalb der Hochschule wurde Kritik an der aktuellen Studienstrukturreform laut. Die hohe Arbeits- und Prüfungsbelastung in den Bachelorstudiengängen wurde dafür verantwortlich gemacht, dass die Bereitschaft zu Engagement unter Studierenden zurück geht. Tino Bargel, Autor der Studie „Wandel politischer Orientierungen und gesellschaftlicher Werte“ bestätigte diesen Trend, der jedoch eine Vielzahl von Ursachen habe. Bemängelt wurde insbesondere von den teilnehmenden Studierenden, dass Hochschulverwaltungen kaum Unterstützung für studentische Gruppen bereitstellten. Statt politisches Engagement zu fördern, würde es teilweise erstickt. Von Engagement als Leitbild für Hochschulen sei man in der Realität noch weit entfernt, so die einhellige Meinung im Forum. Keine einheitliche Antwort fand das Forum auf die Frage, ob es eine formale Anerkennung und Gratifikation von studentischem Engagement im Studium geben sollte. Politisches Engagement in der Hochschule, also für die „eigene Sache“, so die vorherrschende Meinung, solle freiwillig bleiben.
Wissenschaft als Beruf
Mit dem Wandel der Hochschulen geht ein Wandel der Anforderungen einher, die heute an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gestellt werden. Neben der Forschung sollen sie Managementaufgaben und gute Lehre beherrschen. Ein Forum der Konferenz fragte deshalb, inwieweit es zu einer neuen Professionalisierung des Berufs Wissenschaftler kommt und welche Wirkungen von den neuen Qualifizierungswegen im Wissenschaftsbetrieb, zum Beispiel Graduiertenkollegs haben. Ulla Siebert vom Studienwerk der Heinrich-Böll-Stiftung illustrierte am Beispiel des Aufsatzes „Wissenschaft als Beruf“ von Max Weber, dass die prekäre Situation von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern so neu nicht ist: Lange im Ausbildungsstadium verharrend, mit unsicherer Einkommenssituation, mit fehlenden Evaluationskriterien für gute Lehre und - wenn einmal berufen -, kriegt man den Herrn Professor (zu Webers Zeiten waren es nur Männer) nie wieder los, ob er gut ist oder nicht.
Anke Burkhardt vom Institut für Hochschulforschung Wittenberg e.V. (HoF) beschrieb die Konsequenzen, die sich heute im Hinblick auf die Nachwuchsförderung und auf die Beschäftigungssituation an Hochschulen beobachten lassen. Silvia von Steinsdorff erklärte das Curriculum und die Ausbildungsphilosophie ihrer Berlin Graduate School und kritisierte die strukturellen Hemmnisse im Hochschulsystem, um Innovationen in Forschung und Lehre umzusetzen. Andreas Keller von der Bildungsgewerkschaft (GEW) hob die prekäre Situation hervor, mit der sich heute der wissenschaftliche Nachwuchs in der Karriereplanung konfrontiert sieht. Einig war sich das Forum darüber, dass der Beruf der Hochschullehrerin bzw. des Hochschullehrers viele nicht anspricht und die Hochschulen tunlichst daran arbeiten müssten, sich als potenzielle Arbeitsstätte attraktiver zu machen. Dies könnte z.B. durch frühe Übertragung von Verantwortung, durch eine angemessene Bezahlung und die Abschaffung der W-Besoldung, durch bessere Kinderbetreuung oder durch Schaffung von Stellen unterhalb der Professur geschehen.
(Zu) große Erwartungen an die Hochschulen?
Die Erwartungen an die Hochschulen sind enorm. Sie sollen Innovationsmotor sein und durch wissenschaftliche Ausbildung die Grundlage für ökonomische Dynamik legen, sie sollen individuelle Zugänge zu wissensbasierten Arbeitsmärkten eröffnen, als Zentren regionaler Entwicklung dienen und als Forschungseinrichtungen Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen finden.
Das Abschlusspanel der Konferenz mit dem Wissenschaftshistoriker Heinz-Elmar Tenorth, der freiberuflichen Beraterin und ehemaligen Gesundheitsministerin Andrea Fischer, dem Lüneburger Studenten der Umweltwissenschaften Sebastian Heilmann und Stefan Bergheim, dem Gründer und Direktor des Zentrums für gesellschaftlichen Fortschritt, diskutierte, wie mit der parallelen Verwissenschaftlichung der Gesellschaft und der Vergesellschaftung der Wissenschaft umzugehen sei. Dabei bedürfe es neuer Rahmenbedingungen, die wissenschaftliche Innovation jenseits disziplinärer Mainstreams ermögliche. Neue Forschungsförderprogramme und neue Governancemodelle für die Hochschulen müssten die Hochschulen in die Lage versetzen, Antworten auf Herausforderungen wie Klimawandel oder Wirtschaftskrise geben zu können, die sich auch nicht an disziplinären Grenzen halt machen. Andererseits sei das Verhältnis von Wissenschaft und Politik komplex. So sehr die Politik sich auf Wissenschaft beruft, um sich zu legitimieren, so wenig könnten Forschungsergebnisse politische Entscheidungen ersetzen. So ist Heinz-Elmar Tenorth der Ansicht, dass sich beispielsweise die Ergebnisse der PISA-Studien nutzen lassen, um fast alle politischen Standpunkte zu begründen.